Über das Wesen einiger
naturwissenschaftlicher Grundbegriffe
Fragenbeantwortung aus dem Jahre 1919
Rudolf
Steiner
I.
Atome sind anzusehen als
ideelle Rauminhalte; das Inhaltliche sind die Ergebnisse von
sich begegnenden Kräfterichtungen - z.B.
Kräfterichtung
a b c wirken im Raume;
durch ihre Begegnung wird eine Kräfteresultante bewirkt, die
als Atom von tetraedrischem Charakter wirkt.
Elemente sind der Ausdruck
bestimmter Kraftbegegnungen; dass sie sich als solche
offenbaren, beruht darauf, dass die eine Kraft in ihrer
Begegnung mit einer andern eine Wirkung hervorbringt; während
andere Kraftwirkungen gegen einander unwirksam sind.
Krystalle sind die
Ergebnisse complizierterer Kraftbegegnungen; Atome die der
einfacheren.
Amorphe Massen ergeben
sich durch die Neutralisierung der Kraftrichtungen.
II.
Kraft ist die einseitig
räumlich angesehene Offenbarung des Geistes. Man kann nicht
sagen, dass Kraft auf die Materie wirke, da Materie nur in der
Anordnung der Wirkungen sich begegnender Kraftstrahlen
besteht. Es geht niemals eine Energieform auf die andere
über; sowenig wie das Tun des einen Menschen in das des
andern. Was übergeht, ist nur der arithmetische
Maßausdruck. "Geht mechanische in Wärmeenergie
über", so ist der reale Vorgang: es ist ein bestimmtes
Quantum mech. Energie im Stande in einem Geistwesen, das als
Wärme sich offenbart, ein bestimmtes Quantum dieser
Offenbarung anzuregen. (So ist das in gesunder Art noch bei J.
R. Mayer. Erst Helmholtz hat die Sache verwuzelt).
III.
Weder Ton noch Wärme, noch Licht, noch
Elektrizität sind Schwingungen, so wenig als ein Pferd eine
Summe von Galoppschritten ist. Ton z.B. ist ein wesenhaftes
Quale und die Wirkung dieses wesenhaften Quale beim Durchgang
durch die Luft ist: die Schwingung. Für den empfindenden
Menschen ist die Schwingung die Veranlassung in sich das Quale
nachzuahmen; darin besteht die Wahrnehmung des Tones.
Ähnlich ist es bei andern: Licht etc.
IV.
Licht ist das, als was es
wahrgenommen wird (sieh meine Einleitung zu Goethes
Farbenlehre); die Schwingung ist die Offenbarung des Lichtes
im Aether.
Die Brechung des Lichtes beruht auf der
Wirkung bestimmter Kraftrichtung auf die Lichtrichtung.
Newton'sche Farbenringe, Interferenzerscheinungen sind
Ergebnisse der Lichtstrahlung (Wirkung des Lichtes im Aether)
und in dem Weg des Lichtes sich befindlicher andrer (abschwächender,
phasenweise abschwächender)
Kraftwirkungen. Ebenso Polarisationserscheinungen. Man sollte
die Polarisationsfiguren nicht in der Struktur des Lichtquale
suchen, sondern in der Struktur des Mediums, das sich dem
Licht in den Weg stellt.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist
das Ergebnis einer Art Reibung des Lichtes am Medium.
V.
Licht ist nicht als Function der
Elektrizität zu betrachten, sondern die letztere als eine Art
leiblicher Träger des Lichtes
Elektrisch geladene Materie: gewisse
Kraftansammlungen halten diejenigen Kraftansammlungen fest,
die sich als Elec. kundgeben.
VI.
Die Mathematik ist die
abstrahierte Summe der im Raume wirkenden Kräfte. Wenn man
sagt: die math. Sätze gelten apriorisch, so beruht das
darauf, daß der Mensch in denselben Kraftlinien darinnen ist
wie die andern Wesen und das er abstrahieren kann von allem
andern, was nicht Raumes- etc. Schema ist.