Forum für Anthroposophie, Waldorfpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft | ||||
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Die Liebe selber ist ein Kind der in Liebe sich VerbindendenFranz von BaaderWie man von Kindern der Liebe spricht — und es sollten doch alle Kinder solche nur sein —, so sollte man vor allem wissen, daß die Liebe selber in ihrem Urstande nur ein Kind ist, aber ein Kind, das die liebenden Eltern in sich empfangen und in sich, nicht wie das durch Fortpflanzung gewordene Kind von und aus sich, gebären, selbes auch in sich sorgfältig pflegen, schirmen und zu ihrer (der Eltern) Freude, Seligkeit und Herrlichkeit in sich groß und stark ziehen sollen. Welcher Abkunft ist aber dieses heimliche Wunderkind, welches Liebe heißt und welches in bezug auf die Liebenden offenbar doch ebenso ein drittes als das leibliche Kind ist, obschon es, wie gesagt, nicht wie dieses neben, sondern in den Eltern lebt, und eben darum beide solidär und innig vereint? — Auf diese von unseren Philosophen und Theologen noch unbeantwortete Frage dient zur Antwort, daß Gott, welcher selber die gebärende und schaffende Liebe ist, sich nicht damit begnügt, die Kreaturen zu schaffen, sondern daß Er in ihnen sich selber zum Kinde wieder eingebären, mit und in ihnen wieder zum vollendeten Gott gleichsam emporwachsen, somit wie zum zweitenmal zum Gott, nämlich zum Gott der Kreatur und für diese werden oder sich wiedergebären will, denn so erst wird der Schöpfer zum Vater des Geschöpfes. — Spricht man also von der Freude und Seligkeit, welche den Eltern ihr leibliches Kind gewährt, in welchem sie, wie man sagt, sich fortsetzen und in ihm fortleben, so sagt man — abgesehen davon, daß diese Kinderzeugung durch sie ebenso bewußtlos und blind werkzeuglich geschieht wie durch die Tiere — hiemit schon aus, daß auch im besten Falle das Leben der Eltern in jenem des Kindes unter- oder zugrundegeht, daß letzteres sie verläßt und in die Vergangenheit sie zurücksetzt. Von welch allem jedoch das Gegenteil von jenem Kinde gesagt werden muß, welches die Liebe selber ist, welches seine Eltern nicht nur nie verläßt, falls sie es selber nicht verlassen, in welchem ihr Leben nicht unter-, sondern erst aufgeht, nämlich das ewige göttliche Leben, weil Gott selber nur darum ewig lebt, weil Er ewig liebt. Nur so lang sie liebten, lebten sie! Denn nur die Liebe hat wie das Leben, das sie selber ist, kein Warum, nichts, was früher als sie wäre, weswegen sie allein absoluter Zweck (Ende oder Vollendung aller Dinge wie ihr Anfang) ist, dem alles andere sich als Mittel fügen muß, und von ihr gilt:
Ist ferner die leibliche Ehe oft genug unfruchtbar und noch öfter den Eltern unerfreuliche Früchte bringend, so ist die Ehe wahrhafter oder aufrichtiger Gemüter stets fruchtbar, weil sie stets ihrer wunderholden Frucht, der Liebe als des Ehesegens, sich erfreut. Wie denn auch Christus sagt, daß die Menschen nach Ablegung ihrer irdischen Natur und der damit verbundenen Trennung, somit Entartung der Geschlechtspotenzen, also nach Aufhören der leiblichen Fortpflanzung, gleich den Engeln in der Ehe der Gemüter, somit in der Einerzeugung der Liebe in ihnen fortleben werden, welches himmlische Zeugen und Gebären sie jedoch bereits auf Erden in sich inne wurden, falls Unverstand, Roheit und der verwüstende Rausch der materiellen Sinnlichkeit sie hieran nicht hinderten, obschon sie stündlich die Wahrheit jener Behauptung Fausts inne werden könnten:
Wie denn jede bloß zeitliche Bewegung, somit jeder bloß materiell-sinnliche Genußtrieb, in sich nur ein Falltrieb ist, das heißt, die Bewegung zum Unter- oder Zugrundegehen, zum Tode ist. — Weswegen nichts einfältiger sein kann, als wenn die Menschen darum, weil, wenn jene himmlischen Momente in ihr Inneres treffen (welche Shakespeare »eternal moments« nennt) oder selbe von ihnen nicht fixiert, sondern selber dem Zeittode geopfert werden, welche folglich wie verwahrloste oder wie gemordete unschuldige Kindlein ihnen wieder entschwinden, — wenn diese Menschen, sage ich, aus diesem Verschwinden des Ewigen in ihnen einen Schluß auf die Nichtobjektivität eines solchen für sich bestehenden Ewigen ziehen wollen und dieses leugnen, indem sie doch nur selber aus dieser Ewigkeit gewichen und durch eigene Schuld ihr entfallen sind, weil sie mit dem Ewigen die Zeit füttern wollten, anstatt das Zeitliche dem Ewigen zu opfern, das heißt, in das Ewige zu erheben, in diesem zu vollenden (zu integrieren) und zu verklären. Franz von Baader, Sämtliche Werke, 16 Bde., hrsg. von Franz Hoffmann, Julius Hamberger, Anton Lutterbeck, F. von Osten, Christoph Schlüter, Leipzig 1851 - 60 (Neudruck: Aalen1963), Bd. X, 343-346 |
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