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Rudolf Steiner

DER STREIT MICHAELS MIT DEM DRACHEN

Das Goetheanum, III 8, 30. September 1923

I

Wer den Blick zurück in ältere Zeiten der menschlichen Seelenentwickelung wendet, dem muß bemerklich werden, wie im Weltanschauungsleben die Bilder sowohl der Natur wie des Geistes sich gewandelt haben. Man braucht gar nicht allzuweit zurückzuschauen. Noch im achtzehnten Jahrhundert war es so, daß man die Kräfte und Substanzen der Natur geistähnlicher, das Geistige mehr in Naturbildern gedacht hat als heute. Erst in der neuesten Zeit sind die Vorstellungen vom Geiste ganz abstrakt, die von der Natur so geworden, daß sie auf eine geistfremde Materie weisen, die für die menschliche Anschauung undurchdringlich ist. So fallen gegenwärtig Natur und Geist für das menschliche Auffassungsvermögen auseinander; und keine Brücke scheint von dem einen zu dem ändern zu führen.

Es ist aus diesem Grunde, daß grandiose Weltanschauungsbilder, die vor Zeiten eine große Bedeutung hatten, wenn der Mensch seine Lage im Weltganzen erfassen wollte, ganz in das Reich dessen eingezogen sind, was man als luftige Phantastik empfindet. Eine Phantastik, der sich der Mensch nur hingeben durfte, so lange ihm keine wissenschaftliche Exaktheit dies verbot.

Ein solches Weltanschauungsbild ist der «Streit Michaels mit dem Drachen ».

Es gehört dieses Bild zu den Seeleninhalten, die das menschliche Wesen anders in die Urzeiten zurückverfolgten als die gegenwärtigen. Heute will man von dem Menschen der Gegenwart zu weniger menschenähnlichen Wesen als zu denen kommen, von denen er abstammt. Man geht von mehr vergeistigten Wesen zu weniger vergeistigten zurück. - Ehedem wollte man, indem man das menschliche Werden zurückverfolgte, auf mehr Geistiges stoßen, als in der Gegenwart erscheint.

Man schaute einen vorirdischen Zustand, in dem die gegenwärtige Form des Menschen noch nicht war. Wesen stellte man in dem damaligen Dasein vor, die in feinerer Substanzialität lebten, als sie der heutige Mensch hat. Sie waren « geistiger » als er. Von solcher Art war das Wesen, das als «Drache» von Michael bekämpft wird. Dieses war dazu bestimmt, einst in einer späteren Zeit die Menschenform anzunehmen. Dazu aber sollte es «seine Zeit» abwarten. Diese « Zeit» sollte nicht von ihm abhängen, sondern von dem Ratschluß über ihm stehender Geistwesen. Es sollte vorerst mit seinem eigenen Willen ganz in dem Willen dieser höheren Geistwesen beschlossen bleiben. - Da ging aber vor «seiner Zeit» der Hochmut in ihm auf. Es wollte einen « eigenen Willen »in der Zeit, in der es noch in dem höheren Willen leben sollte. Es bestand darin seine Widersetzlichkeit gegen den höheren Willen. Selbständigkeit des Willens bei solchen Wesen ist nur möglich in dichterer Materie, als sie damals vorhanden war. Sie müssen andere Wesen werden, wenn sie in ihrer Widersetzlichkeit beharren. Dem widersetzlichen Streben des gezeichneten Wesens war das Leben in der Geistigkeit, in der es war, nicht mehr angemessen. Sein Dasein empfanden seine Genossen als störend (ja zerstörend) in ihrem Reiche. So empfand Michael. Er war in dem Willen der höheren Geistwesen geblieben. Er unternahm es, das widersetzliche Wesen zu zwingen, die Form anzunehmen, die einem selbständigen Willen in der damaligen Weltlage allein möglich war, die der Tierheit - des Drachens, der « Schlange ». Höhere Tiergestalten gab es noch nicht. Selbstverständlich wurde dieser «Drache» auch nicht sichtbar gedacht, sondern übersinnlich.

So steht vor dem Seelenauge des Menschen einer frühern Zeit der Kampf zwischen « Michael und dem Drachen ». Er wurde als Tatsache gedacht, die sich abspielte, bevor es eine Natur gab, die Menschenaugen sehen können, und bevor noch der Mensch in seiner gegenwärtigen Form entstanden war.

Die gegenwärtige Welt ist aus derjenigen hervorgegangen, in der sich diese Tatsache abgespielt hat. Das Reich, in das der Drache verstoßen wurde, ist zur «Natur» geworden, die eine Materialität angenommen hat, durch die sie für Sinne sichtbar werden kann; es ist gewissermaßen der Bodensatz der früheren Welt. Das Reich, in dem Michael sich seinen geistergebenen Willen bewahrt hat, ist « oben » gereinigt geblieben, wie eine Flüssigkeit, aus der sich ein erst gelöster Zusatz als Bodensatz ergeben hat. Dieses Reich ist fortan bleibend ein solches, das Sinnen verborgen sein muß.

Die außermenschliche Natur ist aber der Drachenmacht nicht verfallen. Diese konnte in ihr nicht zur Sichtbarkeit sich erkraften. Sie blieb als unsichtbarer Geist in ihr. Der mußte sein Wesen von ihr absondern. Sie wurde ein Spiegel der höheren Geistigkeit, von der er abgefallen war.

In diese Welt ward der Mensch hineingestellt. Er konnte teilnehmen an der Natur und an der höheren Geistigkeit. So ward er eine Art Doppelwesen. In der Natur selbst blieb der Drache machtlos. In dem, was im Menschen selbst als Natur lebt, erhielt er Macht. Im Menschen lebt, was dieser als Natur aufnimmt, als Begierde, als tierische Lust. In diese Sphäre hat der abgefallene Geist Zutritt. Damit war der «Fall des Menschen » gegeben.

Der widersetzliche Geist ist in den Menschen verlegt. Michael ist seinem Wesen treu geblieben. Wendet sich der Mensch zu ihm mit dem Teil seines Lebens, das aus der höheren Geistigkeit urständet, dann entsteht in des Menschen Seele der «innere Kampf Michaels mit dem Drachen».

Solch eine Vorstellung war noch im achtzehnten Jahrhundert vielen Menschen geläufig. Ihnen war die äußere Natur der « Spiegel höherer Geistigkeit», die «Natur im Menschen » der Sitz der Schlange, die die Seele durch Hingabe an Michaels Kraft zu bekämpfen habe.

Wie konnte eine Seele, in der solche Vorstellungen lebendig waren, die äußere Natur ansehen ? Die Zeit, da der Herbst naht, mußte die Erinnerung an den «Drachenkampf» des Michael bringen. Die Blätter entfallen den Bäumen, das blühendsprossende Leben erstirbt. Wohlig nahm die Natur den Menschen im Frühling auf; wohlig pflegte sie ihn während des Sommers in den warmstrahlenden Sonnengaben. Wenn der Herbst beginnt, hat sie nichts mehr für ihn. Ihre Niedergangskräfte dringen in Bildern durch seine Sinne ein. Er muß sich aus seinem Menschen selbst geben, was die Natur ihm vorher gegeben hat. Ihre Macht in ihm wird schwächer. Er muß aus dem Geiste sich Kräfte schaffen, die ihm helfen, wo die Natur machtloser für ihn wird. Der Drache verliert mit der Natur seine Macht. Michaels Bild taucht vor der Seele auf. Das Bild des Drachenbekämpfers. Es war abgelähmt, da die Natur und mit ihr der Drache mächtig war. Aus dem heranströmenden Froste taucht dieses Bild auf.

Aber das Bild ist für die Seele eine Realität. Es ist, als ob der Vorhang in die geistige Welt sich öffnete, der von der Sommerwärme geschlossen war.

Der Mensch lebt das Leben des Jahreslaufes mit. Der Frühling ist irdischer Wohltäter; aber er spinnt den Menschen in das Reich ein, in dem der «Widersacher» seine unsichtbare Macht in ihm als Häßlichkeit der Schönheit der Natur gegenüberstellt. Im Herbstbeginn erscheint der Geist der « starken Schönheit», da die Natur «ihre Schönheit» verbirgt und damit auch den Widersacher in die Verborgenheit treibt.

So waren die Empfindungen vieler, die in älteren Zeiten das Michaelfest in ihrem Herzen feierten. Was zu alledem der Mensch der Gegenwart zu sagen hat, der neben der Natur- eine Geist-Erkenntnis gelten läßt, das soll Inhalt einer Betrachtung in dem nächsten Aufsatz sein.

 

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