Romantische Dichtung
Die theoretischen Grundlagen zur Romantik lieferte der Jenaer Kreis um die Brüder Schlegel. Wesentlich sind noch der Berliner Kreis um Ludwig Tieck und der Heidelberger Kreis um Achim von Arnim und Clemens Brentano. Zu den Spätromantikern zählen außerdem Adalbert von Chamisso, Joseph von Eichendorff und E.T.A. Hoffmann.
Die Romantik begann parallel zur Klassik und setzt sich mit deren Vorstellungen auseinander, sieht sich selbst jedoch nicht als Gegenströmung sondern als Ergänzung, die rationale und irrationale Kräfte vereinen will.
Die meisten Romantiker lehnen die Ideen der französischen Revolution nach anfänglicher Begeisterung ab, d sie nichts davon halten, ihre Dichtung in den Dienst der Politik zu stellen. Ihnen wird von der Dichtung keine Funktion beigemessen sondern sie vertreten ihre Autonomie. Im realen Leben wird den Dichtern die Freiheit versagt, deshalb finden sie Kompensation in der Kunst.
Merkmale der romantischen Dichtung
- Entdeckung des Unbewussten und Irrationalen (Wahnsinn, Schwärmerei, Träume, Abgründe der Seele, Nachtseiten des Lebens, Automaten sind Themen)
- Wiederbelebung des dt. Mittelalters (vor allem der mittelalterlichen Kunst durch Wackenroder und Tieck)
- Bemühen um dt. Volksgut (Volkslieder, Märchen)
- Neigung zu offenen Formen (Fragment, Improvisation)
- Literarische Mischformen
- Streben nach Universalpoesie: Progressive Universalpoesie (nach Schlegel), die sich in einem dauernden Schöpfungsprozess befindet, soll alle Gattungen der Kunst wieder vereinen (Dichtung, Malerei, Wissenschaft, Philosophie)
- romantische Ironie: ein Dichter erzeugt eine Illusion und zerstört diese dann bewusst (z.B. in Tiecks "Der gestiefelte Kater" oder E.T.A. Hoffmanns "Der goldene Topf")
Joseph von Eichendorff: Ahnung und Gegenwart
Kurzbiographie:Geboren auf Schloss Lubowitz in Oberschlesien (1788), das jedoch der Inflation in der napoleonischen Zeit zum Opfer fiel, studierte er in Halle und Heidelberg Philosophie und Jus. Von 1813-1815 nahm er an den Befreiungskriegen teil und verdiente später seinen Lebensunterhalt als Beamter n Breslau, Berlin und Königsburg, hielt aber immer an den Erinnerungen an seine Heimat fest und beschwor sie noch oft herauf.
Ahnung und Gegenwart:
Das Werk ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Buch durchreist Graf Friedrich mit seinem Freund Leontin die Gebirgslandschaften des Donauraums, wobei sie sich mehr von Launen als von festen Plänen leiten lassen. Das zweite Buch erzähl vom Aufenthalt in der Residenz mit ihren Zerstreuungen und Vergnügungen wo Friedrich sich bemüht, de Erbprinzen mit Ratschlägen zur Seite zu stehen, wobei er allerdings nicht sehr erfolgreich ist. Nach dem fehlgeschlagenen politischen Engagement nimmt Friedrich im dritten Teil an den Befreiungskriegen und tritt schließlich geächtet und seiner Güter beraubt ins Kloster ein, da er der Meinung ist dass eine Missionierung Europas nötig sei, bevor man aktiv an der Bildung eines besseren Staates arbeiten könne.
Das Buch, ein Jugendroman Eichendorffs, ist schwer einzuordnen, da er mehrere Elemente in sich vereint.
Einerseits ist es ein Zeitroman, da es ein "Bild jener gewitterschwülen Zeit der Erwartung, der Sehnsucht und Verwirrung" (Zitat: Fouquès Vorwort zum Buch) zeichnen soll als die Eichendorff seine Epoche empfand. Er kritisiert die unbefriedigenden Verhältnisse im Staat, die dumpfe Trägheit, Egoismus und Schwachheit seiner Bürger und wendet sich gegen den Huchmut der zeitgenössischen Dichter und die Sentimentalität in ihren Werken. Außerdem verurteilt er den "Salonkatholizismus", also die Verwässerung der christlichen Glaubenssätze und mokiert sich über die in Mode gekommenen "ästhetischen Teegesellschaften" in denen schöngeistige Gespräche ohne Auswirkungen auf den Lauf der Geschichte geführt werden. Klassisches Symbol für die Probleme der Stadt ist der "lautlose" Maskenball, den Leontin und Friedrich von außen durch ein Fenster beobachten und der die Sinnentleerung des "Gesellschaftsreigens" zeigt.
Dem verderbten, ja teilweise schon verrückten Stadtadel (siehe Romana-Episode!) stellt Eichendorff den reinen, freien Landadel gegenüber, der von Leontin, Rosa und der Familie v. A. dargestellt wird, bei der Friedrich seine glücklichsten Stunden verbringt. Er war der Meinung, dass der Landadel die ideale Lebensart hatte und als Stütze der Gesellschaft bewahrt werden sollte. Dieser extrem positive Blick auf den Landadel stammt von Eichendorffs eigener Jugend her, die er immer wieder in seinen Werken heraufbeschwor.
Gleichzeitig ist das Buch auch ein Bildungs- und Entwicklungsroman, da der Protagonist, Graf Friedrich, zweifelsohne eine Reifung und Läuterung erfährt. Anfangs kann er die Welt noch unschuldig genießen, durch seine Erlebnisse in der Stadt und im Krieg ist er jedoch gezwungen zu sehen, wie verdorben sie ist und verliert seinen naiv-positiven Zugang.
Auch als Künstlerroman kann man das Buch einstufen, da Eichendorff darin drei Dichtertypen gegenüberstellt wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Der erste ist Dichter Faber, ein Handwerker der Dichtkunst, der zwar manche schöne Werke schafft, mit der Natur über die er schreibt jedoch nichts anzufangen weiß. Er fühlt sich von ihr gestört und arbeitet lieber in der Ruhe und Abgeschiedenheit seines Ateliers. Dann ist da Graf Leontin, der wohl das Idealbild des romantischen Genies darstellen soll. Er dichtet aus Freude an der Natur ohne sich überhaupt bewusst zu sein, dass er Kunst schafft und zeichnet seine Werke auch nicht auf. Der dritte Dichtertyp wird von Graf Friedrich selbst verkörpert, der mit mehr Besonnenheit und Überlegung an die Kunst herantritt, ohne jedoch so engstirnig zu sein wie Faber. Hier hat sich Eichendorff wohl selbst verewigt.
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Last updated 17 Februar 2002 -- 15:45
© 2000 Elisabeth Albenberger