Cyborg
oder Buddha?
Der gemachte und der erwachte Mensch
Franz-Johannes Litsch - info@buddhanetz.net
Seit Jahrtausenden gestalten, schaffen, verändern,
kultivieren wir Menschen die Welt. Dabei erzeugen und
hinterlassen wir eine gewaltige Anzahl an kulturellen
Leistungen, Gegenständen und Verhältnissen. Die
Kulturgeschichtsforschung ist vor allem an diesen Objekten
orientiert und beschreibt daran unseren zivilisatorischen
Fortschritt. Die wahre Schöpfung und Leistung des Menschen
ist jedoch der Mensch selber, die Geschichte seiner
Herausbildung und Verwirklichung. Immer war der Mensch des
Menschen größtes Projekt, ob als einzelner oder als
Gemeinschaft. Der Mensch, den wir schaffen, ist der Mensch,
den wir in uns tragen; unser Selbstbild, unser Vorbild, unsere
Selbst-Erfahrung. Dies uns zu vermitteln, war zu allen Zeiten
Sinn und Aufgabe der Religion. Es war ihr tiefstes Wesen, uns
den Menschen zu zeigen - den wahren Menschen, den Menschen in
seiner Großartigkeit und den Menschen in seiner
Unvollkommenheit, seinem Irrtum, seiner Tragik.
Auch die
heutige Menschheit mit ihrer globalen Produktions- und
Konsumgesellschaft verfolgt letztlich und eigentlich das große
Projekt Mensch. So verkündet die herrschende Ideologie des
technischen Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums: wir
schaffen eine neue Welt, eine "bessere Welt" - wir
schaffen einen neuen, besseren, fehlerfreien Menschen, umgeben
von einer neuen, besseren, fehlerfreien Natur. Dementsprechend
verkündet der Genetiker und Nobelpreisträger Hermann Joseph
Muller für die nahe menschliche Zukunft: "Die besten
Geister der Menschheit werden genetische Methoden entwickeln,
die neue Eigenschaften, Organe und Biosysteme erfinden, die
den Interessen, dem Glück und der Herrlichkeit jener
gottgleichen Wesen dienen, deren dürftige Vorahnung wir
elende Kreaturen sind." (in Uwe Jürgen Ness,
Europa-Abgeordneter von Bündnis90/ DieGrünen: Zur Pränataldiagnostik
und Gentherapie.) Seit vielen Jahren bemühen sich weltweit
zahlreiche Initiativen, Netzwerke und Bürgerbewegungen uns
auf diese Vorgänge und ihre Gefahren aufmerksam zu machen.
Doch wirklich sehen und wissen wollte es bisher kaum einer so
richtig.
http://www.buddhanetz.net/texte/cyborg.htm
SEELE
IM SCHALTKREIS
Detlef Linke
SPIEGEL Online, 08. Mai 2000
Was wird aus dem Ich, wenn Menschenhirn und Computer eine
Symbiose eingehen? Die Behandlung von Nervenkranken mit Chips
wirft neue Fragen nach dem Selbstverständnis des Menschen auf:
... brauchen
wir eine öffentliche Debatte darüber, wie weit ins Hirn
transplantierte Computerchips oder Stammzellen die menschliche
Identität beeinflussen könnten. Wie die Beispiele zeigen,
ergeben sich völlig andere Perspektiven für die Freiheit und
Autonomie des Menschen, wenn man sie an einem allgemeinen
Gesetz, am Ich, am Gehirn oder - wie heute immer häufiger -
am Körper orientiert.
Entsprechen die
psychischen und mentalen Qualitäten dieses Menschen nach der
Hirnoperation noch der Neuronenaktivität, wie sie vor dem
Einbau des Computerchips in seinem Gehirn geherrscht hat? Was
passiert, wenn man gar den gesamten geistigen Inhalt des
Gehirns in einen Computer lädt? Die grundsätzliche Frage, ob
das, was wir Seele, Geist und Denken des Menschen nennen, auf
beliebigen Materialien realisiert werden kann, bleibt ungeklärt.
Keine physikalische Theorie konnte bisher klären, wie sich
das Mentale auf verschiedenen Materialien - sei es ein Netz
biologischer Zellen oder der Schaltkreis eines Chips - verhält.
Möglich immerhin, dass man nach Wiederherstellung aller
Gehirnfunktionen auf neuen Materialien zu einem gut
funktionierenden Zombie würde.
Bedeutet die
Verwendung von biotechnisch gezüchteten Zellen aus dem
eigenen Körper, dass das Zombie-Risiko geringer wäre als bei
der Verwendung von Siliziumplättchen? Dabei geht es um die
Frage, wieweit unser Erleben, Fühlen und Bewusstsein an die
Art biologischer Zellen gebunden ist, die wir normalerweise im
Gehirn haben. Vielleicht kommen weitere Forschungen zu dem
Ergebnis, dass unser Erleben auf Silizium- oder
Gallium-Arsenid-Schaltungen besser aufgehoben ist. Bis dahin
gilt aber die Beobachtung, dass neue Zellen im Gehirn die
Dynamik der Neuronenverknüpfung verändern können und damit
unter den vielen möglichen Identitäten des Menschen
bestimmte bevorteilen.
http://www.spiegel.de/spiegel/21jh/0,1518,75773,00.html
http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,75773,00.html
(Druckversion)
"WIR
WAREN WIE ZWILLINGE"
Kevin Warwick
SPIEGEL Online, 08. Mai 2000 Ein Mensch will eine Symbiose mit dem Computer eingehen und
unterzieht sich dafür chirurgischen Eingriffen. KEVIN WARWICK
träumt von einer Zukunft, in der das Internet Gedanken von
Mensch zu Mensch überträgt: Ich bin mir der Beschränkungen des menschlichen Körpers
schmerzlich bewusst. Insbesondere, wenn ich vergleiche, wie
Maschinen die Welt wahrnehmen können und wozu Computer fähig
sind. Der Mensch ist mit seinen physischen und mentalen Fähigkeiten
begrenzt, darum finde ich die Aussicht sehr aufregend, den Körper
zu verbessern... Auf lange Sicht will ich eine direkte mentale
Verbindung zwischen meinem Gehirn und dem Computer. Meine
derzeitigen Experimente sind ein bisschen wie der erste
Telegraf im Vergleich zum heutigen Telefon. Wenn Maschinen
meine Gedanken lesen könnten, bräuchten wir keine Tastatur
mehr am Computer und kein Lenkrad mehr im Auto. Wir könnten
auch Gedanken direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn
mit meinem nächsten Implantat alles glatt geht, werden meine
Frau und ich uns ein Jahr später gleichartige Chips
einpflanzen lassen und versuchen, die Signale auszutauschen.
http://www.spiegel.de/spiegel/21jh/0,1518,75774,00.html
http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,75774,00.html
(Druckversion)
KEVIN
WARWICK
Kevin Warwick
Dr. Kevin Warwick is Professor of Cybernetics at the
University of Reading, UK where he carries out research in
artificial intelligence, control and robotics. His favourite
topic is pushing back the frontiers of machine intelligence.
In 1998 he
shocked the international scientific community by having a
silicon chip transponder surgically implanted in his left arm.
A series of further implant experiments is now planned in
which Kevin’s nervous system will be linked to a computer.
This research led to him being featured in February 2000, as
the cover story on the US
magazine “wired”.
Kevin also presented the Year 2000 Royal
Institution Christmas Lectures
with great success. Kevin wa planning a new implant experiment
called 'Project Cyborg' for March 2002.
The Cyborg
2.0 experiment has gone ahead. On March 14th, 2002 at 8.30
am an operation was carried out at the Radcliffe Infirmary,
Oxford, UK to implant a microelectrode array onto the median
nerve of Professor Kevin Warwick. Find out more in our Info
Pack.
http://www.kevinwarwick.org/
BAUSTELLE
GEHIRN
JULIA KOCH
SPIEGEL Online, 08. Mai 2000
Medizin- und Hirnforscher bringen mit eingepflanzten Chips Gelähmte
wieder auf die Beine und machen Blinde wieder sehend. Wird
eines Tages der Computer im Menschenhirn das Kommando übernehmen
- und was bleibt dann übrig von der eigenen Identität? Wie
im Gewirr der Nervenzellen Intelligenz und Bewusstsein
entstehen, bleibt mysteriös. Die Kopplung von Gehirn und
Computer eröffnet neue Möglichkeiten für die Therapie von
Krankheiten.
Der
amerikanische Computertüftler Ray Kurzweil prophezeit in
seinem jüngsten Buch "The Age of Spiritual
Machines" eine Co-Evolution von Mensch und Computer.
Schon Mitte des Jahrhunderts, glaubt Kurzweil, werden Gehirn
und Computer vielfältig miteinander verbunden sein. Mit Hilfe
biokompatibler Neuroimplantate werde man die Rechen- und Gedächtnisleistung
des Gehirns dann nach Belieben aufrüsten können.
In bescheidenem
Maßstab ist eine hybride Verbindung zwischen Neuron und
Siliziumbauelement schon realisierbar. Die
Neuron-Silizium-Einheit, die der Physiker Peter Fromherz, Chef
der Abteilung für Membran- und Neurophysik am
Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München,
1991 erstmals zusammensetzte, enthielt allerdings nur eine
einzige Zelle - und die stammte von einem Blutegel.
Mittlerweile ist er auf Schneckenneuronen umgestiegen. Zwei
davon hat er auf einem Halbleiter zu platzieren vermocht.
Jetzt experimentiert er mit dreien.
http://www.spiegel.de/spiegel/21jh/0,1518,75614,00.html
http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,75614,00.html
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ELEKTRISCHES
DAUERFEUER
GERALD TRAUFETTER
Taube können mit Neuroprothesen wieder hören, Querschnittgelähmte
können wieder laufen. Lernen die Bioingenieure, die Sprache
des Gehirns zu verstehen? Dann könnte der Computer auch
mitdenken und mitfühlen.
Da gibt es
jetzt einen ziemlich zähen Typen aus Frankreich: Marc Merger.
Der Straßburger Lebemann war 1990 mit seinem Wagen in einen
Graben gerast. Er wachte querschnittgelähmt aus dem Koma auf
und blieb neun Jahre lang an den Rollstuhl gefesselt. Seit
einigen Monaten trippelt er wieder über einen Krankenhausflur
der Universitätsklinik Montpellier. Nicht göttliche Kraft
richtete den 38jährigen Wirtschaftsdozenten auf, sondern das
elektrische Dauerfeuer aus einer Neuroprothese. Über einen
Siliziumchip gelangen die computergenerierten Stromimpulse in
jene Nervenbahnen, die Mergers Gang steuern.
http://www.spiegel.de/spiegel/21jh/0,1518,75615,00.html
http://www.spiegel.de/druckversion/0,1588,75615,00.html
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