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Rudolf Steiner

Über die Kabiren

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Die Kabiren nach dem Entwurf Rudolf Steiners Nehmen Sie aus der heutigen Vorstellung die Szene mit den Kabiren heraus, versuchen Sie einmal, in dieser «Faust »-Szene nachzulesen alles, was sich auf die Kabiren bezieht, versuchen Sie, jede einzelne Zeile wirklich mit tieferem Interesse zu verfolgen, und Sie werden sehen, wie Goethe durch seine vergeistigten Instinkte durchaus noch drinnenstand in dem ahnenden Erkennen. Durch solche Vorstellungen und Mysterienverrichtungen, wie sie die Griechen hatten in Anlehnung zum Beispiel an die Kabiren, drückt sich für den Menschen ein Höchstes in bezug auch auf das Erkenntnisstreben und dergleichen aus. Diese Kabiren brachte Goethe mit Recht zusammen mit dem Wege, der führen soll vom Homunkulus zum Homo. Er brachte diese Kabiren mit Recht zusammen mit dem Geheimnisse des menschlichen Werdens.

Drei Kabiren werden herangebracht. Wir reden von drei menschlichen Gliedern zunächst. Bevor wir auf das wahrhaft Innere des Menschen gehen, reden wir von drei menschlichen Gliedern: von dem physischen Leib, dem ätherischen Leib, dem astralischen Leib. Indem man von diesen menschlichen Gliedern spricht, erregt man ja sogleich die Kritik derjenigen Menschen, die sich heute besonders gescheit dünken, die sich heute besonders wissenschaftlich dünken. So wenden zum Beispiel solche Leute ein: Warum denn den einheitlichen Menschen teilen, gliedern? Der Mensch sei doch eine Einheit, es sei schematisch, wenn man den Menschen in solche Glieder auseinanderschält. - Ja, aber so ist die Sache nicht, so einfach liegt sie nicht. Gewiß, wenn bloß eine schematische Einteilung des Menschen zugrunde läge, brauchte man keinen besonderen Wert auf diese Glieder zu legen. Aber diese einzelnen Glieder, die man scheinbar so abstrahiert von dem ganzen Menschen, stehen ja alle mit ganz ändern Sphären des Weltenalls in Verbindung. Dadurch, daß der Mensch einen physischen Leib hat, so wie er ihn heute hat, wie sich dieser physische Leib von seiner saturnischen Anlage heraus entwickelt hat bis in die heutige Zeit, dadurch gehört der Mensch dem Räume an, der Sphäre des Raumes. Und durch seinen ätherischen Leib gehört der Mensch der Sphäre der Zeit an. Also indem der Mensch den zwei total voneinander verschiedenen Sphären angehört, indem er, man könnte sagen, aus der Welt der Zeit und des Raumes herauskristallisiert ist, besteht er aus physischem Leib und aus Ätherleib. Das ist nichts Willkürlich-Schematisches, was man da als Einteilung, als Gliederung des Menschen anführt. Das beruht tatsächlich auf dem ganzen Zusammenhang des Menschen mit dem Weltenall. Und durch seinen astralischen Leib gehört der Mensch schon dem Außerräumlichen und Außerzeitlichen an.

Diese Trinität, gewissermaßen die menschliche Hüllentrinität, wird vorgeführt in den drei Kabiren. Der vierte «wollte nicht kommen». Und der ist es, der für sie alle denkt! Steigen wir herauf von den drei Hüllen zum menschlichen Ich, so haben wir in diesem menschlichen Ich zunächst das, was über Raum und Zeit, selbst über das Zeitlose, Raumlose des Astralischen herausragt. Aber dieses Ich des Menschen kam ja erst zum Bewußtsein gerade in dem Zeiträume, der auf die samothrakische Kabirenverehrung folgte. Die Griechen hatten aus der uralt heiligen samothrakischen Lehre allerdings ihren Glauben an das Unsterbliche; aber innerhalb des griechisch-lateinischen Zeitraumes sollte erst das Bewußtsein von dem Ich geboren werden. Daher wollte der vierte nicht kommen, der dasjenige repräsentiert, was als Verhältnis besteht zwischen dem Ich und dem Kosmos. Und wie ferne lag das dem Kabirengeheimnis, das zunächst hinweist auf das, was da war in dem Menschenwerden. Die drei höchsten, der fünfte, sechste und siebente, die sind noch «im Olymp zu erfragen»: Geistselbst, Lebensgeist, Geistesmensch. Die kommen, wie wir wissen, im sechsten und siebenten Zeiträume. Und an den achten hat überhaupt noch niemand gedacht!

Wir erblicken tatsächlich in der alten Form ausgesprochen das Menschheitsgeheimnis, wie es in Samothrake in denjenigen Mysterien verhüllt war, von denen die Griechen das Beste für ihr Seelenwissen, für ihre Seelenweisheit, ja auch das Beste für ihre Dichtung, insofern sich diese auf den Menschen bezog, genommen haben. Das ist das Wichtige, daß man erkennt: Sobald man den Blick zurückwendet in diese alten Zeiten, die Goethe also wiederum zu beleben versuchte, so schaut man hinein in ein Wissen vom Zusammenhang des Menschen mit dem Weltenall. Der Mensch fühlte sich verwandt mit allen Geheimnissen des Daseins. Der Mensch wußte: er ist nicht bloß eingeschlossen in die Grenzen seiner Haut, er gehört dem ganzen, weiten Weltenall an. Und dasjenige, was in seiner Haut eingeschlossen ist, ist nur das Bild seines besonderen Wesens
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aus GA 188, 8. Vortrag (25.1.1919)


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Erinnern wir dabei zum Beispiel an die samothrakischen Mysterien, auf die Goethe im zweiten Teile seines «Faust» anspielt, wo er von den Kabiren spricht. Ich habe versucht, in meinem Atelier in Dornach diese Kabiren nachzubilden. Was habe ich herausbekommen? Es war etwas sehr Interessantes. Ich habe einfach mir die Aufgabe gestellt, herauszubekommen durch Anschauung, wie innerhalb der samothrakischen Mysterien die Kabiren ausgesehen haben müssen. Und denken Sie: Ich habe drei Krüge, allerdings plastisch-künstlerisch gestaltete Krüge bekommen! Ich war anfangs selbst erstaunt, obwohl Goethe auch von Krügen spricht. Die Sache wurde mir erst erklärlich, als ich darauf kam: diese Krüge standen auf einem Altar, da wurde etwas Weihrauchähnliches hineingebracht, das Opferwort wurde gesungen, und aus der Kraft des Opferwortes, das in älteren Menschheitszeiten noch eine ganz andere schwingungserregende Gewalt hatte als heute, gestaltete sich der Opferrauch zu dem Bilde der Gottheit, das gesucht wurde. Sie haben unmittelbar in der religiösen Verrichtung den sekundierenden Gesang, der unmittelbar in der Plastik des Rauches sich auslebt.
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aus GA 218, 14. Vortrag (4.12.1922)

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