Forum für Anthroposophie, Waldorfpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft | ||||
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Himmelfahrt und Pfingsten
einander
ergänzende Aspekte des Christuswirkens
Wolfgang Peter 2004 Mit
dem Himmelfahrtsereignis entzieht sich der Auferstandene dem geistigen
Blick der Jünger und scheint sich von der Erde in geistige Höhen zurückzuziehen.
Das mag einem zunächst als Widerspruch erscheinen, da sich doch der
Christus durch das Mysterium von Golgatha fest mit dem Erdengeschehen
verbunden hat. Das Rätsel kann sich lösen, wenn wir erkennen, dass
die lebendige Christuswirkung auf zweifache Weise vom Menschen
aufgenommen werden kann. Und das spiegelt sich in den einander ergänzenden
Aspekten der Himmelfahrtsoffenbarung und des Pfingstgeheimnisses
wider. HimmelfahrtZu
einem besseren Verständnis müssen wir uns noch einmal das Wesen des Auferstehungsleibs
des Christus, von Rudolf Steiner oft auch als Phantomleib
bezeichnet, vor Augen führen. Es ist ein ätherischer Leib, der sich
die physische Formgestalt bewahrt hat oder, anders ausgedrückt, ein
physischer Formleib von ätherischer Substantialität. Mit dem
Himmelfahrtsereignis – und sich steigernd nach Fronleichnam und
Johanni zu - folgt dieser Ätherleib seiner natürlichen Neigung,
dehnt sich aus und strebt zur Sonnensphäre, wie das ähnlich mit dem
Ätherleib des Menschen nach dem Tode geschieht. Und doch besteht ein
gewichtiger Unterschied: „Der
Christus rettet für die Erde dieses Sonnenwärtsziehende. Und in
diesem zur Sonne Hinstrebendem, aber von dem Christus Gehaltenen,
erscheint gerade diese Tatsache, dass der Christus mit der Menschheit
der Erde verbunden bleibt.“[1] Daraus
ergibt sich für jeden Menschen, ob er sich nun zu dem Christus
bekennt oder nicht, die objektive Wirkung des Christus,
durch die der Ätherleib und in Folge auch der physische Leib neu
belebt wird. Es wird damit den objektiven Folgen des Sündenfalls
auf den lebendigen menschlichen Leib entgegengewirkt. Hätte
das Mysterium von Golgatha mit der Auferstehung und der sich daran
anschließenden Himmelfahrt nicht stattgefunden, wären die Leiber der
Menschen sehr rasch verfallen und die physische Existenz der Menschen
auf Erden wäre nicht weit über die Zeitenwende hinaus möglich
gewesen. Die Leiber hätten sich übermäßig ahrimanisch verhärtet
und die Menschenseelen hätten eine verfrühte luziferische
Vergeistigung in einem noch sehr unreifen Zustand erfahren. Diese
objektive Wirkung des auferstandenen Christus bleibt den Menschen aber
zunächst unbewusst und selbst die Jünger können den Auferstandenen
nicht mehr schauen. Diese
objektive Wirkung des Christus entfaltet sich gleich einer äußeren
Naturkraft. Sie ist eine belebende Naturkraft, die den
ahrimanischen Todeskräften, welche die Erd- und
Menschheitsentwicklung seit langem erfasst haben, von außen
entgegenwirkt. Sie kann den Todesprozess, der die Erde ergriffen hat,
nicht aufheben – und das ist auch gut so, denn sonst könnte die
Erdentwicklung niemals in ein geistigeres Stadium übergehen. Aber sie
kann diesem Prozess hemmend entgegentreten und ihn auf ein gesundes
Tempo reduzieren. Durch
die objektive äußere naturhafte Christuswirkung wird der physische
Fortbestand der Menschheit noch für geraume Zeit gewährleistet.
Dadurch alleine wird der Mensch aber noch nicht der vollen
Auferstehungskraft des Christus teilhaftig. Dazu ist noch anderes nötig. Die Erneuerung des Mysteriums von
Golgatha
Je weiter das Bewusstseinsseelen-Zeitalter gediehen war,
desto mehr erstarkte unter dem ahrimanischen Einfluss die
materialistische Gesinnung. «Die Samen
von irdischem Materialismus»die seit dem 16. Jahrhundert in die
geistige Welt in immer größerem Maße von den durch die Pforte des
Todes schreitenden Seelen hinaufgetragen wurden und immer mehr
Dunkelheit bewirkten, bildeten die «schwarze Sphäre des
Materialismus». Diese schwarze Sphäre wurde von Christus im Sinne
des manichäischen Prinzips in sein Wesen aufgenommen, um sie
umzuwandeln. Sie bewirkten in dem Engelwesen, in dem sich die
Christus-Wesenheit seit dem Mysterium von Golgatha offenbarte, den «geistigen
Erstickungstod». Dieses Opfer des Christus im 19. Jahrhundert ist
vergleichbar dem Opfer auf dem physischen Plan im Mysterium von
Golgatha und kann als die zweite Kreuzigung des Christus auf dem Ätherplan
bezeichnet werden. [2] Die
Menschen trugen diese materialistische Gesinnung durch die Pforte des
Todes in einem Maße, wie das in früheren Zeitaltern völlig unmöglich
war. Sie gingen dadurch in eine geistige Welt ein, von der sie nichts
wussten und der sie kein Verständnis entgegenbrachten. Da trat ihnen
der Christus in der erdnahen geistigen Sphäre, in die er durch die
Himmelfahrt eingetreten war, entgegen, aber sie stießen ihn zurück: Und den
Anstrengungen dieser durch die Pforte des Todes gegangenen Seelen ist
es gelungen, den Christus, wir können nicht anders sagen als: zu
vertreiben aus der spirituellen Welt.[3] Der
Christus wurde geradezu hinausgestoßen! Aber dadurch erfüllte sich
an ihm das ewige Gesetz der spirituellen Welt: Was in der höheren,
spirituellen Welt verschwindet, das ersteht aufs neue in der niederen
Welt. Der Christus musste sich noch enger mit der irdischen Welt
verbinden – und gerade dadurch wird ab dem 20. Jahrhundert die Erkenntnis
des ätherischen Christus möglich. Durch
diese zweite Kreuzigung des Christus im Ätherischen wurde er
aus der Sphäre, in die er durch die Himmelfahrt eingezogen war,
geradezu herausgestoßen. Der ätherische Sphärenleib des Christus
zog sich dadurch wieder zusammen. Gerade dadurch wird aber wieder die
unmittelbare Begegnung mit dem Auferstandenen künftig immer mehr
Menschen auf Erden möglich werden. Das ist also in gewissem Sinne
eine Umwendung der Himmelfahrtsoffenbarung. Diese Erneuerung des
Mysteriums von Golgatha auf ätherischer Ebene ist ein weiterer
wesentlicher Impuls für das fortschreitende Auferstehungsgeschehen.
Zugleich werden die geschilderten objektiven Wirkungen des Christus
dadurch auch immer mehr zum Gegenstand der bewussten geistigen
Erkenntnis werden. Das hängt aber wiederum eng mit dem
Pfingstgeheimnis zusammen. PfingstenEs
steht nicht in der Willkür des Menschen, diese objektive
Christuskraft aufzunehmen oder abzuweisen – sowenig wie das Mineral
entscheiden kann, ob es kristallisieren will oder nicht. Pfingsten
ist nun gerade das Fest, das uns an die Freiheit der Menschenseele
gemahnen soll. Dass der Mensch aus Freiheit das Gute oder auch das Böse
wählen und vollbringen kann, ist, wie wir wissen, eine Folge der
luziferischen Versuchung, der der Mensch erlegen ist. Die Erkenntnis
überhaupt, die Weisheit, aus der auch alle vorchristlichen Kulturen
geschöpft haben, ist eine Gabe Luzifers. Diese Weisheit ist aber eine
absterbende und wird immer mehr vom ahrimanischen Intellekt überwuchert,
der nur mehr das äußere materielle Geschehen gelten lässt. Gerade
diese ahrimanischen Erkenntniskräfte, die die Menschenseelen
ergriffen haben, führten zur zweiten Kreuzigung des Christus im Ätherischen
im 19. Jahrhundert. Diesen
Kräften gegenüber muss die bewusste Beziehung zum Christus
willentlich angestrebt und in das Geistig-Seelische des Menschen –
also in Astralleib und Ich – aufgenommen werden. Eine neue geistige
Erkenntnis wird dadurch möglich: Das ist
das Bild vom Pfingstfeste: das Durchdringen des Geistig-Seelischen mit
der das Mysterium von Golgatha verstehenden Kraft, die Sendung des
Heiligen Geistes.[4] Im
erneuerten inspirierten, d.h. geistig wahrnehmenden, platonischen
Denken kündigt sich dieses Pfingstereignis für unsere Tage an. Wer
ist nun dieser Heilige Geist, der sich in die Seelen der Menschen
herabsenkt? Dieser
Heilige Geist ist kein anderer als der wiedererstandene und jetzt in
reinerer, höherer Glorie erstandene luziferische Geist, der Geist der
selbstständigen, der weisheitsvollen Erkenntnis.[5] Luzifer
wird erlöst, wenn der
Mensch dessen Weisheitslicht darauf richtet, das Mysterium von
Golgatha mit bewusster verstehender Kraft zu
durchdringen. Luzifer wird dadurch zum aktiven Teilnehmer dieser
Christuserkenntnis, die er aus eigener Kraft niemals erringen könnte.
So wird zugleich das ahrimanisierte Denken erlöst, indem luziferische
Weisheit mit christlicher Liebe durchdrungen wird. Ein Blick auf MichaelNun
ist mit dem Pfingstereignissen noch weiteres verbunden, nämlich das
sogenannte. „Sprachenwunder“. Die Jünger wurden befähigt
so zu sprechen, dass ihre Worte die Herzen aller Menschen erreichten: 1Und
als der aPfingsttag gekommen war, waren sie alle an
einem Ort beieinander. 2Und
es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen
Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3Und
es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich
auf einen jeden von ihnen, b 4und
csie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und
fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab
auszusprechen. 5Es
wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren dgottesfürchtige
Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6Als
nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt;
denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. (Apg 2,3) Im
Laufe der Entwicklung wurde die Sprache immer mehr zum seelenlosen
Ausdruck des Intellekts. Durch das Pfingstereignis wird der Keim dazu
gelegt, dass sie sich auf neue Weise wieder zur Gefühls- und
Willenssprache entwickelt, die die Herzen der Menschen unmittelbar
ergreifen kann. Es wird zu einem neuen Lauterlebnis kommen, das in den
Vokalen das Gefühl und in den Konsonanten die formende Kraft des
Willens zu erfassen vermag. Rudolf Steiner hat durch die von ihm begründete
Sprachgestaltung den Anfang des Weges dazu gewiesen. Die
Entwicklung der Sprache ist das irdische Abbild der Entwicklung der Archangeloi,
die die Sprachgeister und zugleich die Volksgeister sind. Michael, der
sich bereits in den Rang eines Archai erhebt, gibt den Impuls dazu,
dass künftig einmal die babylonische Sprachverwirrung überwunden
wird und eine neue, aus dem individuellen Ich geschöpfte und von Ich
zu Ich unmittelbar verstandene Menschheitssprache entsteht. AusblickWenn
der Heilige Geist in den Astralleib des Menschen aufgenommen
wird, kann das Erkenntnisleben, das Denken erlöst werden. Die
Sprache wird durchchristet, indem der Sohn, der Logos, das Wort, in
den Ätherleib des Menschen einzieht. Und
noch ein Drittes wird geschehen: Die Vaterkraft wird die Aufrichtekräfte
des physischen Leibes durchdringen, der sonst allmählich zum
tierischen Dasein herabsinken müsste, und ihn zur Auferstehung führen
– sofern wir aus freiem Entschluss dem Christus folgen, der uns auf
diesem Weg vorangeschritten ist und der unmittelbar vor der Verheißung des heiligen Geistes die Worte gesprochen hat: Ich bin der Weg
und die Wahrheit und das Leben (Joh
14,6) [1] GA
224, 7.5.1923 (S 151) [2] GA
152, 2.5.1913 [3]
GA 152, 20.5.1913 [4] GA
224, S 154 [5] GA
107, 22.3.1909 (S 254)
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