Werke
Library of historic
biology books
Kurt Stüber - stueber@mpiz-koeln.mpg.de
Hier
findet sich auch eine umfangreiche Sammlung der Werke Ernst Haeckels.
http://www.biolib.de/
Natürliche Schöpfungsgeschichte
Ernst Haeckel (Kurt Stüber, Hrsg.)
Die vorliegenden freien Vorträge
über "natürliche Schöpfungsgeschichte"
sind im Wintersemester 1867/68 vor einem aus
Laien und Studirenden aller Facultäten
zusammengesetzten Publikum hier von mir gehalten,
und von zweien meiner Zuhörer, den Studirenden Hörnlein
und Römfeld, stenographirt worden.
Die "natürliche
Schöpfungsgeschichte", oder richtiger
ausgedrückt: die "natürliche
Entwickelungslehre", deren selbstständige Förderung
und weitere Verbreitung den Zweck dieser Vorträge
bildet, ist seit nun bald zehn Jahren durch die
große Geistesthat von Charles Darwin in
ein neues Stadium ihrer Entwickelung getreten.
Was frühere Anhänger derselben nur unbestimmt
andeuteten oder ohne Erfolg aussprachen, was
schon Wolfgang Goethe mit dem
prophetischen Genius des Dichters, weit sener
Zeit vorauseilend, ahnte, was Jean Lamarck
bereits, unverstanden von seinen befangenen
Zeitgenossen, zu einer klaren wissenschaftlichen
Theorie formte, das ist durch das epochemachende
Werk von Charles Darwin unveräußerliches
Erbgut der menschlichen Erkenntniß und die erste
Grundlage geworden, auf der alle wahre
Wissenschaft in Zukunft weiter bauen wird. "Entwickelung"
heißt von jetzt an das Zauberwort, durch das wir
alle uns umgebenden Räthsel lösen, oder
wenigstens auf den Weg zu ihrer Lösung gelangen
können. Aber wie Wenige haben dieses Losungswort
wirklich verstanden, und wie Wenigen ist seine
weltumgestaltende Bedeutung klar geworden!
Befangen in der mythischen Tradition von
Jahrtausenden, und geblendet durch den falschen
Glanz mächtiger Autoritäten, haben selbst
hervorragende Männer der Wissenschaft in dem
Siege der Entwickelungstheorie nicht den größten
Fortschritt, sondern einen gefährlichen Rückschritt
der Naturwissenschaft erblickt, und namentlich
den biologischen Theil derselben, die
Abstammungslehre oder Descendenztheorie,
unrichtiger beurtheilt, als der gesunde
Menschenverstand des gebildeten Laien.
Wenn
irgend eine Theorie vom Ursprung des
Menschengeschlechts entwürdigend und trostlos
ist, so muß es ganz gewiß der vielverbreitete
Mythus sein, daß wir von einem sündenlosen
Elternpaare abstammen, welches durch den ersten Sündenfall
sich mit dem Fluche der Sünde belud und diesen
nun auf seine ganze Nachkommenschaft vererbte;
wir müßten dann fürchten, nach den
Vererbungsgesetzen schrittweise einer immer
tieferen Erniedrigung und einen immer traurigeren
Verfall entgegen zu gehen.
Unsere
Entwickelungslehre behauptet aber vom Ursprunge
des Menschen und dem Laufe seiner historischen
Entwickelung das Gegentheil. Wir erblicken in
seiner stufenweise aufsteigenden Entwickelung aus
den niederen Wirbelthieren den höchsten Triumph
der Menschennatur über die gesammte übrige
Natur. Wir sind stolz darauf, unsere niederen
thierischen Vorfahren so unendlich weit überflügelt
zu haben, und entnehmen daraus die tröstliche
Gewißheit, daß auch in Zukunft das
Menschengeschlecht im Großen und Ganzen die
ruhmvolle Bahn fortschreitender Entwickelung
verfolgen, und eine immer höhere Stufe geistiger
Vollkommenheit erklimmen wird. In diesem Sinne
betrachtet, eröffnet uns die Entwickelungslehre
in ihrer Anwendung auf den Menschen die
ermuthigendste Aussicht in die Zukunft, und entkräftet
alle jene Befürchtungen, welche man ihrer
Verbreitung entgegen gehalten hat.
Die
höchste Leistung des menschlichen Geistes ist
die vollkommene Erkenntniß, das entwickelte
Menschenbewußtsein, und die daraus entspringende
sittliche Thatkraft. "Erkenne Dich selbst"!
So riefen schon die Philosophen des Alterthums
dem nach Veredelung strebenden Menschen zu.
"Erkenne Dich selbst"! So ruft die
Entwickelungslehre nicht allein dem einzelnen
menschlichen Individuum, sondern der ganzen
Menschheit zu. Und wie die fortschreitende
Selbsterkenntniß für jeden einzelnen Menschen
der mächtigste Hebel zur sittlichen
Vervollkommnung wird, so wird auch die Menschheit
als Ganzes durch die Erkenntniß ihres wahren
Ursprungs und ihrer wirklichen Stellung in der
Natur auf eine höhere Bahn der moralischen
Vollendung geleitet werden. Die einfache
Naturreligion, welche sich auf das klare Wissen
von der Natur und ihren unerschöpflichen
Offenbarungsschatz gründet, wird zukünftig in
weit höherem Maaße veredelnd und
vervollkommnend auf den Entwickelungsgang der
Menschheit einwirken, als die unendlich
mannichfaltigen Kirchenreligionen der
verschiedenen Völker, welche auf dem dunklen
Glauben an die Geheimnisse einer Priesterkaste
und ihre mythologischen Offenbarungen beruhen.
Kommende Jahrhunderte werden unsere Zeit, welcher
mit der wissenschaftlichen Begründung der
Abstammungslehre der höchste Preis menschlicher
Erkenntniß beschieden war, als den Zeitpunkt
feiern, mit welchem ein neues segensreiches
Zeitalter der menschlichen Entwickelung beginnt,
charakterisirt durch den Sieg des freien
erkennenden Geistes über die Gewaltherrschaft
der Autorität, und durch den mächtig
veredelnden Einfluß der monistischen Philosophie.
http://www.mpiz-koeln.mpg.de/~stueber/haeckel/natuerliche/natuerliche.html
Die Welträtsel
Ernst Haeckel (Kurt Stüber,
Hrsg.)
Die
vorliegenden Studien über monistische
Philosophie sind für die denkenden, ehrlich
die Wahrheit suchenden Gebildeten aller Stände
bestimmt. Zu den hervorragenden Merkmalen des
neunzehnten Jahrhunderts, an dessen Ende wir
stehen, gehört das lebendige Wachstum des
Strebens nach Erkenntniß der Wahrheit in
weitesten Kreisen. Dasselbe erklärt sich
einerseits durch die ungeheuren Fortschritte der
wirklichen Natur-Erkenntniß in diesem merkwürdigsten
Abschnitte der menschlichen Geschichte,
andererseits durch den offenkundigen Widerspruch,
in den dieselbe zur gelehrten Tradition der "Offenbarung"
gerathen ist, und endlich durch die entsprechende
Ausbreitung und Verstärkung des vernünftigen
Bedürfnisses nach Verständniß der unzähligen
neu entdeckten Thatsachen, nach klarer Erkenntniß
ihrer Ursachen.
Ja,
Entwickelung ist auch hier das Zauberwort,
welches alle "Welträthsel" (- bis auf
das eine letzte, das Substanz-Problem! -)
zur Lösung führt. Wie sich der graue
Rindenmantel unseres Großhirns, des wichtigsten
Seelen-Organs, im Laufe der Tertiär-Zeit aus der
einfacheren Großhirn-Rinde unserer Primaten-Ahnen
phylogenetisch entwickelt hat, so sind auch
dessen physiologische Funktionen gleichzeitig aus
der niederen Seelenthätigkeit der Letzteren bis
zu den Anfängen des Zählens und Messens bei der
niederen Naturvölkern fortgeschritten und von
diesen später hoch hinauf zu der Mathematik der
Kulturvölker.
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The
"genealogical tree" of Haeckel (1874)
The "genealogical
tree" of Haeckel is set forth in its original form in
Haeckel's General Morphology and developed in his later
writings.
http://genome.imb-jena.de/stammbaum.html
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