| Forum für Anthroposophie, Waldorfpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft | ||||
|   |   | 
 | 
 | |
| Geistiger Aufbruch in den NaturwissenschaftenWolfgang Peter 2000Einleitung"Durch das veränderte Weltbild der Physik können wir zu Vorstellungen von Menschen und Gott kommen, die keinen Konflikt zwischen religiösen und wissenschaftlichen Weltdeutungen offenlassen" (1) So das Originalzitat des weltbekannten, renommierten Physikers Hans-Peter Dürr, der in den USA bei Edward Teller, dem "Vater" der Wasserstoffbombe, promoviert hatte, langjähriger Mitarbeiter Werner Heisenbergs bis zu dessen Tode und über viele Jahre Geschäftsführer des Max-Planck-Instituts für Physik in München war. 1987 wurde ihm der »Alternative Nobelpreis« verliehen (Right Livelihood Award). Ein Naturforscher also, dessen Aussagen ein gewisses Gewicht sicher nicht abgesprochen werden kann. Was bedeutet es, wenn er, im vollen Bewußtsein seiner wissenschaftlichen Verantwortung, zu Aussagen wie der folgenden kommt: "Im Grunde gibt es nur Geist, aber er verkalkt, und wir nehmen nur den Kalk wahr, als Materie." (1) Hat sich das naturwissenschaftliche Weltbild, hat sich insbesondere das Weltbild der Physik mittlerweile so gewandelt, daß es an den Grundfesten des Materialismus rüttelt? Steht die Wissenschaft an der Schwelle zu einer neuen Entwicklungsepoche, in der sie die Realität des Geistigen anerkennen muß? Wir wollen dieser Frage im folgenden nachgehen. Zwei Wege der NaturforschungZwei sehr unterschiedliche Wege hat die Naturforschung beschritten, um ihr Wissen über die Natur und die in ihr wirkenden Kräfte zu vertiefen, wobei der eine der beiden bis zum heutigen Tage nur wie eine unterirdische Strömung nebenhergeht. Diese bis heute wenig beachtete und kaum anerkannte Forschungsrichtung hat in Johann Wolfgang von Goethe seinen prominentesten Vertreter gefunden. Goethe wollte eine strenge Phänomenologie der Naturphänomene begründen, indem er die mannigfaltigen, verwickelten Naturerscheinungen systematisch auf einfachere sinnlich konstatierbare Tatsachen, auf sogenannte "Urphänomene" zurückführte. Insbesondere in seiner Farbenlehre hat er exemplarisch gezeigt, wie ein solcher Forschungsweg möglich ist. Goethe lehnte es strikte ab, mit theoretischen abstrakten, spekulativen Gedanken die Naturerscheinungen zu erklären. Das Denken sollte ihm nur soweit dienen, eine gewisse systematische Ordnung in die Reihe der Phänomene zu bringen bzw. zu entdecken. Das Denken sollte sich niemals weit von der unmittelbaren Anschauung entfernen, er wollte das entwickeln, was er später "Anschauende Urteilskraft" nannte. Goethe blieb dabei niemals alleine bei den "objektiven" Phänomenen stehen, sondern suchte in seine Forschungen auch immer einzubeziehen, was das Subjekt an den Phänomenen erleben kann. Er war sich sehr deutlich bewußt, daß sich die Wirklichkeit nicht einseitig objektiv oder subjektiv beschreiben läßt, sondern daß sich nur im wechselseitigen Bezug von Außenwelt und Innenwelt die Wahrheit enthüllt: 
 Dadurch gelang es Goethe auch immer mehr, mit der sinnlichen Erscheinung zugleich die in ihr zunächst verborgen wirkenden seelischen und geistigen Kräfte mit anzuschauen. Wenn er sich in seiner Metamorphosenlehre endlich bis zum Begriff der "Urpflanze" durchgerungen hat, so ist diese eben kein Ergebnis des spekulativen Denkens, sonder der unmittelbaren sinnlichen und zugleich geistigen Anschauung. Überall hat Goethe danach gestrebt, bis zu den "sinnlich-sittlichen" Wirkungen der Naturerscheinungen voranzuschreiten. Goethe ging dabei immer von der Natur als einem wirkenden Ganzen aus. Nicht durch Analyse der einzelnen Erscheinungen hoffte er weiter zu kommen, sondern nur dadurch, daß sie gleichsam aus dem gesamten Umkreis aller Naturerscheinungen organisch aufzubauen versuchte, wie das Friedrich Schiller in einem Brief an Goethe so schön beschrieben hat: Sie suchen das Notwendige der Natur, aber Sie suchen es auf dem schweresten Wege, vor welchem jede schwächere Kraft sich wohl hüten wird. Sie nehmen die ganze Natur zusammen, um über das Einzelne Licht zu bekommen, in der Allheit ihrer Erscheinungsarten suchen Sie den Erklärungsgrund für das Individuum auf. Von der einfachen Organisation steigen Sie, Schritt vor Schritt, zu den mehr verwickelten hinauf, um endlich die verwickeltste von allen, den Menschen, genetisch aus den Materialien des ganzen Naturgebäudes zu erbauen. Dadurch, daß Sie ihn der Natur gleichsam nacherschaffen, suchen Sie in seine verborgene Technik einzudringen. Eine große und wahrhaft heldenmäßige Idee, die zur Genüge zeigt, wie sehr Ihr Geist das reiche Ganze seiner Vorstellungen in einer schönen Einheit zusammenhält. (2) Den diametral entgegengesetzten Weg ist die "anerkannte" Naturwissenschaft gegangen. Sie beharrte von Anfang an auf einer strengen Scheidung von Subjekt und Objekt, wobei sie grundsätzlich nur allein letzterem Wirklichkeitscharakter zugestand. Die objektive räumlich ausgedehnte Welt und die Wirklichkeit wurden zu Synonymen. Durch Analyse, durch Zerlegung der Naturobjekte in einzelne abgrenzbare Bestandteile, glaubte man zu einem tieferen Naturverständnis zu kommen. Die subjektive Seite der Wirklichkeit verblaßte immer mehr zum wesenlosen abstrakten Verstand, dessen Aufgabe es wurde, ein möglichst exaktes gedankliches Abbild der äußeren Verhältnisse zu entwerfen. Gerade dadurch, obwohl man sich doch ganz auf die objektiv gegeben Welt stützen wollte, entfernte man sich aber immer mehr von ihr, denn nur das sollte Gegenstand der Forschung werden können, was sich in abstrakten logischen Begriffen erfassen läßt. Die Fülle der objektiven Naturerscheinungen wurde schließlich soweit ausgeholzt, daß nur mehr das abstrakte Schema der räumlichen und zeitlichen Beziehungen der Phänomene zueinander übrig blieb. Die Sinnesqualitäten etwa, auf die sich Goethe ganz besonders konzentriert hatte, und die wir doch zweifellos in oder an der Außenwelt erleben, fielen schlußendlich völlig aus dem naturwissenschaftlichen Weltbild heraus. Man hatte es endlich kaum mehr mit der Welt der realen Objekte zu tun, sondern nur mehr mit abstrakten gedanklichen Modellen dieser Welt. Dieser Forschungsansatz hat im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreicht, und konsequent sprachen die Philosophen, die diese Entwicklung des naturwissenschaftlichen Weltbildes verfolgten, davon, daß der Mensch überhaupt nicht an die eigentliche Wirklichkeit heran könne, sondern sich mit bloßen Vorstellungen zufrieden geben müßte. Schopenhauer hat das so ausgedrückt: »Die Welt ist meine Vorstellung:« - dies ist die Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das reflektirte abstrakte Bewußtseyn bringen kann: und thut er dies wirklich; so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten. Es wird ihm dann deutlich und gewiß, daß er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; daß die Welt, welche ihn umgiebt, nur als Vorstellung da ist, d.h. durchweg nur in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist. (3) Damit wurde endgültig klar, daß die Naturwissenschaft nicht an die Wirklichkeit heranreicht, sondern daß sie diese nur in gedanklichen Modellvorstellungen abzubilden versuchen kann. Albert Einstein hat sich über das naturwissenschaftliche Weltbild in seiner Festrede anläßlich des 60. Geburtstages von Max Planck so ausgesprochen: Der Mensch sucht in ihm irgendwie adäquater Weise ein vereinfachtes und übersichtliches Bild der Welt zu gestalten und so die Welt des Erlebens zu überwinden, indem er sie bis zu einem gewissen Grade durch dieses Bild zu ersetzten strebt. (4) Damit wurde die Physik aber immer mehr zu einer merkwürdigen Art von Metaphysik, in dem sie sich spekulative Gedanken über eine Wirklichkeit machte, die sich ihrer unmittelbaren Erfahrung entzogen hatte. Und damit ist auch ganz klar, daß die Grenzen des abstrakten logischen Verstandes zugleich das so entworfene Weltmodell in seine Schranken wies. Es ergab sich damit in der klassischen Physik folgendes Weltbild: Die Wirklichkeit besteht aus räumlich abgrenzten materiellen, sich im leeren Raum bewegenden Objekten (Objektivität) und den Kräften, die zwischen ihnen wirken. Räumliche materielle Objekte sind dabei in dem Sinne undurchdringlich, daß sich an dem Ort, an dem sich ein materieller Körper befindet, nicht gleichzeitig ein anderer sein kann. Zudem kann sich ein und das selbe materielle Objekt nicht gleichzeitig an verschiedenen Orten des Raumes befinden. Die materiellen Objekte lassen sich weiter zerlegen bis zu den letzten, selbst nicht mehr teilbaren und unzerstörbaren Atomen (Analyse). Alles Naturgeschehen läßt sich darauf reduzieren, daß diese Atome nach mechanischen, quantitativ erfaßbaren Gesetzen (Quantität) miteinander in Wechselwirkung treten. Jedes gegenwärtige Geschehen ist dabei streng kausal (Kausalität) bedingt durch Ursachen, die ihm räumlich benachbart sind (Lokalität) und zeitlich unmittelbar vorangehen. Unter vergleichbaren Bedingungen müssen gleichartige Ursachen stets gleichartige Wirkungen hervorrufen (Reproduzierbarkeit) und unter verschiedenen Bedingungen durchgeführte Experimente dürfen nicht zu widersprüchlichen Aussagen führen (Widerspruchsfreiheit). Es ist wichtig, sich dies genau vor Augen zu halten, denn wir werden sehen, daß diese Annahmen durch die moderne Physik vollkommen Punkt für Punkt widerlegt wurden. Die Wirklichkeit reicht weiter als unsere SinneDaß die Wirklichkeit weiter reicht als unsere Sinne, ist eine unbestreitbare naturwissenschaftliche Tatsache. Gerade die Naturwissenschaft hat uns ja gezeigt, wie beschränkt unsere Sinnesfähigkeiten sind, wie viele Tiere über wesentlich schärfere Sinne verfügen als der Mensch, man denke nur an den unglaublich stark entwickelten Geruchssinn des Hundes oder das ultraschallempfindliche Ohr der Fledermaus, wie aber auch selbst sie nur den kleinsten Teil der Welt sinnlich zu erfassen vermögen. Die Wirklichkeit ist demnach vorwiegend, um es vorsichtig auszudrücken, außersinnlicher Natur. Da wir diese außersinnliche Wirklichkeit nicht sinnlich erfassen können, müssen wir aus den Wirkungen, die sie in die Sinneswelt hineinwirft, ihren eigentlichen Charakter hypothetisch durch das spekulative Denken erschließen. Physik wird, wie schon oben angesprochen, zur Metaphysik. Man machte allerdings dabei den großen Fehler, daß man glaubte, man könne die Begriffe, die man sich an der räumlichen, sinnlichen Welt erarbeitet hatte, unverändert in diesen außersinnlichen Bereich hineininterpretieren. Wie wenig lassen sich schon die Erlebnisse einer Sinnessphäre mit Vorstellungen beschreiben, die einer anderen Sinnessphäre entnommen sind. Farbempfindungen, etwa das unmittelbare Erlebnis "Rot", können nicht adäquat durch Klangvorstellungen oder Geruchsvorstellungen beschrieben werden. Man mag vielleicht gesetzmäßige Bezüge zwischen Farben, Tönen und Gerüchen finden, aber es wird kaum gelingen Farben aus Tönen oder Gerüchen "abzuleiten". Um wieviel weniger noch muß sich dann der außersinnliche Bereich durch sinnliche Vorstellungen erfassen lassen! Wenn man beispielsweise versucht, Farben durch elektromagnetische Schwingungen zu erklären, wie das in der Physik üblich geworden ist, dann begeht man gleich einen doppelten Fehler. Erstens sind Schwingungen reine Bewegungsvorgänge und haben also solche mit den Farberlebnissen nicht das geringste zu tun, und zweitens sind die elektromagnetischen Vorgänge weder mit den Farbempfindungen noch mit den Bewegungsvorgängen vergleichbar und können außerdem sinnlich überhaupt nicht vorgestellt werden, da uns dafür ein entsprechendes Sinnesorgan mangelt. Wir können auf Elektrizität und Magnetismus ja zunächst nur insofern schließen, als sie ihre Wirkungen in der für uns sinnlich erfahrbaren Welt zeigen, etwa durch Wärme oder Lichterscheinungen oder die Muskelverkrampfung, die ein heftiger elektrischer Schlag bei uns auslöst. Es kann also kaum verwundern, daß man mit den räumlich dinglichen Vorstellungen, die man naiverweise für allgemeingültig gehalten hatte, weil man in der Zeit des aufkeimenden Materialismus überhaupt nur mehr die körperliche, gegenständliche Welt für wirklich halten wollte, sehr bald Schiffbruch erleiden mußte. Derartige Begriffe sind nur tauglich, wo wir es mit den räumlichen Bewegungen sinnlich erfahrbarer starrer fester Körper zu tun haben, und auf diesem Feld hat auch die Mechanik ihre großen Triumphe gefeiert. Für alle anderen Gebieten ist diese Denkungsart aber völlig ungeeignet, aber man klammerte sich lange Zeit abergläubisch daran. Der materialistische AberglaubeNoch die Griechen und manche Menschen der frühchristlichen Zeit hatten seelische Erlebnisse, die sie als Wirkung einer göttlichen Welt auffaßten. Sie erlebten zwar nicht mehr unmittelbar die Götter, aber sie spürten ihre Wirkungen, und sie wollten die Götter, die sie derart ahnten sinnbildlich darstellen. Der Grieche war eben ein sinnesfreudiger Mensch und wollte sich alles sinnlich anschaulich darstellen. Er vergaß aber dabei niemals, daß er sich in seinen Götterstatuen und Mythen nur ein sachgemäßes Sinnbild, ein Symbol, aber niemals ein getreues Abbild der Götter schaffen konnte, denn die Götter sind eben keine sinnlichen Erscheinungen, sondern geistige Wirkensmächte. Je mehr man aber im späteren Mittelalter das unmittelbare Bewußtsein für die göttlichen Wirkungen verlor und am bloßen Glauben an die göttliche Welt festhielt, und weil zugleich immer stärker das Interesse für die äußere sinnliche Welt erwachte und sich von den seelischen Erlebnissen abwandte, desto öfter wurden die symbolischen religiösen Darstellungen für reale sinnliche Abbilder genommen. Man dachte, daß rein geistige Wesen sinnlich-körperlich erscheinen könnten. Daraus entstand aller Gespensterglaube und endlich der Spiritismus. Auch begann man zu glauben, daß es sich bei den sog. "Wundern", von denen die Bibel erzählt, nicht um die symbolische Beschreibung wirklicher geistiger Vorgänge, sondern um die Darstellung realer physischer Ereignisse handelt, die in geradezu mirakulöser Weise alle Naturgesetze durchbrechen (etwa: "Christus wandelt über das Meer"  obwohl er doch nach allen sinnlichen Erfahrungen untergehen müßte!) Gegen diesen Aberglauben ist die neuzeitliche Naturforschung zurecht zu Felde gezogen; aber sie hat zugleich einen neuen geschaffen. Die göttliche Welt, die übersinnliche Welt, hatte man aus dem Bewußtsein verloren, dafür war man auf die untersinnliche Welt, die Welt der Elektrizität, des Magnetismus  und der hypothetisch angenommen Atome gestoßen. Und nun beging man den selben Fehler, der schon zum mittelalterlichen Aberglauben geführt hatte: man dachte sich sinnliche Modelle der untersinnlichen Welt aus und faßte sie unhinterfragt als reale Abbilder derselben auf. So bildete man sich die an sich völlig absurde Vorstellung der Atome als winziger (und daher unsichtbarer) mechanisch bewegter Körperchen aus, ausgehend von dem farbenblinden John Dalton (Farbenblindheit wird heute noch Daltonismus genannt), der damit das "Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen" der Chemie (z.B. FeS und FeS2) erklären wollte. Dalton, Sohn eines armen Webers, wurde von dem blinden Philosophen John Gough für die Newtonsche Mechanik begeistert wurde. Daß es so kam, kann man dennoch gut verstehen, denn was kannte und verstand man als Physiker besonders gut?  die Mechanik, die sich in der sinnlich sichtbaren körperlichen Welt bestens bewährt hatte. Wie man erfolgreich mechanistisch denkt, das wußte man, und ein anderes Denken kannte man kaum mehr. Was lag also näher, als sich auf diese sichere Basis zu stützen? Sonst hätte man ja völlig bei Null beginnen und eine völlig neue Denk- und Anschauungsweise entwickeln müssen -für einen Physikprofessor, der erfolgreich sein will, ein höchst riskantes Unternehmen. Dazu kam das allgemeine Lebensgefühl des 19. Jh., das immer mehr nur für real nahm, was sich körperlich mit Händen greifen ließ und vom seelischen Erleben vorwiegend nur mehr den abstrakten rationalen Verstand für gültig nahm. Man muß sich dabei darüber klar sein, daß man bis gegen Ende des 19. Jh. kein einziges atomistisches Phänomen wirklich konstatiert hatte, sondern daß man es solange nur mit erdachten Atomen zu tun hatte. Daß sich diese Modelle bis zu einem gewissen Grade doch bewährten, liegt daran, daß die untersinnliche Welt ja ihre Wirkungen in die räumliche Sinneswelt hereinwirft  und diese Wirkungen können zum Teil mit räumlich mechanischen Begriffen verstanden werden. Bis nahezu zum Ende des 19. Jh. dachte man, daß es etwas über 70 verschiedene Atomsorten gebe, die den damals bekannten chemischen Elementen zugrunde liegen sollten und die sich zu den verschiedensten Molekülen kombinierten könnten, woraus schließlich die ganze materielle Welt resultieren sollte. Die Atome dachte man sich dabei als unzerstörbare, ewigwährende kleine Körperchen  man beachte die beinahe religiöse Wortwahl "ewig". Tatsächlich hat später E. Haeckel die ewige Materie zum neuen Gott erklärt! Die Krise des klassischen Materialismus an der Wende zum 20. JahrhundertAls 1896 Bequerel die Radioaktivität entdeckte, kam dieses Bild von den "ewigen" Atomen ins Wanken. Atome, was immer sie auch sein mochten, konnten zerbrechen, bzw. verschiedene Atomsorten sich ineinander umwandeln. Anderseits war die Radioaktivität ein echt atomistisches Phänomen, den sie war keine kontinuierliche Strahlung, sondern wurde in einzelnen Strahlungsblitzen frei. Die Radioaktivität durchbricht das Kausalitätsprinzip: jeder Wirkung in der räumlichen Welt muß eine räumlich benachbarte Ursache zeitlich vorangehen à der radioaktive Zerfall erfolgt aber spontan. Ernest Rutherford "durchleuchtete" das "Atom", indem er verschiedene Materialien radioaktiv bestrahlte und beobachtete, wie dadurch die radioaktive Strahlung charakteristisch abgelenkt wurde. Er kam dadurch zu seinem berühmt gewordenen Rutherfordschen Atommodell: ein positiv elektrisch geladener Kern, um den die negativ geladenen Elektronen kreisen sollten. Man hatte zwar das unteilbare Atom verloren, aber an ihre Stelle traten nun Elektronen und Protonen als Elementarteilchen. Nur: das Rutherfordsche Atom dürfte nach den Gesetzen der klassischen Physik gar nicht existieren, denn die kreisenden Elektronen müßten beständig elektromagnetische Strahlung aussenden, dabei beständig Energie verlieren und schließlich in den Kern stürzen  und das schon nach Bruchteilen von Sekunden. Die ganze Materie müßte sich in einem kurzen Lichtblitz auflösen  was offenbar in Wirklichkeit gar nicht passiert. Nicht unerwähnt sollte bleiben, daß um 1900 nicht nur das klassisch materialistische Weltbild in die Krise gerät, sondern daß zugleich eine psychische Krise vieler Menschen offenbar wird, die daraus entstanden war, daß die materialistische Denkweise wesentliche Seelenkräfte verschüttet hatte. So wurde von S. Freud die Tiefenpsychologie begründet, die verdrängtes Seelisches wieder ins Bewußtsein heben möchte. 1900 - Das Geburtsjahr der QuantentheorieNiels Bohr stellte schließlich 1913 die ad hoc Hypothese auf, daß sich die Elektronen nur auf bestimmten diskreten Bahnen bewegen dürften, ohne dabei allerdings elektromagnetische Strahlung auszusenden; Strahlung würde nur dann frei, wenn das Elektron von einer Bahn auf eine tieferliegende hinunterspringt, und zwar in Form eines genau bemessenen Strahlungsblitzes, was durch die Arbeiten von Max Planck unterstützt wurde, der die Strahlungskurve eines idealen schwarzen Körpers dadurch erklärt hatte, daß er annahm, daß Strahlung überhaupt niemals kontinuierlich, sondern nur in streng abgemessen Portionen (E=h?? freigesetzt werden könne. Er löste damit das Problem der sog. "Ultraviolettkatastrophe": aufgrund der statistischen Gleichverteilung müßte sich die Strahlung des schwarzen Körpers immer mehr zu höheren Frequenzen verschieben, da es davon unendlich viele gibt; kann aber Energie nur in den abgemessenen Portionen h?? übertragen werden, reicht irgendwann die Energie dafür nicht mehr aus und die Energieübertragung unterbleibt. Max Planck hat damit 1900 die Geburt der Quantentheorie eingeleitet. Die Quantentheorie zeigt, daß die Wirkungen, die die untersinnliche Welt in die sinnlich-räumliche Welt hereinwirft, in streng abgemessen Portionen erfolgt, so wie etwa die Musik durch einzelne Töne, aber nicht als kontinuierliches Geräusch erfahren wird. 1925 deutete der begeisterte Musiker und Physiker Louis Victoire Prince de Broglie das Elektron als stehende Welle um den Atomkern und Erwin Schrödinger stellte kurz darauf seine berühmte Wellengleichung auf. Seitdem hat man gelernt, Elementarteilchen zugleich als Welle und Teilchen aufzufassen, obwohl diese beiden Bilder einander eigentlich grundsätzlich ausschließen, denn das Teilchen ist an einem bestimmten Punkt des Raumes lokalisiert, die Welle aber bis zur Unendlichkeit hin ausgedehnt, so daß sich für das Elektron folgende paradoxe Vorstellung ergibt. Das Elektron ist ein ausdehnungsloser Punkt, der sich bis zur Unendlichkeit erstreckt.Es ist ein typisches Kennzeichen der untersinnlichen Welt, daß sie sich nur durch einander widersprechende, einander ausschließende sinnliche Bilder charakterisieren läßt. Diese Bilder können keine Abbilder der untersinnlichen Welt sein, sondern nur symbolische Sinnbilder. Vielleicht kann man es auch so ausdrücken: Das Elektron (bzw. auch jedes andere "Elementarteilchen"), insofern es der untersinnlichen Welt angehört, also jenseits der sinnlich wahrnehmbaren Welt existiert, erstreckt sich bis in die Unendlichkeit. Wenn es sinnlich erscheint, schafft es sich damit für einen begrenzten Zeitraum ein definiertes lokales Zentrum seines Wirkens. Einige Physiker haben tatsächlich angenommen, daß es in Wahrheit überhaupt nur ein einziges Elektron, sozusagen das Elektron schlechthin, gibt, das sich gleichzeitig mehrere Zentren seines Wirkens schafft. Fraglich, ja sogar höchst unwahrscheinlich ist überhaupt, ob sich unser sinnlicher Raumbegriff auf die untersinnliche Welt übertragen läßt. Vielmehr scheint es so zu sein, daß der sinnliche Raum überhaupt erst dadurch entsteht, daß sich die untersinnliche Welt gleichzeitig mehrere Wirkungszentren nebeneinander schafft. Seit Einstein ist es ja ohnehin unsinnig, vom absoluten Raum an sich zu sprechen; der Raum ist überhaupt erst durch die wechselseitige Beziehung der materiellen Erscheinungen zueinander gegeben. Dem untersinnlichen Elektron hat dann überhaupt keine räumliche Wirklichkeit, womit sich auch zwanglos das Paradoxon des unendlich ausgedehnten Punktes auflöst. Hans-Peter Dürr hat das so ausgedrückt: Aus quantenmechanischer Sicht gibt es also keine zeitlich durchgängig existierende objektivierbare Welt, sondern diese Welt ereignet sich gewissermaßen in jedem Augenblick neu. Die Welt erscheint hierbei als eine Einheit, als ein einziger Zustand, der sich nicht als Summe von Teilzuständen deuten läßt. Die Welt «jetzt» ist nicht mit der Welt im vergangenen Augenblick substantiell identisch. Aber die Welt im vergangenen Augenblick präjudiziert die Möglichkeiten zukünftiger Welten auf solche Weise, daß es bei einer gewissen vergröberten Betrachtung so scheint, als bestünde sie aus Teilen und als bewahrten bestimmte Erscheinungsformen, zum Beispiel Elementarteilchen/Atome, ihre Identität in der Zeit. Die Welt entspricht keinem aus vielen kontinuierlichen Nylonfäden geflochtenen Nylonseil, bei dem Vergangenheit und Zukunft gleichartig sind. Aus der Sicht der Quantenmechanik ist die Zukunft prinzipiell offen, prinzipiell unbestimmt. Die Vergangenheit dagegen ist festgelegt durch Fakten, die durch irreversible makroskopische Prozesse erzeugt werden und in der Gegenwart dokumentiert sind. Die Gegenwart bezeichnet den Zeitpunkt, wo Möglichkeit zur Faktizität, zur Tatsächlichkeit gerinnt. In unserem Bild vom Nylonseil entspricht dies eher einem nur mehr in die Vergangenheit sich erstreckenden Halbseil, dessen Fäden in der Gegenwart gleichsam aus einem unstrukturierten Lösungsbad herausgezogen werden, sich also gewissermaßen im jeweils gegenwärtigen Augenblick aus einer qualifizierten Unbestimmtheit neu bilden. Eine Extrapolation in die Zukunft ist in wesentlichen Teilen prinzipiell nicht möglich. (5) Max Born hat die Elektronenwellen, die die Schrödingergleichung beschreibt als Wahrscheinlichkeitswellen interpretiert: das Elektron existiert eigentlich überhaupt nicht in der räumlich-sinnlichen Welt, aber die Schrödingergleichung beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Wirkung des Elektrons an einem bestimmten Ort gemessen werden kann. Dazu kommt die Heisenbergsche Unschärferelation, die besagt, daß es keine definierte räumliche Bewegungsbahn des Elektrons gibt. Das gilt analog für alle anderen "Elementarteilchen". Konkret bedeutet das: ich messe beispielsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt das Elektron (d.h. genauer: seine Wirkung) an einem bestimmten Ort A. Dann kann ich aufgrund der Unschärferelation keinerlei Aussage darüber machen, wohin es sich bewegen wird. Ich führe eine weitere Messung durch und stelle die Elektronenwirkung nun an einem ganz anderen Ort B fest, der im Prinzip sehr weit entfernt liegen kann. Ich darf aber nicht behaupten, daß es sich zwischen diesen beiden Messungen von A nach B bewegt habe. Solange das Elektron nicht gemessen wird, d.h. solange es nicht mit dem Meßapparat in Wechselwirkung tritt, ist es (bzw. besser: seine Wirkung) in der räumlichen Welt gar nicht vorhanden. Die aus der Chemie bekannten Atomorbitale treten anstelle der definierten Elektronenbahnen und beschreiben die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Elektron an einem bestimmten Ort gemessen werden kann. Zeitabhängige Schrödingergleichung: | 
| Home | Suchen | Vorträge | Veranstaltungen | Adressen | Bücher | Link hinzufügen | 
|  | Wolfgang 
          Peter, Ketzergasse 261/3, A-2380 Perchtoldsdorf, Tel/Fax: +43-1-86 
          59 103, Mobil: +43-676-9 414 616 www.anthroposophie.net Impressum Email: Wolfgang.PETER@anthroposophie.net |  |  |