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Gesundung der Erde durch geistige Erneuerung

mit praktischen Übungen aus der Sprachgestaltung

Wolfgang Peter 2001

 

Wenn wir auf die Natur, auf das Menschenleben blicken, so sind uns Gesundheit und blühende Lebenskraft ein willkommener Quell der Freude. Aber auch Verfallsprozesse spielen eine wichtige, oft unterschätze Rolle im Leben. Nie könnte sich neues, höheres, besseres Leben entwickeln, wenn nicht altes beständig zugrunde ginge. Goethe war sich dessen bewußt, wenn er über die Natur sagt:

"Leben ist ihre schönste Erfindung, und der Tod ist ihr Kunstgriff viel Leben zu haben..."

Am ungebrochensten entfaltet sich die Lebenskraft im Pflanzenreich. Mit wucherndem, blühenden Leben breitet sich die Pflanze in den sonnendurchhellten Luftraum aus. Im wahrsten Sinne des Wortes lebt die Pflanze von Licht, Luft und Wasser. Die Sonnenkraft, die sie durch Photosynthese aufnimmt, ist ihre unmittelbare Lebensquelle. Blatt türmt sich auf Blatt, um endlich in der Blüte zu kulminieren. Bei der Frucht und Samenbildung allerdings beginnt sich die überschäumende Lebenskraft zurückzuziehen. In den Früchten beginnen Atmungs- und Gärungsvorgänge - und das sind bereits Abbauprozesse.

Im tierischen Leib werden gerade diese Zerstörungsprozesse immer bedeutender, je höher entwickelt das Tier ist. Tiere können sich nicht mehr durch Photosynthese ernähren, sie schöpfen ihre Lebensenergie aus der Atmung. Sie "verbrennen" nicht nur die aufgenommene Nahrung, sondern sie "veraschen" allmählichen ihren ganzen Leib. Die Asche, die sie so bilden, gibt ihnen Festigkeit und Gewicht; das Skelett, die Knochen, sind im Grunde nichts anderes als Kalkasche. Beim Menschen geht dieser Prozeß soweit, daß ihm das Knochensystem die aufrechte Haltung ermöglicht. Das tierische Leben kann sich nicht mehr ungehemmt in den atmosphärischen Umkreis hinein entfalten, sondern gestaltet sich in dem mehr oder weniger in sich geschlossenen Hohlraum der Leibeshöhle, die eine feste, unveränderliche Größe beibehält, wenn das Tier einmal ausgewachsen ist. Das Leben muß sich zurückziehen, wenn der Organismus nicht durch krebsartige Wucherungen zerstört werden soll.

Das Tier ist viel weniger lebendig als die Pflanze, aber es gewinnt dafür etwas völlig neues hinzu. In dem Maße, in dem es sich vor dem äußeren Sonnenlicht verschließt, strahlt ihm ein inneres, seelisches Licht auf: das Licht des Bewußtseins. Nicht aus dem sprossenden Leben entspringt das Bewußtsein, sondern es resultiert aus Abbauprozessen. Das Nervensystem ist der leibliche Träger des Bewußtseins, und das Nervensystem ist der toteste Teil im tierischen und menschlichen Organismus. Nahezu anorganische Salzprozesse spielen sich hier ab. Nervenzellen können sich ab einem gewissen Lebensalter nicht mehr regenerieren. Tausende Nervenzellen sterben täglich alleine in unserem Gehirn ab und gehen unwiederbringlich verloren; wäre das nicht so, könnten wir keine bewußten Wesen sein. Die Pflanzen sind lebendige Wesen; daß die Tiere dazu auch noch beseelte Wesen sein können, verdanken sie dem Tod, den sie in sich tragen, und dieses Beseelung äußert sich auf mannigfaltige Weise. Sie gibt den Tieren ihr Triebleben, ihren Bewegungstrieb, der die Gliedmaßenbildung anregt, sie läßt sie Lust und Schmerz empfinden, die die höheren Tiere in noch recht unartikulierten Tönen in die Welt hinausschreien. Niedere Tiere vermögen das nicht; wenn etwa Grillen im Sommer zirpen, so ist das noch ein ganz äußerlich mechanisch erzeugtes Geräusch, in dem sich die Seele noch nicht aussprechen kann.

All das steigert sich im Menschenwesen zu Fähigkeiten, die das Tier niemals erreichen kann. Drei Dinge sind es vor allem, die den Menschen von jedem Tier grundlegend unterscheiden:

Aufrichtekraft

Sprache

Denken

Wie bei keinem Tier ist die ganze menschliche Gestalt auf die aufrechte Haltung hin orientiert, die ihm durch den Wunderbau seines Skelettes ermöglicht wird. Der Ascheprozeß ist hier soweit gediehen, daß das Knochengerüst zum eigentlichen Träger der aufrechten, individuellen menschlichen Gestalt werden kann. Tiere, so sehr auch ihre einzelnen Exemplare variieren mögen, sind immer nur arttypisch geprägt, kein individueller Geist kann sich in ihnen verkörpern. Daß das beim Menschen möglich ist, verdanken wir dem Tod, der so stark in uns lebt, und wenn der Knochenmann zurecht als Symbol des Todes empfunden wird, so ist er zugleich ein sprechendes Bild des individuellen menschlichen Geistes.

Wenn es eben geradezu paradox so formuliert wurde, daß der Tod so stark in uns lebt, so hat das seine gute Begründung. Denn dieser Tod beschert uns nicht nur Vernichtung, er gibt uns auch ein neues Leben. Da kann einem zuallererst die zu vergleichbaren Tieren übermäßig lange Lebensdauer des Menschen auffallen. Nur ganz wenige Tiere erreichen ein so hohes Lebensalter, wie es dem Menschen natürlicherweise zugemessen ist, und dieses lange Leben ist uns, so eigenartig das auch klingen mag, gerade durch das Übermaß des Todes gegeben, den wir in uns tragen. Die Lebensflamme brennt im Menschen gleichsam so schwach, daß es lange, lange dauert, bis die uns zugemessene Lebenskraft völlig aufgezehrt ist. Und das, obwohl ein Gutteil der Lebenskraft im Menschen gar nicht für die körperliche Regeneration aufgewendet wird, sondern sich nach innen zu dem seelischen Leben zuwendet. Das ist wohl das wichtigste Phänomen, daß dem schleichenden physischen Tod, der das Menschenwesen von Jahr zu Jahr mehr durchtränkt, eine geistige Auferstehung beigegeben ist. In Lust und Leid lebt das Tier, webt im intensivsten Erleben der mannigfaltigsten Sinnesqualitäten; Geruch, Geschmack, Gehör sind hier unendlich gesteigert. Vieles von diesem seelischen Erleben wohnt im menschlichen Bewußtsein viel schwächer - aber dafür spricht inmitten der menschlichen Seele unmittelbar der individuelle menschliche Geist. Jener Geist, der, so individuell er auch werden mag, zugleich ein Funke, ein einzigartiges, individuelles Abbild des großen kosmischen Geistes ist, der schaffend die ganze Natur hervorgebracht hat und lebendig durchwirkt.

Wie im Menschenwesen, so hat auch in der ganzen Erdennatur der Tod, der Verfall immer mehr Einzug gehalten. In alten geologischen Zeiten war die Erde viel lebendiger als heute. Jetzt leben wir auf einem ganz allmählich sterbenden Planeten. Auffällig parallel geht hier die irdische und die menschliche Entwicklung. Tatsächlich konnte der Mensch als physisches Wesen auf Erden erst erscheinen, als diese sich bereits leise ihrem Untergang zuzuwenden begann. Irdische und menschliche Entwicklung hängen sehr eng miteinander zusammen. Nur weil wir in eine sterbende Welt hineingeboren wurden, konnten wir selbstbewußte Wesen werden. Die Tiere sind frühzeitig, um nicht zu sagen voreilig auf die Erde herabgestiegen, und darum haben sie zwar Bewußtsein, aber kein Selbstbewußtsein. Aber nicht nur verdanken wir unser Selbstbewußtsein einer sterbenden Welt, sondern, indem wir unser Ichbewußtsein entfalten, saugen wir auch vermehrt die Lebenskräfte der Erdenwelt aus und durchtränken sie mit den Todeskräften, die in uns wohnen. Wir atmen gleichsam das Naturleben ein und atmen Tod und Zerstörung aus. Unsere moderne technisierte Welt gibt uns dazu das banalste Beispiel. Aber das alles geht noch viel, viel weiter. Alles was wir innerlich denken, fühlen und wollen, was wir an Trieben und Lüsten in uns erregen, kann die Todkraft in der Natur vermehren. Was wir in unserem Seelenleben verarbeiten, drängt sich früher oder später in das äußere Naturleben hinein. Irgendwann einmal wird die ganze Erde dadurch zugrunde gehen. Das mag erschreckend klingen, ist aber unvermeidlich und durchaus im Sinne einer rechten Entwicklung - der Tod ist eben einmal der Kunstgriff, viel, viel neues Leben in einer künftigen neuen Welt, einer neuen Erde zu haben. Alles kommt nur darauf an, daß die Erde nicht zu schnell dahinstirbt, daß das richtige Gleichgewicht zwischen Leben und Tod gefunden wird und das seelisch genügend neue Kräfte für die künftige Welt aufgebaut werden. Und das liegt in unserer Hand. Wir rauben der Natur nicht nur ihre Lebenskraft, wir verstreuen nicht nur den Tod in der Welt, wir können auch neue Lebenskräfte in uns rege machen. Wir sind geistige, also schöpferische Wesen, die nicht nur nehmen können, sondern die auch die kosmische Lebenskraft immer mehr bereichern können. Mehr Leben als die Natur uns geben konnte, werden wir ihr einmal zurückgeben können. Wenn wir reines schöpferisches Denken in uns erregen, wenn wir uns künstlerisch gestaltend betätigen, wenn wir ein reiches Seelenleben entfalten, dann sind das Kräfte, die wir an den Kosmos hingeben können. Durch geistige Entwicklung tragen wir zur Gesundung der Erde bei. Dann wird die Erde nicht frühzeitig absterben und dann werden wir eine neue Welt, das "Neue Jerusalem" von dem der Evangelist Johannes in der Apokalypse spricht, vorbereiten. Denken und Sprache sind, wie erwähnt, Fähigkeiten, durch die der Mensch über die Tierwelt hinausragt. In ihnen lebt nicht nur Seelisches, sonder wirkt auch Geistiges. Das Menschenwort ist ein Teil des großen göttlichen Wortes, des Logos, von dem Johannes in seinem Evangelium spricht. Wollen wir übend versuchen, die lebendigen Bildekräfte der Sprache, die darin wirken, in uns rege zu machen und mit erstarktem Ichbewußtsein zu ergreifen. Wir dürfen uns dabei aber nicht an den abstrakten begrifflichen Gehalt der Worte klammern, sondern müssen darauf lauschen, was uns jeder einzelne Laut von seiner tiefen geistigen Kraft zuzuraunen vermag. Durch jeden Vokal spricht eine ganz bestimmte seelische Stimmung, die in vielen, unendlich vielen Nuancen sich offenbaren kann. Mit jedem "A" öffnet sich die Seele geradezu naiv staunend und hingebend der Welt. Im "E" sperrt sie sich gegen die Welt und besinnt sich, sich selbst ergreifend, auf sich. Im strahlenden "I" erkraftet sie sich selbstbewußt und bestimmend, wird inneres Licht, das zurück zum äußeren Licht strebt. Im Wort "Finsternis" liegt durch das hell "I" schon der Keim des Lichts, welcher der bloßen "Dunkelheit" versagt bleiben muß. Das deutsche Wort "Ich" kann gerade zu empfunden werden als Bild des aufgerichteten Mensch, der sich im "I" streckt und vom lebendigen Hauch im "CH" durchströmt wird. Im warmen "O" verbindet sich die Seele sympathisch mit der Umwelt, im kühlen "U" zieht sie sich in die eigene Enge zurück und betrachtet die Welt mit nüchterner Distanz. Das "AU" durchdringt geradezu schmerzlich den ganzen Raum, das weiche "EI" erglänzt milde an der Oberfläche. Jeder Konsonant wiederum drückt ganz bestimmte lebendige Formbildekräfte deutlich aus - wenn man nur einmal aufmerksam darauf wird. Im "B" blüht oder bläht sich etwas mächtig auf, eine "Blase", ein "Ball", eine "Blüte" oder ein "Busch entstehen und erfüllen den Raum. Ein geradezu klingendes "Mmmm" nimmt genießerisch die Welt in sich auf. Es ist als wollten wir die Welt mit Lippen und Gaumen verkosten und uns einverleiben. Im Wort "Baum" beispielsweise vereinen sich "B" "AU" und "Mmmm" zu einer vielsagenden sprechenden Gebärde.

Vieles ließe sich so noch sagen, doch wollen wir uns jetzt anhand des Prologs des Johannesevangeliums ein wenig in die lebendig bildenden Kräfte der Sprache einfühlen:

 

Evangelium des Johannes

Prolog

 

Am Anfang war das Wort, und das Wort war
bei Gott, und Gott war das Wort.

Dasselbe war im Anfang bei Gott.

Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und

ohne dasselbe ist nichts gemacht, was

gemacht ist.

In ihm war das Leben, und das Leben war das

Licht der Menschen.

Und das Licht scheint in der Finsternis, und die

Finsternis hat's nicht begriffen.

Es ward ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes.

Dieser kam zum Zeugnis, daß er von dem Licht zeugte, auf daß sie alle durch ihn glaubten.

Er war nicht das Licht, sondern daß er zeugte von dem Licht.

Das war das wahrhaftige Licht, welches alle

Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.

Es war in der Welt, und die Welt ist durch

dasselbe gemacht; und die Welt kannte es nicht.

Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, die an seinen Namen glauben;

welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns,

und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit

als des eingeborenen Sohnes vom Vater,

voller Gnade und Wahrheit.

Johannes zeugt von ihm, ruft und spricht: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.

Und von seiner Fülle haben wir alle genommen,

Gnade um Gnade.

Denn das Gesetz ist durch Moses gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.

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