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Rudolf Steiner

GOETHES GEISTIGE UMGEBUNG UND DIE GEGENWART

Das Goetheanum, III 10, 14. Oktober 1923

Die Betrachtungen, die hier über das Bild vom «Streite des Michael mit dem Drachen » gegeben worden sind, mußten den Blick zurücklenken in die menschliche Seelenverfassung einer verhältnismäßig noch nicht weit zurückliegenden Vergangenheit. Es mußte darauf hingewiesen werden, wie noch im achtzehnten Jahrhundert Ideen gelebt haben, die als eine Erkenntnisgrundlage angesehen worden sind, während sie heute in das Gebiet menschlicher Phantasien geworfen werden.

Das Bild der Goetheschen Weltanschauung wird nur lebendig vor der Seele des Gegenwartsmenschen stehen können, wenn diese Tatsache richtig gewürdigt wird. In den siebziger und achtziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts liegt der Punkt in Goethes Leben, in dem sich seine Weltanschauung die Richtung gegeben hat, die ihr dann für eine weitere reiche Entwicklung geblieben ist. Goethe hat da durch Aufnahme der Naturerkenntnis in seine Denkart sich den innerlichen Ruck gegeben, der für ihn charakteristisch ist. Nicht in Abkehr von einer echten Anschauung der Natur, sondern im Einklang mit ihr wollte er die Höhen geistiger Erfassung des Weltenwesens erreichen.

Man wird diesen Ruck nur recht verstehen können, wenn man auf die geistige Umgebung Goethes sieht. Wenn man sieht, wie innerhalb dieser Umgebung er mit seinem Streben allein stand.

Von den vielen Erscheinungen, die dies bezeugen, ist die folgende vielleicht die nicht am wenigsten bedeutsame.

Im Jahre 1782 erschien von dem so liebenswürdigen Matthias Claudius die Übersetzung des Buches «Des Erreurs et de la Vérité ». Das Buch rührte von St. Martin, dem sogenannten «unbekannten Philosophen» her. Es stellt das Streben dar, durch Anknüpfung an Urweisheiten der Menschheit zu einer befriedigenden Weltanschauung zu kommen. Damit aber wird darauf gedeutet, daß diejenigen, welche sich in der Richtung dieses Buches mit ihrem Denken bewegten, keine Möglichkeit sahen, von den Gesichtspunkten aus, zu denen die naturwissenschaftliche Denkungsart kommen kann, eine innerliche Erkenntnisbefriedigung zu erlangen. Goethe wollte das aber mit aller Energie.

Heute darf insbesondere der Umstand interessieren, daß in Goethes Zeitgenossen ein Bedürfnis nach derjenigen Ideenrichtung entstehen konnte, die in St. Martin verkörpert ist.

Die naturwissenschaftliche Denkungsart drängte nach einer Welterfassung hin, die für die eigentliche Erkenntnis die moralischen Impulse ganz ausschließt. Diese können ihr nur als etwas gelten, das abseits von den Naturideen in der menschlichen Seele aufleuchtet. Die natürliche Weltentwickelung, auf die der menschliche Blick gerichtet ist, muß ihr gemäß, nach

Anfang und Ende ohne den Einschlag moralischer Ideen gedacht werden. In den Weltnebeln, aus denen Welten hervorgehen, die zuletzt auch den natürlichen Menschen aus sich erstehen lassen, wirken keine moralischen Impulse.

Abseits von dieser Naturanschauung standen - um Goethe herum - noch diejenigen, die nach so etwas verlangten, wie es ihnen Matthias Claudius durch die Übersetzung von St. Martins Werk geben wollte*. Goethe aber stand in der Naturanschauung drinnen. Andere wollten außer der Naturanschauung die Erkenntnis des Menschen mit der moralischen Weltordnung verbinden; er wollte dies innerhalb derselben erreichen.

St. Martin redet von einer vorzeitlichen schweren Urschuld, einer Ursünde des Menschen. Dieser war einst aus einer übersinnlichen Welt heraus in seinem wahren Wesen gestaltet. Er ist es nicht mehr. Er trägt jetzt ein anderes Wesen an sich. Er ist von sich selbst abgefallen. Er hat sich mit den Stoffen der sinnlichen Welt so umkleidet, wie es seinem ursprünglichen Wesen nicht angemessen ist. Dieser Abfall erstreckt sich bis in die einzelnen Erscheinungen des Lebens hinein. Eine solche ist die Sprache. Wie der Mensch in den einzelnen Gebieten der Erde jetzt spricht, so kann er nicht mit seinen Worten das wahre Wesen der Dinge treffen. Er muß an ihrer Äußerlichkeit hängen bleiben. Für den noch nicht von sich abgefallenen Menschen war eine Ursprache bestimmt, welche mit den in den Dingen der Welt wirkenden Schöpferkräften eine Einheit bildete.

Mit solchen Ideen wird die Naturordnung an eine moralische Ordnung angeknüpft. In einer Welt von rein natürlicher Entwickelung hat diese moralische Ordnung keinen Platz.

Im Grunde mußte für die Anhänger St. Martins alle Erkenntnis darin bestehen, durch eine Entfaltung des menschlichen Innern die ursprüngliche Seelenverfassung des Menschen wieder zu erringen.

Von einem solchen Streben sind die Werke St. Martins erfüllt. Sie konnten nur Menschen befriedigen, die auch in der Naturerkenntnis ein Ergebnis des menschlichen Abfalles von sich selbst erblickten. Die Urschuld hat diese Erkenntnis gezeugt, so mußten sie meinen; und wahre Erkenntnis kann nur errungen werden außerhalb der Naturanschauung.

Diese Gesinnung gibt diesen Werken für den heutigen Menschen etwas Fremdes. Sie mußte das auch schon für Goethe. Wieviel ihm selbst gerade von St. Martin bekannt geworden ist, daraufkommt es nicht an. Sondern darauf, daß es in seiner Zeit Menschen gab, deren Geistesbedürfnisse durch die Hinneigung zu St. Martin befriedigt werden konnten. Das bezeichnet die Seelenverfassung Vieler, denen gegenüber er sich innerlich behaupten mußte.

Er konnte sich nicht abseits von der Naturanschauung stellen. Er konnte zum Anschauen des Geistes nur gelangen, wenn sich ihm durch die Beobachtung der Naturerscheinungen das Geistige erschloß. Für ihn ist der Mensch nicht von seiner ursprünglichen Wesenheit abgefallen, sondern er trägt sie in sich; nur zunächst für ihn selber unwahrnehmbar. Aber gerade durch diese Unwahrnehmbarkeit im Anfange seines Lebens ist der Mensch imstande, durch die eigenen Kräfte sich zu der Anschauung seines wahren Wesens hindurchzuringen. Naturanschauung ist für Goethe nicht Ergebnis eines menschlichen Abfalles, sondern die Grundlage des Aufstieges zu sich selbst, der in jedem Augenblicke möglich ist. Damit aber hat Goethe die wahre Idee der seelischen Freiheit seiner Weltanschauung einverleibt. Sie ist in seinen Werken wohl nirgends ganz deutlich ausgesprochen. Aber sie liegt verborgen in ihnen. Wer sie sucht, der findet sie, wenn er sich an die Denkungsart Goethes hingibt.

Man wird Goethe in die Gegenwart nur richtig hineinstellen, wenn man dies bemerkt. Er hat in den achtziger Jahren in sich die unbesiegliche Sehnsucht empfunden, aus seiner geistigen Umgebung zu fliehen. Er hat in Italien nicht Italien gesucht: er hat durch die Anschauungen, die er da erlangen

konnte, sich selbst, sein eigenes wahres Wesen gesucht. Verfolgt man Goethe während seiner italienischen Reise, so sieht man den Goethe, der der Welt so wertvoll geworden ist, Stufe nach Stufe entstehen.

Darinnen liegt eben der Freiheitscharakter in einem wahren, echten menschlichen Streben. Bei Goethe liegt darinnen das ganz Neue, das mit ihm in die Seelenverfassung der Menschen gekommen ist. Das ist in ihm auch eine Verbindung mit dem Michael-Impuls. Es ist diejenige, die er in einer ihm fremden Umgebung nicht gewinnen konnte, die er aber durch eine einzigartige Versenkung in sich selbst gewonnen hat.

Dadurch ist er demjenigen so nahe, der heute nach Geist-Erkenntnis sucht. Er hat sich in seiner Zeit oft recht fremd gefühlt; der heutige Geist-Sucher fühlt sich bei ihm so heimisch.

Von einem solchen Streben sind die Werke St. Martins erfüllt. Sie konnten nur Menschen befriedigen, die auch in der Naturerkenntnis ein Ergebnis des menschlichen Abfalles von sich selbst erblickten. Die Urschuld hat diese Erkenntnis gezeugt, so mußten sie meinen; und wahre Erkenntnis kann nur errungen werden außerhalb der Naturanschauung.

Diese Gesinnung gibt diesen Werken für den heutigen Menschen etwas Fremdes. Sie mußte das auch schon für Goethe. Wieviel ihm selbst gerade von St. Martin bekannt geworden ist, daraufkommt es nicht an. Sondern darauf, daß es in seiner Zeit Menschen gab, deren Geistesbedürfnisse durch die Hinneigung zu St. Martin befriedigt werden konnten. Das bezeichnet die Seelenverfassung Vieler, denen gegenüber er sich innerlich behaupten mußte.

Er konnte sich nicht abseits von der Naturanschauung stellen. Er konnte zum Anschauen des Geistes nur gelangen, wenn sich ihm durch die Beobachtung der Naturerscheinungen das Geistige erschloß. Für ihn ist der Mensch nicht von seiner ursprünglichen Wesenheit abgefallen, sondern er trägt sie in sich; nur zunächst für ihn selber unwahrnehmbar. Aber gerade durch diese Unwahrnehmbarkeit im Anfange seines Lebens ist der Mensch imstande, durch die eigenen Kräfte sich zu der Anschauung seines wahren Wesens hindurchzuringen. Naturanschauung ist für Goethe nicht Ergebnis eines menschlichen Abfalles, sondern die Grundlage des Aufstieges zu sich selbst, der in jedem Augenblicke möglich ist. Damit aber hat Goethe die wahre Idee der seelischen Freiheit seiner Weltanschauung einverleibt. Sie ist in seinen Werken wohl nirgends ganz deutlich ausgesprochen. Aber sie liegt verborgen in ihnen. Wer sie sucht, der findet sie, wenn er sich an die Denkungsart Goethes hingibt.

Man wird Goethe in die Gegenwart nur richtig hineinstellen, wenn man dies bemerkt. Er hat in den achtziger Jahren in sich die unbesiegliche Sehnsucht empfunden, aus seiner geistigen Umgebung zu fliehen. Er hat in Italien nicht Italien gesucht: er hat durch die Anschauungen, die er da erlangen konnte, sich selbst, sein eigenes wahres Wesen gesucht. Verfolgt man Goethe während seiner italienischen Reise, so sieht man den Goethe, der der Welt so wertvoll geworden ist, Stufe nach Stufe entstehen.

Darinnen liegt eben der Freiheitscharakter in einem wahren, echten menschlichen Streben. Bei Goethe liegt darinnen das ganz Neue, das mit ihm in die Seelenverfassung der Menschen gekommen ist. Das ist in ihm auch eine Verbindung mit dem Michael-Impuls. Es ist diejenige, die er in einer ihm fremden Umgebung nicht gewinnen konnte, die er aber durch eine einzigartige Versenkung in sich selbst gewonnen hat.

Dadurch ist er demjenigen so nahe, der heute nach Geist-Erkenntnis sucht. Er hat sich in seiner Zeit oft recht fremd gefühlt; der heutige Geist-Sucher fühlt sich bei ihm so heimisch.

* Es darf hier darauf verwiesen werden, daß im Stuttgarter «Kommender Tag-Verlag » die schon selten gewordenen Werke St. Martins wieder erschienen sind.

 

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