Sokrates: Mein lieber Phaidros, wohin denn und
woher?
Phaidros: Von Lysias, o Sokrates, dem Sohne des
Kephalos. Und nun gehe ich spazieren vor die
Stadtmauer hinaus. Denn ich habe vom frühen
Morgen an die ganze Zeit dort sitzend zugebracht.
Dabei folge ich deinem und meinem Freund Akumenos und mache meine Spaziergänge auf der
Straße; denn, versichert er, diese seien gesünder als in
den bedeckten Hallen.
Sokrates: Und mit Recht sagt er das, mein Freund! -
Also war Lysias, wie es scheint, in der Stadt?
Phaidros: Ja, beim Epikrates, dort im Morychischen
Hause, neben dem Olympion.
Sokrates: Was war denn nun da der Zeitvertreib?
Oder, versteht sich, Lysias hat euch von seinen
Reden aufgetischt?
Phaidros: Du sollst's erfahren, wenn du so weit Muße
hast, weiter zu gehen und zu hören.
Sokrates: Wieso? Glaubst du denn nicht, daß es mir
mit Pindaros zu reden, auch über ein dringend Geschäft selbst gehe, deinen und des Lysias
Zeitvertreib zu hören?
Phaidros: So gehe denn zu!
Sokrates: Und du magst reden!
Phaidros: Und gewiß, o Sokrates, wohl steht dir das
Hören an. Denn die Rede, mit der wir uns die Zeit
vertrieben, war, ich weiß selbst nicht auf welche
Weise, eine Liebesrede. Lysias nämlich hat da von
irgend einem der Schönen geschrieben, der versucht wird, nicht aber durch einen Liebhaber.
Allein eben dies ist ja auch das Feine daran! Nämlich
er sagt, man müsse sich lieber dem Nichtverliebten
gefällig zeigen als dem Verliebten.
Sokrates: O der Edle! Daß er doch geschrieben hätte,
man solle es einem Armen lieber als einem Reichen, und einem Älteren lieber als einem Jüngeren,
und was sonst bei mir und den meisten von uns zutrifft! Ja, das wären einmal hübsche und
gemeinnützige Reden! Ich freilich bin nun so begierig geworden zu hören, daß, wenn du auch, um deinen
Spaziergang zu machen, bis nach Megara gingest
und, wie Herodikos rät, an der Mauer angekommen
wieder umkehrtest, ich dich doch nicht verlassen
würde.
Phaidros: Wie sagst du, mein bester Sokrates?
Glaubst du, was Lysias in vieler Zeit mit Muße
verfaßt hat, er, der Gewaltigste im Schreiben unter
allen jetzt Lebenden, - das werde ich Laie aus dem
Gedächtnis hersagen können auf eine seiner würdige Weise? Dazu fehlt mir doch noch vieles;
wiewohl ich es lieber wollte als viel Gold.
Sokrates: O Phaidros, ich müßte ja mich selbst vergessen haben, wenn ich den Phaidros nicht kennte!
Aber das ist denn beides nicht der Fall. Gar wohl
weiß ich, daß der, wenn er eine Rede des Lysias
hörte, sie nicht nur ein mal hörte, sondern daß er
sie sich öfters und wiederholt sagen ließ, dieser
aber ihm bereitwillig Folge leistete. Allein ihm war
auch das nicht genügend, sondern zu guter Letzt
hat er das Schriftchen zur Hand genommen und
das, worauf er am meisten begierig war, noch nachgesehen. Und in diesem Geschäft vom frühen
Morgen an sitzend, hat er sich endlich losgesagt, um
einen Spaziergang anzutreten, so zwar, daß er, wie
ich glaube, beim Hunde, die Rede schon auswendig
wußte, wenn es nicht eine gar zu lange war. Vor
die Stadtmauer hinaus aber nahm er seinen Weg,
um sie einzuüben. Da begegnete er nun dem
Manne, der an der Sucht, Reden zu hören, krank
ist, und kaum hat er ihn erblickt, so freute er sich
schon, daß er nun einen Mitschwärmer haben
würde, und hieß ihn zugehen. Als ihn aber nun der
Redenliebhaber zu reden bat, tat er spröde, als ob
er gar nicht zu reden begehrte. Zu guter Letzt aber
würde er, wenn einer nicht gutwillig hören wollte,
noch Gewalt brauchen, um herzusagen. Du nun, o
Phaidros, bitte ihn, daß er lieber jetzt schon tue,
was er doch jedenfalls in Bälde tun wird!
Phaidros: Wahrhaftig, da ist es das Allerbeste für
mich, eben zu sprechen, so gut ich kann; wirst du
mich ja doch, wie du mir vorkommst, unter keinen
Umständen loslassen, ehe ich, wie es auch gehen
mag, rede.
Sokrates: Und ganz mit Wahrheit komme ich dir so
vor.
Phaidros: Nun, ich will es denn so machen. Denn
wirklich, o Sokrates, die Worte habe ich schlechterdings nicht auswendig gelernt; dagegen dem
Sinn nach will ich so ziemlich alles, worin, wie er
sagte, der Stand des Verliebten von dem des Nichtverliebten sich
unterscheidet, in Umrissen eines
nach dem anderen auseinandersetzen und dabei von
vorn anfangen.
Sokrates: Ja, mein Schatz, aber erst, wenn du zuvor
sehen läßt, was du da in der linken Hand hast unter
dem Mantel. Denn ich vermute fast, du hast die
Rede selbst. Wenn aber dies der Fall ist, so denke
so von mir, daß ich dich zwar sehr liebe, aber wenn
Lysias selbst zugegen ist, ganz und gar nicht gewillt bin, mich
dir zum Einüben herzugeben.
Wohlan denn, laß sehen!
Phaidros: Halt ein! Zunichte gemacht hast du mir die
Hoffnung, o Sokrates, die ich hatte, meine Stärke
an dir versuchen zu dürfen! - Aber wo willst du
nun, daß wir niedersitzen und lesen?
Sokrates: Wir wollen hier abbiegend den Ilissos hinabgehn;
dann können wir, wo es uns gut dünkt, in
Ruhe uns niedersetzen.
Phaidros: Zum Glück, wie es scheint, bin ich gerade
unbeschuht. Du bist es ja allezeit! Das Einfachste
nun ist es für uns, die Füße benetzend das Wässerlein hinabzugehen,
und auch nicht unangenehm ist
es zumal in dieser Jahres- und Tageszeit.
Sokrates: So gehe zu und sieh dich zugleich um, wo
wir uns niedersetzen können!
Phaidros: Nun, siehst du dort jene höchste Platane?
Sokrates: Wie sollte ich nicht?
Phaidros: Dort ist sowohl Schatten als auch ein mäßiger
Luftzug, auch Rasen, um uns niederzusetzen
oder, wenn wir lieber wollen, uns niederzulegen!
Sokrates: So magst du nur zugehen!
Phaidros: Sage mir, o Sokrates, erzählt man nicht,
von hier aus irgendwo am Ilissos habe Boreas die
Oreithyia geraubt?
Sokrates: So erzählt man.
Phaidros: Vielleicht also von hier aus? Gefällig wenigstens
und rein und durchsichtig ist das Wässerlein anzusehen, und recht
geeignet für Mädchen, an
ihm zu spielen.
Sokrates: Nicht doch, sondern ungefähr zwei oder
drei Stadien weiter unten, wo wir zum Heiligtum
der Agra hinübergehen; auch ist dort irgendwo ein
Altar des Boreas.
Phaidros: Das habe ich nicht genau gewußt. Aber
sage, beim Zeus, o Sokrates, glaubst du, daß diese
Sage wahr sei?
Sokrates: Nun, wenn ich's auch nicht glaubte, wie die
Weisen, wäre ich darum doch nicht verlegen. Ich
würde dann weise erörternd sagen, ein Windstoß
des Boreas habe sie, wie sie mit der Pharmakeia
spielte, über die nahen Felsen hinabgetrieben, und
weil sie auf diese Art ums Leben gekommen, habe
man erzählt, sie sei vom Boreas geraubt worden. (Oder vom Areiopagos aus, denn auch so wird die
Sache wiedererzählt: sie sei von dort, nicht von hier
aus geraubt worden.) Ich aber, o Phaidros, halte
nun dergleichen Dinge zwar im übrigen für etwas
ganz Hübsches, dabei aber für die Sache eines sehr
starken und sich gern abmühenden Geistes, der
auch nicht eben glücklich zu preisen ist, nicht zwar
in anderer Beziehung, aber weil er nach diesem
notwendig die Gestalt der Hippokentauren zurechtbringen muß, und
wieder die der Chimaira. Und
dann strömt ein ganzer Pöbel von derartigen Gorgonen und Pegasen
herbei, dazu die Haufen und
Verlegenheiten gewisser anderer schwierigen und
unbegreiflichen Wundernaturen; so daß, wenn einer
ungläubig jedes einzelne auf das Wahrscheinliche
zurückführen will, er sich mit einer etwas derb beschaffenen Weisheit
befassen muß, die ihn viele
Muße kosten wird. Ich jedoch habe dazu keineswegs Muße. Die Ursache
hiervon, mein Lieber, ist
diese: Noch immer bin ich nicht soweit, dem Delphischen Spruch
gemäß mich selber zu kennen. Da
scheint es mir nun lächerlich, solange man noch in
dieser Hinsicht keine Erkenntnis hat, nach Anderweitigem zu sehen.
Deshalb lasse ich denn derlei
Dinge beiseite; indem ich aber das annehme, was
darüber allgemein geglaubt wird, sehe ich, wie ich
jetzt eben gesagt habe, nicht nach diesen Dingen,
sondern nach mir selber, ob ich wohl auch so ein
Tier sei, gar noch viel verschlungener und ungemütlicher als Typhon,
oder ein sanfteres und einfacheres Lebewesen, das eines göttlichen
und von
Ungetümlichem freien Wesens von Natur teilhaftig
ist. - Aber, mein Freund, ein Wort dazwischen, -
war nicht dieses der Baum, zu dem du uns führen
wolltest?
Phaidros: Ja, eben dieser.
Sokrates: Bei der Hera, freilich ein schöner Ruhepunkt!
Diese Platane so dicht und weithin verzweigt und hoch, und des
Gesträuches Höhe und
schattiges Düster so überaus schön, und wie es gerade in voller
Blüte steht, daß es den Ort mit dem
süßesten Duft erfüllt! Und zudem fließt unter der
Platane die gefälligste Quelle gar frischen Wassers,
wie man es mit dem Fuße prüfend empfindet. Nach
diesen Figuren und Bildern scheint hier auch ein
Heiligtum einiger Nymphen und des Acheloos zu
sein. Und willst du noch weiter beachten, wie lieblich und überaus
angenehm ist das Wehen der Luft
hier, deren sommerlicher Hauch sich hell tönend in
den Chor der Zikaden mischt! Das Allerfeinste aber
ist der Rasen, gerade so sanft geneigt, um, wenn
man sich niederlegt, das Haupt gar schön ruhen zu
lassen. Ja, aufs beste hast du mich, den Fremdling,
geführt, mein lieber Phaidros!
Phaidros: Aber, wirklich, o du Bewundernswürdiger,
du erscheinst als ein ganz seltsamer Mensch. Denn
geradezu, wie du sagst, einem Fremdling gleichst
du, der sich herumführen läßt, nicht einem Einheimischen. So gar
nicht kommst du aus der Stadt
weder über die Grenze, noch, wie es scheint, gehst
du auch nur über die Stadtmauer hinaus.
Sokrates: Halt mir's zu gut, mein Bester! Ich bin eben
lernlustig. Die Felder und die Bäume nun wollen
mich nichts lehren, wohl aber die Menschen in der
Stadt. Du jedoch hast, wie mir vorkommt, das Zaubermittel gefunden,
mich zum Ausgehen zu bringen. Denn wie die Leute die hungernden
Tiere dadurch führen, daß sie ihnen Laub oder irgend eine
Frucht vorstreuen, so könntest du mich, indem du
mir Schriftchen mit Reden vorhältst, sichtbar in
ganz Attika herumführen, und wohin du sonst noch
wolltest. Für jetzt aber gedenke ich, nun ich hier
angekommen bin, mich niederzulegen; du aber
nimm die Stellung ein, in der du am bequemsten
lesen zu können glaubst, und lies!
Phaidros: Höre denn!
»Meine Verhältnisse zwar kennst du nun, und, wie
ich glaube, daß es uns vorteilhaft sei, wenn dieses
geschieht, hast du gehört. Indessen sollte ich, wie
ich billig erachte, mit dem, was ich bitte, darum
noch nicht unglücklich sein, weil ich nicht gerade
dein Liebhaber bin. Diese nämlich reut alsbald,
was sie Gutes erzeigt, sobald sie ihre Begierde befriedigt haben;
für jene aber gibt es keine Zeit, in
der es ihnen zulässig wäre, anderen Sinnes zu werden. Denn nicht
infolge einer Nötigung, sondern
freiwillig, wie es ihnen in Betracht der eigenen
Umstände am geratensten sein mag, erzeigen sie
Gutes nach Maßgabe ihres Vermögens. Überdies
bringen die Verliebten in Anschlag, was sie der
Liebe wegen in ihren eigenen Angelegenheiten
schlimm bestellt, wie das, was sie Gutes erzeigt
haben, und indem sie noch hinzurechnen, was sie
für Mühe gehabt haben, glauben sie, den Geliebten
längst den gebührenden Dank erstattet zu haben.
Den Nichtverliebten aber ist es nicht möglich,
weder eine daher rührende Vernachlässigung der
eigenen Umstände vorzuschützen, noch die gehabten Mühen in Anrechnung
zu bringen, noch auch
die Zerwürfnisse mit den Verwandten vorzurücken;
so daß, da so vieles Schlimme für sie wegfällt,
ihnen nichts übrigbleibt, als das gerne zu tun,
durch dessen Leistung sie glauben, sich jenen gefällig zeigen
zu können. Überdies, wenn es billig
sein soll, daß man die Verliebten deswegen hoch
schätze, weil sie versichern, denen, die sie lieben,
am meisten freundlich gesinnt zu sein, und weil sie
bereit seien, mit Worten und Werken, auch wenn
sie mit anderen darum sich verfeinden, den Geliebten sich gefällig
zu zeigen, - so ist, ob sie die
Wahrheit reden, leicht daraus abzunehmen, daß sie
alle diejenigen, in welche sie sich etwa später verlieben, höher
als jene schätzen und, wenn es diesen
gut dünkte, jenen sicher auch Böses tun werden.
Indessen, ist es auch nur halbwegs vernünftig,
einem Menschen so etwas zu gestatten, der ein
Übel an sich hat, das zu beseitigen ein dessen Kundiger auch nicht
einmal den Versuch machen
würde? Denn, wie sie auch selbst zugeben, sind sie
mehr krank als gesunden Sinnes, wissen auch, daß
es mit ihrem Verstand schlimm steht, können sich
aber eben nicht selbst beherrschen. Wie könnten
sie daher, wenn es mit ihrem Verstande wieder gut
steht, das für das Rechte halten, was sie in solchem
Gemütszustand wollen? Ja, auch dürfte dir, wenn
du unter den Verliebten den Besten auswählen
wolltest, nur unter wenigen, wenn aber unter den
übrigen den dir Passendsten, unter vielen die Wahl
bleiben, so daß weit mehr Hoffnung vorhanden ist,
unter den vielen den zu finden, der deiner Freundschaft würdig
ist.
Sodann, wenn du dich vor der Stimme der öffentlichen Meinung fürchtest,
es möchte dir, wo die
Leute es erfahren, zum Schimpf gereichen, so ist es
wohl natürlich, daß die Verliebten, welche glauben,
daß auch andere Leute so eifersüchtig auf sie seien,
wie sie es unter einander sind, sich versucht fühlen,
davon zu sprechen, und eine Ehre darin suchen, vor
jedermann zu zeigen, daß sie sich nicht vergeblich
bemüht haben; die Nichtverliebten aber, weil sie
Herr über sich sind, das wirklich Gute erwählen
statt des Rühmens unter den Leuten. Überdies aber
geschieht es notwendig, daß viele erfahren und
sehen, wie die Verliebten den Geliebten nachgehen
und sich dies eigentlich zum Geschäft machen, so
daß sie glauben, wenn man sie sich mit einander
unterreden sieht, sie gesellen sich Zusammen entweder wegen geschehener
oder wegen beabsichtigter Befriedigung ihrer Begierde: den Nichtverliebten
aber versuchen sie nicht einmal, wegen ihrer
Gesellschaft einen Vorwurf zu machen, indem sie
wissen, daß es manchmal notwendig ist, sich mit
jemand zu unterreden, sei es aus Freundschaft oder
sonst irgend eines Vergnügens wegen. Ja, und
wenn dich Besorgnis anwandelt bei dem Gedanken,
wie schwer es hält, daß eine Freundschaft von
Dauer sei, und daß nun in anderen Fällen zwar bei
entstehendem Zerwürfnis das Übel beide Teile gemeinsam treffe,
hier aber, wo du das, was du am
höchsten schätzest, preisgegeben, dir ein großer
Schaden erwachse: so hast du wohl natürlich die
Verliebten mehr zu fürchten. Denn gar vieles gibt
es, was sie kränkt, und alles, glauben sie, gereiche
zu ihrem Schaden. Daher sie auch die Geliebten
von den Gesellschaften mit anderen Leuten abwendig zu machen suchen,
weil sie fürchten, die, welche Vermögen besitzen, möchten sie
durch ihr Geld
überbieten, die Gebildeten aber es ihnen an Einsicht zuvortun;
und wo jemand sonst ein Gut besitzt, dessen Einfluß suchen sie
jedesmal zu begegnen. Überreden sie dich nun, dich mit diesen
zu
verfeinden, so machen sie, daß du ohne Freunde
einsam stehst; wenn du aber, dein eigenes Interesse
ins Auge fassend, es besser mit dir meinst als sie,
so wirst du in Zerwürfnis mit ihnen geraten. Alle
die aber, welche nicht gerade verliebt sind, sondern
durch Tugend erlangen, was sie wünschen, werden
andere Gesellschafter ohne Neid betrachten; vielmehr werden sie
solche, welche sich nicht anschließen wollen, hassen, indem sie
glauben, von diesen
verächtlich angesehen zu werden, von jenen Gesellschaftern aber
Nutzen zu ziehen. Und so ist weit
mehr Hoffnung vorhanden, daß ihnen Freundschaft
als Feindschaft aus diesem Verhältnis erwachsen
werde.
Ja, viele von den Verliebten verlangen vorher nach
dem sinnlichen Genuß, ehe sie den Charakter kennengelernt und
über die sonstigen Umstände etwas
in Erfahrung gebracht haben, so daß es unsicher
ist, ob sie auch dann noch werden Freunde sein
wollen, wenn sie ihre Begierde befriedigt haben;
bei den Nichtverliebten aber, die erst, nachdem sie
lange vorher gegenseitig Freunde gewesen, diesen
Zweck erreichen, ist anzunehmen, daß das, was
ihnen Genuß bereitet, ihre Freundschaft nicht verringern, sondern
daß es ihnen ein Erinnerungspfand
für Künftiges sein werde. Ja, es wird dir auch dazu
verhelfen, besser zu werden, wenn du lieber mir als
einem Liebhaber Gehör schenkst. Denn diese loben
sowohl Reden als Handlungen auch dem wirklich
Guten zuwider, teils weil sie besorgen, sie möchten
sich verfeinden, teils weil ihre Erkenntnis wirklich
selbst infolge der Begierde verschlechtert ist. Denn
darin zeigt sich die Liebe! Sie bewirkt, daß den
Unglücklichen auch das, was anderen Leuten keine
Kränkung bereitet, niederschlagend erscheint, während sie die
Glücklichen nötigt, daß auch dem, was
des Vergnügens nicht wert ist, von ihnen Lob gespendet wird, so
daß es weit mehr in der Ordnung
ist, die Geliebten zu bemitleiden, als sie zu beneiden. Wenn du
aber mir Gehör schenkst, so werde
ich vorerst als dein Gesellschafter nicht die Lust
des Augenblicks, sondern den Vorteil der Zukunft
bedenken, nicht von Liebe überwältigt, sondern
mich selbst beherrschend, auch nicht über Geringes
starke Feindschaft erhebend, sondern selbst über
Großes langsam einen kleinen Zorn äußernd, für
Unabsichtliches Nachsicht habend, Absichtliches
aber abzuwenden versuchend. Denn dieses sind die
Kennzeichen einer auf lange Zeit dauernden
Freundschaft. Wenn dir aber das Bedenken kommt,
eine starke Freundschaft sei nicht möglich, wenn
einer nicht gerade verliebt ist, so mußt du beherzigen, daß wir
dann auch weder unsere Söhne noch
auch die Väter und die Mütter hoch schätzen, noch
auch treue Freunde besitzen könnten, deren Verhältnis zu uns ja
nicht in einer solchen Leidenschaft
wurzelt, sondern in ganz anderen Lebensbeziehungen.
Überdies, - wenn man gerade den Bedürftigen am
meisten sich gefällig zeigen soll, so ist es in der
Ordnung, daß auch die anderen nicht den Besten,
sondern den Mittellosesten Gutes erzeigen; denn
von den größten Übeln erlöst, werden diese ihnen
auch am meisten Dank wissen. Ja, auch zu ihren
häuslichen Gastereien müßten sie billigerweise
nicht die Freunde einladen, sondern die Bettelnden
und der Sättigung Bedürftigen. Denn diese werden
ihnen ergeben sein und ihnen nachgehen und vor
ihre Türen kommen und am meisten Freude bezeigen und gar nicht
kleinen Dank wissen und ihnen
vieles Gute anwünschen. Aber gewiß ist es in der
Ordnung, nicht denen, die sehr bedürftig sind, sich
gefällig zu zeigen, sondern denen, die auch am meisten imstande
sind, ihren Dank abzutragen, auch
nicht denen, die nur verliebt, sondern denen, die der
Sache wert sind, nicht solchen, die nur deine Jugendblüte genießen
wollen, sondern denen, die dir
auch, wenn du älter wirst, von ihren Gütern mitteilen werden;
nicht denen, die, wenn sie ihren Zweck
erreicht haben, gegen andere sich dessen rühmen,
sondern die verschämt gegen jedermann Schweigen
beobachten werden; nicht denen, die nur kurze Zeit
sich Mühe geben, sondern die das ganze Leben
hindurch in gleichem Maße Freunde sein werden;
nicht denen, die, wenn sie ihre Begierde befriedigt
haben, einen Vorwand zur Feindschaft suchen, sondern die, wenn
die Zeit der Jugendblüte vorüber ist,
dann ihre Tugend bewähren werden.
Du nun bleibe des Gesagten eingedenk und beherzige auch das noch,
daß die Verliebten von ihren
Freunden darüber zurechtgewiesen werden, als
wäre ihre Lebensrichtung eine schlechte, während
die Nichtverliebten noch nie einer ihrer Angehörigen getadelt
hat, als ob sie deswegen sich selbst
schlecht berieten. - Vielleicht aber möchtest du
mich nun fragen, ob ich dich ermahne, allen Nichtverliebten dich
gefällig zu zeigen? Indessen auch
der Verliebte, glaube ich, wird dich nicht heißen,
gegen alle Verliebten diese Gesinnung zu hegen.
Denn das würde weder ihm, wenn er es vernünftig
auffaßt, gleich dankenswert erscheinen, noch würde
dir, wenn du es vor anderen Leuten verborgen
haben willst, dieses ebenso möglich sein. Es soll
aber daraus keinerlei Schaden, sondern Vorteil für
beide erwachsen. - Ich nun denke, das Gesagte soll
hinreichend sein; wenn du aber noch etwas vermissest, das du übergangen
glaubst, so frage!«
Was dünkt dir von der Rede, o Sokrates? Nicht
wahr, daß sie außerordentlich wie im übrigen, so
besonders in den Ausdrücken gehalten ist?
Sokrates: Wundervoll, freilich, mein Freund, so daß
ich ganz aufgeregt bin. Und zwar geriet ich deinetwegen, nämlich
indem ich dich ansah, in diesen
Zustand, o Phaidros, weil du mir während des
Vorlesens über der Rede von Freude ganz zu glänzen schienst. Denn
da ich der Ansicht bin, daß du
in solchen Dingen mehr Erfahrung hast als ich, so
folgte ich dir, und dir folgend ward ich auch verzückt mit dir,
dem göttlichen Haupt!
Phaidros: Gut! So scherzest du also, wie es scheint?
Sokrates: Nun denn, zu scherzen scheine ich dir und
nicht ganz ernsthaft zu sein?
Phaidros: Nicht doch, o Sokrates! Aber wahrhaftig,
sage, beim Zeus der Freundschaft, glaubst du, daß
irgend ein anderer der Hellenen anderes. Größeres
und mehr als dieses über denselben Gegenstand zu
sagen wüßte?
Sokrates: Wieso? Soll auch in dieser Hinsicht die
Rede von mir wie von dir gelobt werden, als ob der
Verfasser das Nötige gesagt habe, also nicht nur in
jener Beziehung, daß nämlich jeder einzelne Ausdruck deutlich
und abgerundet und gründlich ausgedrechselt ist? Wenn es denn
sein muß, muß man
es eben dir zu Gefallen einräumen, da es mir bei
meiner Nichtigkeit freilich entgangen ist. Ich habe
nämlich den Sinn nur auf das Rednerische daran
gerichtet; daß dies aber befriedigend sei, würde,
glaubte ich, Lysias selbst nicht einmal glauben.
Auch kam es mir sogar vor, o Phaidros, wenn du
nicht etwa anders meinst, er habe zwei- und dreimal das Gleiche
gesagt, als wäre er nicht eben sehr
bei Mitteln, über den gleichen Gegenstand vieles
zu reden, oder vielleicht, daß es ihm auch gerade
darum nicht zu tun war! Und so kam er mir dann
vor wie ein jugendlicher Prahler, der zeigen will,
daß er imstande sei, etwas das eine Mal so, das andere Mal anders
besprechend, beidemal aufs beste
zu reden.
Phaidros: Damit ist nichts gesagt, o Sokrates! Denn
gerade jenes ist in der Rede vorzugsweise enthalten. Denn was
der Gegenstand des Vertrags Würdiges an sich hat, von dem hat
sie nichts übergangen,
so daß neben dem von ihm Vorgetragenen niemand
irgend anderes, mehr und Bedeutenderes sagen
kann.
Sokrates: Hierin werde ich nun nicht mehr imstande
sein, dir Glauben zu schenken; denn weise Männer
und Frauen aus alter Zeit, die über den gleichen
Gegenstand geredet und geschrieben haben, werden
mich widerlegen, wenn ich das aus Gefälligkeit
gegen dich einräume.
Phaidros: Welche denn? Und wo hast du Besseres
von ihnen gehört?
Sokrates: Das kann ich jetzt nicht nur so hinsagen;
sicher aber habe ich es von einigen gehört, sei es
etwa von der schönen Sappho oder dem weisen
Anakreon, oder auch von einigen Prosaschriftstellern. Nun, was
mich zu dieser Behauptung
berechtigt? Voll ja tragend die Brust, o Wunderbarer, fühle ich,
daß ich neben jenem wohl anderes
und nicht Schlechteres zu sagen haben dürfte. Daß
ich nun von mir selbst gewiß nichts von diesen
Dingen begriffen habe, weiß ich wohl, meiner Unwissenheit bewußt.
So bleibt denn, glaube ich, nur
übrig, daß ich irgend aus fremden Bächen durch
das Gehör erfüllt worden bin gleich einem Gefäß;
aus Trägheit aber habe ich selbst auch das wieder
vergessen, wie und von welchen ich es gehört habe.
Phaidros: Aber, o du Edelster, das hast du ja aufs
schönste gesagt. Denn von welchen und wie du es
gehört hast, sollst du mir nicht einmal, wenn ich es
von dir verlangen würde, sagen; das aber eben, was
du sagst, sollst du tun! Anderes und Besseres und
nicht weniger als das, was in dem Schriftchen steht,
versprich mir zu sagen, dich jenes enthaltend, und
ich verspreche dir, wie die neun Archonten, eine
goldene lebensgroße Bildsäule nach Delphoi zu
stiften, nicht nur von mir, sondern auch die deinige.
Sokrates: Du bist doch ein lieber und wahrhaft goldener
Mann, o Phaidros, wenn du glaubst, ich sage,
daß es Lysias in allem verfehlt habe, und daß es
gar möglich sei, noch neben dem allem ganz anderes zu sagen. Dieses
aber, glaube ich, wird auch
dem heillosesten Schriftsteller nicht widerfahren.
Um gleich zur Sache, von der die Rede handelt, zu
kommen, - welcher Redner, glaubst du, der davon
spricht, daß man einem Nichtverliebten eher sich
gefällig zeigen müsse als einem Verliebten, wenn
er dabei unterläßt, was sich doch notwendig von
selbst darbietet, des einen Vernünftigkeit zu rühmen und des anderen
Nichtvernünftigkeit zu tadeln,
werde da hernach wohl noch anderes zu sprechen
wissen? Indessen glaube ich, daß man dergleichen
dem Sprechenden überlassen und nachsehen muß.
Auch hat man bei dergleichen Punkten nicht die Erfindung, sondern
die Anordnung, bei denen dagegen, die nicht notwendig gegeben
und darum
schwer zu finden sind, neben der Anordnung auch
die Erfindung zu loben.
Phaidros: Ich räume ein, was du sprichst; denn du
scheinst mir billig geredet zu haben. Und ich will
es nun ebenso halten. Daß der Verliebte in einem
krankhafteren Zustand sei als der Nichtverliebte,
das will ich dir als Voraussetzung zugeben; was
aber das übrige anbelangt, - wenn du jetzt anderes,
mehr und Bedeutenderes als das des Lysias sagst,
sollst du neben dem Weihegeschenk der Kypseliden mit dem Hammer
gearbeitet zu Olympia stehen!
Sokrates: Du wirst ja ganz ernsthaft, o Phaidros, weil
ich deinen Liebling angerührt habe, um dich zu
necken, und glaubst gar, daß ich in Wahrheit es
versuchen werde, neben seiner Weisheit etwas anderes. Zierlicheres
zu sagen!
Phaidros: Was dies betrifft, mein Freund, so bist du
jetzt in die gleiche Enge geraten. Denn reden mußt
du schlechterdings so gut, als du es vermagst.
Damit wir aber nicht genötigt sind, in der lästigen
Art der Komödienspieler zu verkehren, indem wir's
einander gegenseitig immer wieder zuschieben, so
nimm dich in acht, und wolle mich nicht nötigen zu
sagen jenes: »Ich müßte mich ja selbst vergessen
haben, wenn ich, o Sokrates, den Sokrates nicht
kennte,« und das, »daß er zwar zu reden Lust hatte,
aber spröde tat«; sondern überlege, daß wir nicht
von hier weggehen, bevor du sagst, was du in der
Brust zu tragen versichert hast! Wir sind jetzt zu
zweien allein hier und an einsamem Ort, ich aber
bin der Stärkere und Jüngere! Aus dem allen merke
dir, was ich sagen will, und wolle doch ja nicht lieber durch Gewalt gezwungen, als freiwillig reden!
Sokrates: Aber, mein seliger Phaidros, ich werde
mich lächerlich machen, wenn neben einem Meister
ich Laie aus dem Stegreife über den gleichen Gegenstand rede.
Phaidros: Weißt du was? - Höre auf, dich gegen
mich zu zieren; denn ich habe etwas in Bereitschaft, das, wenn ich es sage, dich nötigen wird zu
sprechen!
Sokrates: O sag' es doch ja nicht!
Phaidros: Nein, sondern ich spreche es jetzt erst aus.
Das Wort aber soll mir ein Eidschwur sein! Ich
schwöre dir nämlich, - bei wem doch, bei welchem
der Götter? Oder willst du, bei der Platane da? -
wahrlich, wenn du mir nicht angesichts eben dieser
Platane da die Rede sagst, daß ich dir niemals mehr
irgend eine andere Rede von irgend jemand weder
zeigen noch etwas daraus mitteilen werde!
Sokrates: Wehe, du gottloser Mensch! Wie gut hast
du das Zwangsmittel gefunden für einen redeliebenden Mann, zu tun, was du gebietest!
Phaidros: Was hast du denn, daß du dich noch
sträubst?
Sokrates: Nichts mehr freilich, nachdem du dieses geschworen hast! Denn wie wäre ich imstande, mich
solchen Festessens zu enthalten?
Phaidros: So sprich denn!
Sokrates: Weißt du nun, wie ich es halten werde?
Phaidros: Inwiefern?
Sokrates: Verhüllt will ich sprechen, damit ich die
Rede so schnell als möglich durchrenne und nicht
vor Scham in Stocken gerate, wenn ich auf dich
blicke!
Phaidros: So sprich nur: im übrigen mach's, wie du
willst!
Sokrates: Wohlan denn, ihr Musen, sei es, daß ihr
von des Gesanges Weise die silberstimmigen seid
oder von dem tonreichen Geschlecht der ligyschen
Silberschwäne diesen Beinamen habt, - greift mit
mir an der Märe Werk, die dieser Trefflichste mich
zu sprechen nötigt, damit sein Freund, der ihm
auch Zuvor schon weise zu sein schien, es ihm jetzt
noch mehr scheinen möge!
Also es war einmal ein Knabe, oder vielmehr ein
Jüngelchen, der war sehr hübsch und hatte gar viele
Liebhaber. Einer von diesen aber war ein schlauer
Kopf, der, obschon so gut als einer verliebt, doch
dem Knaben einredete, er sei nicht verliebt. Und
als er ihm einst mit Bitten anlag, suchte er ihm
gerne das glauben zu machen, daß man dem Nichtverliebten vor dem Verliebten sich gefällig zeigen
müsse. Er sprach aber also:
In allem, mein Knabe, gibt es nur einen Anfang für
die, welche sich auf die rechte Weise beraten wollen. Man muß wissen, worüber die Beratung
stattfinden soll, sonst verfehlt man notwendig das
Ganze. Den meisten aber pflegt es zu entgehen, daß
sie das Wesen des Gegenstandes nicht wissen. Als
ob sie es nun wüßten, verständigen sie sich nicht
im Anfang der Untersuchung darüber, und indem
sie weitergehen, bezahlen sie die gebührende Strafe. Denn weder mit sich selbst noch unter einander
sind sie im Einverständnis. Mir nun und dir möge
ja nicht begegnen, was wir anderen zum Vorwurf
machen: sondern da nun dir und mir die Frage vorliegt, ob man lieber mit einem Verliebten oder
einem, der es nicht ist, ein Verhältnis der Freundschaft eingehen solle, so wollen wir zuvor über die
Liebe, was sie sei und welche Kraft sie habe, zur
Verständigung eine Bestimmung festsetzen und im
Hinblick hierauf und mit Beziehung hierauf die
Untersuchung anstellen, ob sie Nutzen oder ob sie
Schaden bringe.
Daß nun die Liebe eine Begierde sei, ist jedermann
klar; wiederum daß auch Nichtverliebte der Schönen begehren, wissen wir. Woran nun werden wir
den Verliebten und den, der es nicht ist, unterscheiden? Wiederum muß man beachten, daß in jedem
von uns zwei herrschende und leitende Kräfte sind,
denen wir folgen, wohin sie uns leiten: die eine, die
von der Natur uns eingepflanzte Begierde nach
Vergnügungen, die andere eine erworbene, auf das
Gute gerichtete Denkweise. Diese beiden nun sind
in uns bald einträchtig, bald zwiespältig, und das
eine Mal überwiegt diese, das andere Mal jene.
Wenn nun die Denkweise durch Vernunft zu dem
Guten leitet und überwiegt, so hat diese überwiegende Kraft den Namen Besonnenheit; wenn aber
die Begierde vernunftlos zu Vergnügungen hin-
treibt und in uns herrschend wird, so wird dieser
herrschende Trieb Ausschweifung genannt. Die
Ausschweifung aber ist nun etwas Vielnamiges;
denn sie ist etwas Vielgliedriges und Vielartiges.
Und welche von diesen Arten gerade sich besonders geltend macht, deren Name bestimmt die
Benennung dessen, der sie an sich hat, ein Name, der
weder schön noch besitzenswert ist. Denn die Be-
gierde, die auf den Genuß von Speisen gehend die
bessere Vernunft und die anderen Begierden über-
wiegt, wird als Schlemmerei bezeichnet und wird
dem, der sie an sich hat, dieselbe Bezeichnung verleihen. Welches Beiwort ihr aber, wenn sie auf den
Trunk gehend schaltet und waltet und den, der sie
besitzt, in diese Bahn leitet, zuteil werden wird, ist
klar, und so ist auch, was die übrigen mit diesen
verschwisterten Namen verschwisterter Begierden
betrifft, voraus klar, welchen man der jedesmal obwaltenden gebührenderweise zu geben hat. Um
welcher willen aber alles Bisherige gesagt worden,
das ist bereits ziemlich bekannt, wird aber ausgesprochen doch noch deutlicher werden, als nicht
ausgesprochen: Die Begierde nämlich, welche, der
Vernunft bar, die nach dem Rechten strebende
Denkweise überwiegend, zur Lust an der Schönheit
verleitet und sofort von den ihr verwandten Begier-
den zur Schönheit des Leibes mit lebendiger Kraft
getrieben wird diese siegende Triebkraft hat eben
von diesem lebenskräftigen Triebe den Namen und
heißt Liebe. - Aber, mein lieber Phaidros, kommt
es dir nicht wie mir selber vor, als ob mich ein
göttlicher Zustand angewandelt habe?
Phaidros: Allerdings, o Sokrates, hat dich eben ungewohnterweise ein gewisser Redefluß ergriffen.
Sokrates: So höre mir schweigend weiter zu! Denn
wirklich göttlich scheint der Ort zu sein; so daß du
also, wenn ich im Verlauf der Rede etwa manchmal
ein Nymphenbesessener würde, dich nicht wundern
darfst; denn jetzt schon bin ich nicht weit mehr von
dithyrambischer Weise!
Phaidros: Sehr wahr sprichst du.
Sokrates: Ja, und daran bist du schuld. - Aber höre
das übrige! Vielleicht mag sich das, was mich angekommen, noch ablenken lassen! Nun, dies sei
des Gottes Sorge überlassen; wir aber wollen mit
der Rede wieder an den Knaben kommen.
Wohl, mein Schätzbarster, was also der Gegenstand sei, worüber beraten werden soll, ist gesagt
und bestimmt worden. Indem wir nun dieses im
Auge behalten, wollen wir weiter besprechen, welcher Nutzen oder Schaden sich sowohl von dem
Verliebten als von dem, der es nicht ist, wahrscheinlicherweise für den ergeben werde, der sich
gefällig erzeigt. Gewiß ist es nun für den von der
Begierde Beherrschten lind der Lust Dienenden
doch wohl eine Notwendigkeit, den Geliebten sich
so angenehm als möglich zuzubereiten. Angenehm
aber ist einem Kranken alles, was ihm nicht widerstrebt. Besseres aber und Gleiches widerwärtig.
Weder besser also noch sich gleich wird der Lieb-
haber den Liebling gerne haben mögen, wohl aber
suchen, ihn immer geringer und mangelhafter zu
machen. Geringer aber ist der Unwissende als der
Weise, der Feige als der Mannhafte, der des Redens Unfähige als der Redekundige, der
Geistesträge als der Denkgeübte. An solchen und noch
mehreren das Geistesleben berührenden Übeln
muß nun, wenn der Geliebte davon betroffen wird
oder von Natur damit behaftet ist, der Liebhaber
notwendig teils seine Freude haben, teils sie ihm
selbst zu bereiten suchen, oder aber auf das Angenehme des Augenblicks verzichten. Er muß also
notwendig neidisch sein und ihm dadurch einen
großen Schaden verursachen, daß er ihn von anderen und nützlichen Gesellschaften, durch die er am
ehesten zum Manne gebildet würde - , den größten aber dadurch, daß er ihn auch von derjenigen
auszuschließen sucht, durch die er vielleicht zur
höchsten Erkenntnis gebracht würde. Dieses aber
ist eben gerade die göttliche Philosophie, von der
der Liebhaber den Liebling notwendig fern abschließen muß, in der großen Besorgnis,
Gegenstand seiner Verachtung zu werden, wie er
überhaupt auch in anderen Beziehungen es darauf
anlegen muß, daß jener, in allem unwissend und
mit seinen Blicken auf den Liebhaber gerichtet, in
einem Bildungsstand bleibe, der zwar diesem sehr
angenehm, ihm selbst aber sehr verderblich sein
dürfte. In dem also, was das Geistesleben betrifft,
ist ein Mann, der Liebe hegt, als Leiter wie als Genösse nimmermehr förderlich.
Wie aber nun und in welcher Richtung der, welcher
der Nötigung unterliegt, dem Angenehmen statt
dem Guten nachzujagen, das Befinden und die
Pflege des Körpers, dessen er Herr geworden, besorgen werde, dies müssen wir nächstdem
betrachten. Da wird man ihn nun sehen, wie er einem
weichlichen Menschen nachläuft, nicht einem kräftigen, nicht einem, der im hellen Sonnenschein,
sondern der im dumpfen Schatten aufgewachsen
ist, männlicher Mühen und sauren Schweißes unkundig, kundig aber zärtlicher und unmännlicher
Lebensweise, gewöhnt in Ermangelung eigener mit
fremder Farbe und Schminke sich zu schminken,
überhaupt eifrig bemüht um alles das, was hiermit
weiter zusammenhängt. Das ist bekannt, und es ist
nicht der Mühe wert, uns noch des weiteren darauf
einzulassen, sondern wir können, es kurz in einem
Satz zusammenfassend, zu anderem übergehen:
Nämlich wo der Körper so beschaffen ist, da werden sowohl im Krieg als in anderen, wenn auch
noch so großen Notfällen die Feinde ebenso mutvoll, als die Freunde und die Liebhaber selbst
furchtsam sein. Dieses also wollen wir nun als bekannt auf sich beruhen lassen.
Nach der Ordnung aber haben wir nun davon zu
reden, welchen Nutzen oder welchen Schaden uns
der Umgang und die Leitung eines Verliebten hinsichtlich des Besitzes bringen werde? Deutlich ist
da nun jedem, am meisten dem Liebhaber, daß er
vor allem wünschen müsse, der Geliebte möchte
von den teuersten und holdesten und göttlichsten
Besitztümern entblößt sein. Denn er muß es wohl
gerne sehen, wenn dieser Vater und Mutter und Anverwandte und Freunde verliert, da er sie als Störer
und Tadler des angenehmsten Verkehrs mit ihm betrachtet. Aber gar einen, der Vermögen hat an Gold
und sonst anderem Besitz, wird er gewiß weder
ebenso leicht fesseln, noch wenn er gefesselt ist,
ebenso leicht behandeln zu können glauben als
einen, der nichts besitzt. Woraus ganz notwendig
folgt, daß der Liebhaber mißgünstig zusieht, wenn
sein Liebling Vermögen besitzt, sich aber darüber
freut, wenn es ihm zugrunde geht. Überdies muß
der Liebhaber demgemäß wünschen, daß sein Liebling möglichst lange Zeit ehelos, kinderlos, ohne
eigenes Hauswesen bleibe, wenn er sein Süßes
möglichst lange Zeit zu genießen wünscht.
Es gibt nun zwar auch noch andere Übel; aber den
meisten hat irgend ein Dämon für Augenblicke eine
Annehmlichkeit beigemischt. So dem Schmeichler,
einem argen Untier und großen Verderben, hat
doch die Natur eine nicht eben unfeine Annehmlichkeit beigemischt. Auch eine Hetäre könnte einer
als etwas Verderbliches tadeln, und von dem so gearteten Gezücht und derlei Berufsweisen noch
manches andere, das denn doch imstande ist, auf etliche
Stunden sehr großen Genuß zu bereiten. Dagegen
ein Liebhaber ist für den Liebling, abgesehen von
dem Verderblichen, zum stündlichen Zusammenleben auch etwas überaus Unangenehmes. Denn
gleich und gleich gesellt sich gern, wie der alte
Spruch sagt, auch hinsichtlich des Alters. Denn die
Gleichheit im Alter, glaube ich, indem sie zu gleichen Vergnügungen leitet, bewirkt durch
Ähnlichkeit Freundschaft; und doch zieht auch der gesellige Verkehr solcher Überdruß nach sich. Vollends
nun gar der Zwang ist, wie es heißt, allen in allem
etwas Lästiges; dieser aber findet ja neben jener
Unähnlichkeit am meisten im Verhältnis eines
Liebhabers zum Liebling statt. Denn als Gesellschafter dem Jüngeren verbunden, verläßt der
Ältere ihn weder bei Tag noch bei Nacht gerne, sondern
er wird durch einen inneren Zwang und Stachel getrieben, dessen Wirkung ihm zwar unausgesetzt
Vergnügen bereitet, indem er den Geliebten sieht,
hört, berührt und gleichsam mit ganzer Empfindungskraft ihn empfindet, so daß er, an seine Ferse
geheftet, mit Lust ihm dienstbar ist. Aber was für
eine Befriedigung oder welche Vergnügungen kann
er dem Geliebten bereiten, um zu bewirken, daß
diesem seine Gesellschaft während der gleichen
Zeit nicht Mißvergnügen im äußersten Grade ein-
flöße, wenn er das gealterte und nicht mehr in der
Blüte stehende Gesicht ansieht, womit aber noch
anderes im Gefolge geht, was auch nur in Worten
aussprechen zu hören nicht eben erquicklich ist, geschweige in Wirklichkeit fortwährend in
gezwungener Berührung damit zu sein; wenn er ferner von
argwöhnischen Wachen sich auf jedem Schritt und
Tritt und gegen jedermann bewacht sieht und un-
zeitige und übertriebene Lobsprüche, wie aber im
gleichen Maße Äußerungen des Tadels hört, die
von einem Nüchternen schon unerträglich sind,
aber nicht nur unerträglich, sondern schändlich von
einem Berauschten, der dabei eine anwidernde und
sich breit machende Freimütigkeit an den Tag legt?
Und ist er nun, solange er verliebt ist, verderblich
und unangenehm, so wird er, wenn er der Liebe los
ist, für die folgende Zeit treulos, auf welche er
durch viele und mit vielen Eiden und Bitten bekräftigte Versprechungen den Geliebten vertröstete, um
ihn mühsam hinzuhalten, die ihm damals schon lästige Gesellschaft in Hoffnung von Vorteilen zu er-
tragen. Denn nun er's bezahlen soll, hat er in sei-
nem Innern einen anderen Gebieter und Vorsteher,
nämlich die Vernunft und die Besonnenheit gegen
die Liebe und den Wahnsinn überkommen und ist
dem Liebling unbemerkt ein anderer geworden. -
Dieser zwar verlangt nun den Dank für das Damalige, indem er an das Getane und Gesprochene
erinnert, als ob er noch mit dem nämlichen Menschen
redete. Jener aber wagt es aus Scham weder zu
sagen, daß er ein anderer geworden, noch weiß er,
wie er die Eidschwüre und Versprechungen aus der
früheren Zeit der vernunftlosen Herrschaft, nach-
dem er jetzt seine Vernunft erlangt und zur Besinnung gekommen ist, durch die Tat erfüllen soll, um
nicht, indem er seinem früheren Menschen entsprechend handelt, diesem ähnlich und wieder derselbe
zu werden. Als Flüchtling nun entzieht er sich dieser Lage, und nachdem das Blatt sich gewendet hat,
reißt er, der Liebhaber von ehemals, notgedrungen
aus und begibt sich veränderten Sinnes auf die
Flucht. Jener aber ist nun genötigt, ihn mit Unwillen und Verwünschungen zu verfolgen, weil er im
allgemeinen von Anfang an nicht erkannt hat, daß
man einem verliebten und deshalb notgedrungen
unvernünftigen Menschen sich ja niemals gefällig
zeigen müsse, sondern weit eher einem nicht ver-
liebten und seine Vernunft besitzenden; wo nicht,
trete die notwendige Folge ein, daß man sich einem
Menschen hingebe, der treulos ist, grämlich, neidisch, unangenehm, verderblich für das Vermögen,
verderblich für das Befinden des Körpers, aber
weit am verderblichsten für die Bildung der Seele,
die doch ein solches Gut ist, daß es für Menschen
und Götter in Wahrheit ein kostbareres weder gibt
noch jemals geben wird. - Dieses also mußt du, o
Knabe, bedenken und wissen, die Freundschaft
eines Liebhabers wurzelt nicht in guter Gesinnung;
sondern nur wie einer Art Speise der Sättigung
wegen, tun
So, wie Wölfe dem Lamm, Verliebte freundlich dem
Knaben.
Das ist es nun, o Phaidros, - und nicht weiter mehr
sollst du mich reden hören, sondern hier schon soll
dir meine Rede ein Ende nehmen.
Phaidros: Und doch glaubte ich, sie sei erst zur Hälfte fertig und werde nun in der gleichen Weise von
dem Nichtverliebten reden, daß man diesem sich
eher gefällig zeigen soll, davon sprechend, was für
Gutes dagegen dieser an sich habe. Nun aber, o Sokrates, warum hörst du denn jetzt auf?
Sokrates: Merktest du nicht, o Seliger, daß ich schon
in epischen Versen rede und nicht mehr nur in Dithyramben, und doch bin ich noch am Tadeln?
Wenn ich nun daran käme, den anderen zu loben,
was, glaubst du, würde ich dann erst machen?
Weißt du, daß ich von den Nymphen, denen du
mich recht mit Vorbedacht preisgegeben hast, dann
sicher werde begeistert werden? Ich sage es daher
mit einem Wort, daß von allem dem, was wir dem
einen zur Schmähung vorgebracht haben, bei dem
anderen gerade das gegenteilige Gute zutreffe.
Wozu denn auch viele Worte machen? Über beide
ist genug gesagt; und so mag denn der Märe widerfahren, was ihr zu widerfahren gebührt; ich aber
gehe nun durch diesen Fluß und wieder fort, bevor
ich von dir zu etwas Größerem gezwungen werde.
Phaidros: Doch jetzt noch nicht, o Sokrates, ehe die
Hitze vorüber ist! Oder siehst du nicht, daß es eben
Mittag, die Sonne, wie man sagt, zum Stehen gekommen ist? Wir wollen schon noch bleiben und
über das Gesagte mit einander sprechen; wir gehen
dann, sobald es kühl geworden ist!
Sokrates: Fürwahr, göttlich bist du mit Reden, und
geradezu bewundernswert! Denn ich glaube, niemand hat von den zu deinen Lebzeiten geborenen
einer größeren Zahl zur Geburt verholfen als du,
sei es daß du selbst gesprochen oder andere auf irgend welche Weise dazu genötigt hast. Den
Thebaner Simmias nehme ich aus; unter den übrigen aber
stehst du unbedingt oben an. Und bereits wieder
scheinst du mir Anlaß geworden zu sein, daß eine
Rede gehalten werden muß!
Phaidros: Nun, darüber bekommen wir keine Händel!
Aber wie denn und was für eine Rede?
Sokrates: Als ich vorhin, mein Guter, durch den Fluß
gehen wollte, hat sich mir das Daimonion und das
Zeichen, das mir zu werden pflegt, gezeigt - es will
mich aber jedesmal abhalten von etwas, was ich
gerade tun will -, und es war mir, als ob ich eine
Stimme von dort her hörte, die mich nicht weggehen lassen will, bevor ich mich gereinigt haben
werde, wie einer, der sich an dem Göttlichen versündigt hat. Nun bin ich immerhin ein Wahrsager,
nicht zwar einer vom Fach, aber doch so weit, daß
ich, wie die, welche schlecht schreiben, mir selbst
genug bin. Deutlich erkenne ich daher bereits die
Sünde. Ja, mein Freund, auch die Seele ist doch
wirklich etwas Wahrsagerisches! Denn auch zuvor
schon, während ich die Rede sprach, beunruhigte
mich etwas, und scheuen Blickes sah ich, mit Ibykos zu reden, ob ich nicht, gegen Götter
strauchelnd, Ruhm bei Menschen tausche. Nun aber
habe ich die Sünde eingesehen.
Phaidros: Was willst du aber damit sagen?
Sokrates: Eine arge, o Phaidros, eine arge Rede hast
du erst selbst hierhergebracht und dann auch mich
genötigt zu sagen!
Phaidros: Wie denn?
Sokrates: Eine einfältige und mitunter gottlose; wie
könnte es eine ärgere als diese geben?
Phaidros: Nimmermehr, wofern du Wahres sprichst.
Sokrates: Wie denn? Glaubst du nicht, daß Eros der
Sohn der Aphrodite ist und ein Gott?
Phaidros: So wird wenigstens behauptet.
Sokrates: Aber von Lysias wenigstens nicht, noch
von deiner Rede, die durch meinen von dir verzauberten Mund gesprochen worden ist. Wenn aber
Eros ist, wie er es denn ist, ein Gott oder etwas
Göttliches, so kann er wohl nichts Schlechtes sein.
Die beiden Reden aber vorhin redeten von ihm, als
wäre er dieser Art. Und hierin also versündigten sie
sich gegen den Eros. Dazu nun die ihnen eigene gar
hübsche Einfalt, nämlich, obgleich sie nichts Gesundes noch Wahres sagten, vornehm zu tun, als
wären sie etwas, weil sie da ein Paar Männlein
täuschten und ihnen wohl gefielen. Mir also, mein
Lieber, tut es not, gereinigt zu werden. Es gibt aber
für die, welche hinsichtlich der Götterlehre sich
versündigen, eine alte Reinigung, die zwar
Homeros nicht kannte, wohl aber Stesichoros.
Denn als er des Gesichts beraubt ward wegen sei-
ner Schmährede gegen die Helena, blieb ihm nicht,
wie dem Homeros, die Ursache unbekannt; sondern
als ein Mann der Musen erkannte er sie und dichtete da gleich sein
Nein, nicht ist sie wahr, diese Rede,
Nie bestiegst du Schiffe mit gutem Bord,
Kamst nicht in die Pergama Troias!
Und kaum hatte er die sogenannte Palinodie ganz
gedichtet, ward er alsbald wieder sehend. Ich nun
will in diesem ganz gleichen Fall weiser als diese
sein: Denn ehe mir etwas zustößt wegen der
Schmährede gegen den Eros, will ich versuchen,
ihm die Palinodie zu bezahlen, mit entblößtem
Haupt und nicht wie damals aus Scham mich ver-
hüllend.
Phaidros: Es gibt nichts Angenehmeres, o Sokrates,
was du mir sagen könntest, als dieses.
Sokrates: Denn du begreifst doch, mein guter Phaidros, wie schamlos die beiden Reden vorgetragen
worden sind, die letzte sowohl als die aus dem
Schriftchen vorgetragene? Denn wenn irgend ein
adeliger und von Gemütsart sanfter Mann, der
einen anderen von derselben Art liebt oder auch
früher einmal geliebt hat, uns zufällig sagen hörte,
daß Liebhaber über Kleines große Feindschaften
erheben und gegen ihre Lieblinge sich neidisch und
verderblich verhalten: wie? meinst du nicht, daß er
würde Leute zu hören glauben, die etwa unter Matrosen aufgewachsen seien und nie eine edle Liebe
gesehen haben, und daß er weit entfernt sein würde,
uns in dem, worüber wir den Eros tadelten, beizustimmen?
Phaidros: Wohl möglich, beim Zeus, o Sokrates!
Sokrates: Weil ich mich also nun vor einem solchen
schäme und vor dem Eros selbst mich fürchte, begehre ich durch eine genießbare Rede gleichsam die
salzige Ohrenspeise wegzuspülen. Zugleich rate ich
aber auch dem Lysias, sobald als möglich darüber
zu schreiben, daß man einem Liebhaber eher als
einem Nichtverliebten unter sonst gleichen Verhältnissen sich gefällig zeigen müsse.
Phaidros: Sei überzeugt, daß es gewiß so kommen
wird; denn nachdem du das Lob des Liebhabers gesagt hast, so ist es ganz notwendig, daß Lysias von
mir genötigt werde, wiederum über das gleiche eine
Rede zu schreiben.
Sokrates: Das glaube ich auch,
solange du der bist, der du bist.
Phaidros: So rede denn getrost!
Sokrates: Wo ist mir doch der Knabe geblichen, zu
dem ich gesprochen habe? Damit er auch hiervon
Kunde erhalte und nicht etwa unkundig sich übereile, dem Nichtverliebten sich gefällig zu zeigen.
Phaidros: Der ist immer bei dir, und recht nahe, wenn
du es willst.
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