Freie Intelligenz
oder
weltweite
maschinelle Vernetzung
(Vortragskonzept)
Wolfgang Peter 1998
Besteht ein
Zusammenhang zwischen neuer Geistigkeit und technischer
Entwicklung?
Der Gegensatz von Natur
und Technik prägte den noch ganz jungen Steiner
entscheidend:
"Ich
glaube, daß es für mein Leben bedeutsam war, in einer
solchen Umgebung die Kindheit verlebt zu haben. Denn
meine Interessen wurden stark in das Mechanische dieses Daseins
hineingezogen. Und ich weiß, wie diese Interessen den
Herzensanteil in der kindlichen Seele immer wieder
verdunkeln wollten, der nach der anmutigen und zugleich
großzügigen Natur hin ging, in die hinein in der Ferne
diese dem Mechanismus unterworfenen Eisenbahnzüge doch
jedesmal verschwanden." (TB 636, S 9)
"Durch
die mechanische Wärmetheorie und die Wellenlehre für
die Lichterscheinungen und Elektrizitätswirkungen wurde ich in erkenntnistheoretische
Studien hineingedrängt." (ebenda, S 51)
"Diese
Anschauung trat mir überall entgegen. Sie machte
meinem Denken unsägliche
Schwierigkeiten. Sie trieb allen Geist aus der
objektiven Außenwelt heraus." (ebenda, S 52)
Hellsichtig schaute der
junge Steiner die Naturgeistigkeit, aber das Denken
seiner Zeit bot kein Mittel, diese gedanklich zu
ergreifen.
Der "Homo
faber" im Gegensatz zum Tier
Tiere
erzeugen keine Werkzeuge, wenngleich sie etwa Steine benutzen
(Fischotter) oder Bauten errichten (Wespennest,
Vogelnest, Biberbau). In ihnen waltet die kosmische
Intelligenz (astral)
auf arttypische Weise. Es kennt keine individuellen
Zwecke.
Der Mensch ist körperlich
weniger entwickelt als das Tier. Was ihm mangelt, muß er
künstlich herstellen für jeweils bestimmte Zwecke. Das kann nur ein Ich-Wesen.
Mensch
-> "manus" = Hand
Der Mensch ist das bewußt handelnde
Wesen, und zwar gilt
das besonders in der Technik, weniger schon in der Kunst
(träumend) und im Kultus. Die Tätigkeiten der Hand
sind:
Gestik |
schlafend |
künstlerisches
Gestalten |
träumend |
technisches
Konstruieren |
wachend |
Im
technischen Konstruieren verbindet sich der Mensch ganz
mit den rein irdischen Gesetzmäßigkeiten. Hier spiegeln sich die
Erfahrungen wider, die der Mensch durch seinen
Gleichgewichtssinn mit der Erdenschwere macht. Das
Kunsthandwerk, das, was die Griechen techné nannten, war noch lebendig
durchseelt, und das lebte auch noch im mittelalterlichen
Handwerk. Hier lebte noch etwas von den selben
Bildekräften mit, was auch draußen die Natur gestaltet,
und auch das Menschenwesen, insofern es den
kosmisch-geistigen Kräften entstammt.
Die Erdentwicklung
als Läuterung des Menschenwesens
Die Natur entsteht dadurch, daß der
kosmische Mensch (Adam Kadmon) aus sich heraus setzt die überschäumenden
Begierden (Tierwelt), die überquellenden Lebenskräfte (Pflanzen) und die verhärtenden
mineralischen Kräfte (Mineralwelt). Damals war der Mensch noch nicht
selbstbewußt. Aus der geistigen Welt steigt der Mensch
herab bis in die physische Welt, wo er das Gegenstandsbewußtsein (Objekt/Subjekt;
Selbstbewußtsein) entwickelt, über das kein Tier
wirklich verfügt. Dieses lebt in flutenden
Sinnesqualitäten; der
Mensch verbindet diese bis zur gegenständlichen
Wahrnehmung. Ohne diese könnten wir keine Werkzeuge
bauen.
Durch diese Stufen der
Läuterung wird der Menschenleib zubereitet, der Träger
des Ich werden kann. Physischer Leib, Ätherleib und
Astralleib weisen auf die vergangenen planetarischen
Zustände zurück; jetzt werden sie für das Ich reif
gemacht. Die Sinne und das Gehirn als ihr
Zentralorgan sind das letzte und höchste Produkt der
tierischen Entwicklung. Das Ich, wenn es wieder zum Geist
aufsteigt, überwindet die Sinne und das physische
Gehirn.
Durch die Technik
setzt der Mensch Teile seines physischen Leibes aus sich
heraus
Bis zum Mysterium von
Golgatha ist der physische Leib des Menschen in
aufstrebender Entwicklung, nun beginnt er langsam zu
verfallen, und mit ihm auch die ganze Erde. In größerem
Stil beginnt die Technik seit dem Mysterium von
Golgatha. Der
Wiederaufstieg in die geistige Welt beginnt. Der
physische Leib beginnt allmählich überwunden zu werden:
Werkzeuge |
Krallen,
Klauen, Zähne |
seit
dem Paläolithikum |
mechanische
Geräte |
Knochenmechanik |
griech.-römische
Zeit |
mechanische
Uhr |
kosmische
Rhythmen, rhythmisches System |
Spätmittelalter |
Linsen,
Mikroskop, ... |
Sinne |
Neuzeit |
Schießpulver |
Stoffwechsel/Atmung |
|
Dampfmaschine
|
Muskelkraft |
Ende
18. Jh. |
Elektronik |
Nervenimpulse |
20.
Jh. |
Die neuzeitliche
Naturwissenschaft
beginnt zunächst mit einem genauen Studium der
sinnlichen Welt. Durch Mikroskop, Fernrohr u. dgl. wird aber
der Blick immer mehr eingeengt. Man erlebt nicht mehr den kosmischen
Zusammenhang, der in der sinnlichen Welt waltet, sondern
nur mehr die tote irdische Gesetzmäßigkeit. Die abstrakten
Gedanken über die Natur werden immer wichtiger. Die Sinnesqualitäten werden sekundär, die sinnliche Wahrnehmung wird
zunehmend durch Meßinstrumente ersetzt, die nur das Tote registrieren.
Dabei werden die technischen Geräte immer mehr miniaturisiert und weltweit vernetzt. Die technische Welt, die so
entsteht, wird dadurch aber zugleich dem Blick des
einzelnen Menschen immer mehr entzogen; sie gewinnt ein
immer stärker ein selbständiges, vom Menschen unabhängiges
Dasein. Karma: Zivilisationskatastrophen.
Die übergeologische
Schicht der Technik entsteht als Ausdruck der untersinnlichen
Welt. Das gilt ganz
besonders für die Elektrotechnik und Elektronik, die
Kernkraft und das molekulare Design (Kunststoffe,
pharmazeutische Produkte). Die Technikwissenschaft
ersetzt immer mehr die
Naturwissenschaft. Die ganze Erde wird immer mehr zum
Ausdruck dieser Ich-Tätigkeit, sie wird mehr und mehr
von der Natur zur Unter-Natur, d.h. zu einem Abbild der Todeskräfte,
die im Menschenwesen walten und die ihn von den
kosmisch-geistigen Kräften abschnüren. Einmal wird
so, wie R. Steiner sagt, die ganze Erde zu einem riesigen
elektrischen Apparat werden. Das ist der Schatten, den die Menschheit
auf die Erde wirft, indem sie wieder zum Geist aufsteigt.
Das
ist die Michaelstat von 1879, die die
ahrimanischen Geister auf die Erde stürzt. (Das erste E-Werk (Gleichstrom)
mit einer Leistung von 500 kW wurde übrigens 1882 von Thomas
Alva Edison in New York eröffnet.)
Aber gerade dadurch wird
der Mensch zu einem freien, selbstbewußten Wesen. Er reißt sich von den geistigen
Kräften los, die in der Natur schöpferisch gestaltend
wirken. Das ist der eine, passive Teil der Freiheit: frei
von etwas zu sein. Bliebe der Mensch allerdings
dabei stehen, dann müßte er dem Nichts verfallen.
Diesem Schicksal, das in der Apokalypse der zweite Tod genannt wird, kann der Mensch nur
entgehen, wenn er beginnt, sich als geistiges Wesen selbst zu
erschaffen.
Das Denken befreit
sich immer mehr vom physischen Werkzeug
Gymnast |
Gliedmaßen
(vgl. bloßfüßiger Sokrates) |
Griechen |
Rhetor
|
Atmung,
Sprache |
Römer |
Doktor
|
Vorderhirn
(Nerven), abstrakt. Denken |
Spätmittelalter |
reines Denken |
leibfrei
(ätherische Blutwärme) |
1879 |
Das reine
Denken ist willensdurchtränkt. Durch die Technik handelt
der Mensch aus Einsicht in der äußeren Welt. Im reinen
Denken wird er ein innerlich geistig handelnder: moralische
Intuition. Das Naturgesetz ist Ausdruck der Vergangenheit; im
Moralgesetz,
daß sich der individuelle Mensch selbst gibt, wird die Zukunft gebaut. Im
reinen Denken beginnt der Wiederaufstieg des Geistes. Der Mensch erfüllt dann die
zweite, aktive Seite der Freiheit: er wird frei für
etwas, das er rein geistig aus dem Nichts erschafft.
Lebensäther |
Intuition |
Klangäther |
Inspiration |
Lichtäther |
Imagination |
Wärmeäther |
reines Denken |
Luft
Wasser
Erde |
NATUR |
Elektrizität
Magnetismus
Kernkräfte |
untersinnliche Welt der Technik |
Der
Aufstieg des Menschengeistes hängt also eng mit dem
Absturz der Natur ins Untersinnliche zusammen. Die
äußere Natur wird zerstäuben, ihren geistigen Gehalt
kann nur der Mensch für die Zukunft retten (Aufgabe des Goetheanismus). Durch das reine Denken und die
moralische Intuition wird aber eine neue Natur, der
künftige Jupiter, geistig vorbereitet (Aufgabe der Anthroposophie). Das hat Rudolf Steiner bis zu
seinem Lebensende beschäftigt; noch im März 1925,
wenige Tage vor seinem Tod schreibt er:
"Heute
fühlen noch die wenigsten, welch bedeutsame geistige
Aufgaben sich da für den Menschen herausbilden. Die
Elektrizität, die nach ihrer Entdeckung als die Seele
des natürlichen Daseins gepriesen wurde, sie muß
erkannt werden in ihrer Kraft, von
der Natur in die Unter-Natur hinabzuleiten. Es darf der
Mensch nur nicht mitgleiten.
In der
Zeit, in der es eine von der eigentlichen Natur
unabhängige Technik noch nicht gab, fand der Mensch den
Geist in der Naturanschauung. Die
sich unabhängig machende Technik ließ den Menschen auf
das Mechanistisch-Materielle als das für ihn nun
wissenschaftlich werdende hinstarren. In diesem ist nun
alles Göttlich-Geistige, das mit dem Ursprunge der
Menschheitsentwicklung zusammenhängt, abwesend. Das rein
Ahrimanische beherrscht die Sphäre.
In
einer Geisteswissenschaft wird nun die andere Sphäre
geschaffen, in der ein Ahrimanisches gar nicht vorhanden
ist. Und gerade durch das erkennende Aufnehmen derjenigen
Geistigkeit, zu der die ahrimanischen Mächte keinen
Zutritt haben, wird der Mensch gestärkt, um in
der Welt Ahriman gegenüberzutreten." (GA 26)
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