Den Teil der Seele nun aber, welcher nach
Speise und Trank begehrt und nach allem, was ihm die
Natur des Leibes zum Bedürfnisse macht, verlegten
sie in den Raum zwischen dem Zwerchfell und der
Nabelgegend, nachdem sie gleichsam eine Krippe
in dieser ganzen Räumlichkeit für die Nahrung des
Körpers angefertigt hatten, und banden denn jenes
Wesen hier an, wie ein wildes Tier, das aber wegen
der Verbindung, in welcher es mit dem Ganzen
steht, notwendig ernährt werden mußte, wenn einmal ein Geschlecht sterblicher Wesen entstehen
sollte. Damit es also immer an der Krippe weiden
könne und so entfernt als möglich von dem beratenden Teile der Seele wohne und demzufolge
möglichst wenig Lärm und Geschrei erhebe, vielmehr
jenen edelsten Teil in Ruhe über das gemeinsame
Wohl des Ganzen mit sich zu Rate gehen lasse, aus
diesem Grunde wiesen sie ihm hier seine Stelle an.
Weil sie aber wußten, daß es die Vernunft nicht
verstehen würde, und daß, wenn es ja einmal von
irgend welchen vernünftigen Vorstellungen eine
Art von Empfindung bekäme, es doch nicht in seiner Art liegen würde, auf sie zu achten, sondern
daß es von Schatten- und Trugbildern bei Tage und
bei Nacht fortwährend verlockt werden würde, so
setzte Gott, indem er eben hierauf sein Absehen
richtete, das Gebilde der Leber zusammen und
fügte sie in die Behausung jenes Wesens ein, und
zwar bildete er sie dicht, glatt, glänzend, süß und
zugleich mit Bitterkeit versehen, damit in ihr wie in
einem Spiegel, welcher Abdrücke der Gegenstände
aufnimmt und so deren Bilder dem Auge wiedergibt, die Macht der aus der Vernunft kommenden
Gedanken sich abspiegle und so teils jenes Seelenwesen schrecke, sooft sie sich strenge und drohend
naht, indem sie sich des derselben beigegebenen
bitteren Teiles bedient, um ihn mit Heftigkeit durch
die ganze Leber zu verbreiten, und so gallichte Farben in ihr zum Vorschein bringt und sie in allen
ihren Teilen zusammendrängt und dadurch runzlig
und rauh macht, teils dadurch, daß sie ihren Lappen aus seiner geraden Lage umbiegt und
zusammenzieht und ihre Gefäße und ihre Pforte verstopft
und verschließt, ihm auch wirkliches Leiden und
Unbehagen verursache, und damit ferner auch umgekehrt, wenn vielmehr ein milder Anhauch des
Gedankens Bilder der entgegengesetzten Art in ihr
abspiegelt, derselbe ihm vor der Bitterkeit Ruhe
verschaffe, indem er diese seiner eignen Natur entgegengesetzte Substanz weder aufregen noch auch
nur berühren mag, und vielmehr der Süßigkeit,
welche der Leber eingepflanzt ist, sich bediene, um
so auf letztere zu wirken, daß alle ihre Teile ihre
gerade und regelmäßige Lage, ihre Glätte und Freiheit erhalten, und so jenem um sie herum
wohnenden Teile der Seele Heiterkeit und Wohlbefinden
und bei Nacht einen angemessenen Zeitvertreib,
das Weissagen im Schlafe, verleihe, da er nun einmal an Vernunft und Einsicht keinen Teil erhielt.
Denn eingedenk jenes ihnen von ihrem Vater
gewordenen Auftrags, dem Menschengeschlechte
nach Kräften die möglichste Vollendung zu geben,
strebten unsere Bildner demgemäß auch das Niedrige in uns zu heben und gründeten daher, um es
doch wenigstens in gewisser Weise mit der Wahrheit in Berührung treten zu lassen, in ihm den Sitz
der Weissagung. Einen hinlänglichen Beweis aber
dafür, daß Gott die Seherkunst wirklich mit dem
bewußtlosen Teile der Menschenseele verknüpft
hat, bietet der Umstand dar, daß keiner, der seines
Bewußtseins mächtig, eines gottbegeisterten und
wahren Seherspruchs fähig ist, sondern man zu dieser Befähigung nur entweder im Schlafe, wo also
die Denkkraft gebunden ist, oder dann gelangt,
wenn man durch Krankheit oder eine Art von Verzückung die Besinnung verloren hat, und daß
sodann im Gegensätze dazu diese im Traum oder
Wachen von der Seherkraft und verzückten Begeisterung eingegebenen Aussprüche aufzufassen,
indem man sie sich in die Erinnerung zurückruft,
und alle die in jenem Zustande wahrgenommenen
Bilder durch verständiges Nachdenken zu zergliedern, um danach zu entscheiden, inwieweit und für
wen sie etwas zukünftiges, vergangenes oder gegenwärtiges Gutes oder Schlimmes bedeuten,
vielmehr die Sache eines seiner Besinnung Mächtigen
und dagegen die des in jenen wahnsinnartigen
Zustand Geratenen und noch in ihm Befindlichen
es nicht ist, die Erscheinungen, welche er gehabt,
und die Worte, welche er gesprochen hat, zu deuten, sondern von alter Zeit her und mit Recht
behauptet wird, daß nur im besonnenen Zustande der
Mensch der Beurteiler seiner selbst und seiner
Handlungen und der wirkliche Urheber der letzteren ist. Daher ist es denn auch Brauch, die
sogenannten Propheten in den Orakelstätten als Deuter
den gottbegeisterten Sehern beizuordnen, welche
zwar von manchen selbst Seher genannt werden,
aber nur von solchen, die ganz und gar nicht wissen, daß sie nur Ausleger der rätselhaften
Aussprüche und Erscheinungen und keineswegs Wahrsager,
mit vollem Rechte aber Propheten, d.h. Dolmetscher der Weissagenden, zu heißen verdienen. Die
Leber hat also aus diesem Grunde eine solche Beschaffenheit und den angegebenen Ort empfangen,
nämlich zum Zwecke der Weissagung. Und zwar
gibt sie dieser ihrer Einrichtung gemäß nur in dem
noch lebenden Körper deutlichere Anzeichen; des
Lebens beraubt dagegen wird sie blind und gibt
dunklere Weissagungen, als daß sie irgend etwas
Deutliches durch sie anzeigen könnte. Das Eingeweide aber, welches sich zu ihrer Linken befindet,
ist um ihretwillen zusammengefügt und dorthin
versetzt, um sie nämlich stets blank und rein zu
erhalten, gleichsam wie ein für einen Spiegel verfertigtes und immer neben ihm bereitliegendes
Wischtuch. Daher wischt denn auch, sobald Unreinigkeiten infolge von Krankheiten des Körpers sich
in der Leber erzeugen, die lockere Milz, als ein
hohles und blutloses Gewebe, sie alle hinweg und
nimmt sie auf, so daß sie infolge ihrer Anfüllung
mit diesen hinweggenommenen Unreinigkeiten
übermäßig sich ausdehnt und anschwillt und erst,
wenn der Körper gereinigt ist, sich wieder verkleinert und zu ihrem früheren Umfange
zusammenschrumpft.
Das die Seele Betreffende nun, nämlich wieviel
Sterbliches und wieviel Göttliches sie enthält, und
ferner wie und in welchen Organen und warum
beide Teile gesondert von einander ihre Wohnsitze
erhielten, der Wahrheit gemäß angegeben zu
haben, das dürften wir wohl nur dann, wenn Gott
selbst uns seine Zustimmung dazu gäbe, versichern; daß jedoch wenigstens das Wahrscheinliche
hierüber von uns vorgebracht worden, das dürfen
wir sowohl schon jetzt, als auch bei noch näherer
Betrachtung zu behaupten wagen und wollen es
hiermit behauptet haben. Es ist daher jetzt das zunächst hieran sich Anschließende weiter zu
verfolgen: dies ist aber die Frage, wie der noch übrige
Teil des Körpers entstanden ist. Ihm nun dürfte es
vor allem zukommen, folgender Überlegung gemäß
zusammengesetzt zu sein:
Die Bildner unseres Geschlechts erkannten nämlich die Unmäßigkeit im Essen und Trinken voraus,
welche bei uns herrschen würde, so daß wir aus
Schlemmerei viel mehr, als hinlänglich und notwendig wäre, zu uns nehmen würden. Damit also
nicht ein schneller Untergang des menschlichen
Geschlechts eintrete und es hinstürbe, noch ehe es
vollendet wäre, bildeten sie, um dem vorzusehen,
als einen Behälter zur Aufnahme der überschüssigen Speisen und Getränke die sogenannte untere
Bauchhöhle und legten in ihr die Windungen der
Gedärme im Kreise herum, damit nicht ein schnelles Hindurchgehen der Nahrung durch diese
Höhlung dem Körper schnell wieder das Bedürfnis
nach neuer Nahrung aufnötigte und so durch Erzeugung unersättlicher Freßgier das ganze Geschlecht
der Liebe zur Wissenschaft und Kunst entfremde
und taub mache gegen die Stimme des Göttlichsten
in uns.
Mit den Knochen aber und dem Fleisch und
allem, was dahin gehört, ging es folgendermaßen
zu: Dies alles hat in der Entstehung des Markes
auch seinen Ursprung. Denn die Bänder des Lebens, welche die Seele mit dem Körper vereinigen,
sind in ihm zusammengeknüpft und geben so
gleichsam dem menschlichen Geschlechte seine
Wurzel; das Mark selbst aber ist aus anderen Bestandteilen hervorgegangen. So viele nämlich von
den Elementardreiecken völlig regelmäßig und glatt
und so am meisten dazu geeignet waren, Feuer,
Wasser, Luft und Erde genau darzustellen, diese
sonderte Gott einzeln von ihren Gattungen für sich
aus, mischte sie nach richtigem Verhältnis mit einander und bildete aus ihnen das Mark, um in
diesem die Gesamtmasse des Samens für das ganze
Geschlecht der sterblichen Wesen zu bereiten,
pflanzte dem Mark dann die drei Seelengeschlechter ein und befestigte sie, und in so viel und
solcherlei Gestalten, als es nach seinen besonderen
Arten empfangen sollte, gliederte er es gleich bei
dieser anfänglichen Verteilung. Und zwar denjenigen Teil desselben, welcher wie ein Saatfeld den
göttlichen Samen in sich tragen sollte, bildete er
von allen Seiten rund und nannte ihn Gehirn oder
Kopfmark, weil nach Vollendung jedes lebendigen
Wesens das ihn einschließende Gefäß der Kopfsein
sollte. Den Teil dagegen, welcher die übrigen
sterblichen Bestandteile der Seele in sich enthalten
sollte, gliederte er in eine zugleich runde und längliche Gestalt und benannte dies alles Mark im
engeren Sinne, und nachdem er hieran wie an einen
Anker die Bänder der ganzen Seele befestigt hatte,
bildete er nun um dieses Mark herum unseren ganzen Körper, indem er zuerst für dasselbe eine es
umkleidende knöcherne Decke zusammenfügte.
Den Knochen aber bildete er folgendermaßen: Er
siebte Erde durch, so daß sie rein und glatt wurde,
und feuchtete sie dann mit hinzugemischtem Mark
an, brachte sie hierauf ins Feuer und tauchte sie sodann in Wasser ein und abermals in Feuer und
wieder in Wasser, bis er sie endlich durch oftmaliges
Hinübertragen aus dem einen in das andere unschmelzbar für beide gemacht hatte. Dieser Masse
nun bediente er sich sodann, um aus ihr rings um
das Gehirn herum eine knöcherne Kugel zu drehen;
doch ließ er in ihr einen schmalen Ausgang. Und
zur Umgebung des Nacken- wie des Rückenmarkes
bildete er Wirbel aus jener Masse, die er wie Türangeln vom Kopfe an durch den ganzen
Oberkörper unter einander ausspannte. Und so umschloß er
den ganzen Samen zu seinem Schutze mit einer
steinartigen Umhegung und brachte Gelenke in dieser an, um ihr Bewegungs- und Biegungsfähigkeit
mitzuteilen, indem er sich hierzu der Einfügung
einer Substanz bediente, welche vorzugsweise den
Charakter des »Anderen« an sich trug. Weil er aber
glaubte, daß die Knochen doch von allzu harter und
unbiegsamer Beschaffenheit seien und überdies
durch den in ihnen vorgehenden Wechsel von
Erhitzung und Abkühlung leicht brandig werden
und so bald den in ihnen befindlichen Samen verderben würden, so bereitete er demgemäß die
Sehnen und das Fleisch; jene, um durch sie alle Glieder mit einander zu verbinden und dem Körper
Biegsamkeit um die Angeln und Ausdehnbarkeit
vermöge ihres Anspannens und Nachlassens zu
geben; das Fleisch aber sollte sowohl als ein Abwehrungsmittel gegen die Hitze wie als ein Schutz
gegen die Kälte dienen, überdies auch beim Fallen
ähnliche Dienste leisten, wie aus Filz verfertigte
Gegenstände, indem es weich und schmiegsam dem
Drucke der Körper nachgäbe, und sollte vermöge
der warmen Feuchtigkeit, die es in sich enthalte, im
Sommer durch Schweiß und Nässe auf seiner Oberfläche dem ganzen Leibe eine angemessene
Kühlung verschaffen, im Winter aber wiederum durch
seine innere Wärme den von außen andringenden
und den Körper umlagernden Frost hinlänglichermaßen abhalten. In dieser Erwägung gab unser
Bildner demselben dadurch, daß er es durch eine
Zutat von einem aus sauren und salzigen Substanzen verbundenen Gärungsstoffe zu einer
angemessenen Mischung von Wasser, Feuer und Erde zusammensetzte, seine saftige und weiche
Beschaffenheit. Die Sehnen aber mischte er aus Knochen
und ungesäuertem Fleische zusammen, so daß sie
durch diese Vereinigung aus beiden eine mittlere
Beschaffenheit annahmen, und gab ihnen eine
gelbe Farbe. Infolgedessen wurden die Sehnen
straffer und zäher als Fleisch, aber weicher und
feuchter als Knochen.
Mit beiden (Fleisch und Sehnen) umfaßte nun
Gott Knochen und Mark in der Weise, daß er zunächst die Knochen unter einander mittelst der
Sehnen verband und sodann dies alles mit Fleisch
überdeckte. Und zwar umkleidete er dabei alle diejenigen Knochen, welche am meisten von der
Beseelung in sich trugen, mit dem wenigsten, die
aber, deren Inneres am seelenlosesten war, mit dem
weichsten und dichtesten Fleisch. Und ebenso ließ
er auch an den Gelenken der Knochen, wo nicht die
Überlegung eine Notwendigkeit dazu aufwies,
wenig Fleisch wachsen, damit es weder den Biegungen hinderlich wäre und so die Körper schwer
beweglich und damit unbehilflich mache, noch
auch (wie dies hätte geschehen müssen), wenn es
allzu massenweise aufgehäuft und an einander gedrängt worden wäre, durch seine Festigkeit die
Empfindung hemme und dadurch auch die Schärfe
des Gedächtnisses und der Denkkraft abstumpfe.
Daher sind denn sowohl die Schenkel und Schienbeine und die Hüftengegend sowie die Knochen der
Ober- und Unterarme und alle sonstigen Teile an
uns, die keine Gelenke haben, als auch alle diejenigen Knochen, welche in ihrem Marke nur wenig
Seele haben und deshalb leer an Einsicht sind, insgesamt reichlich mit Fleisch bedeckt, alle, in denen
die Einsicht ihren Sitz hat, dagegen weniger, es sei
denn, daß Gott einmal eine Fleischmasse ganz für
sich allein so zusammensetzte, daß sie der Empfindung dienen konnte, wie namentlich die Zunge.
Meistens aber gilt die obige Regel; denn eine nach
den Gesetzen der blinden Notwendigkeit entstehende und fortbestehende Wesenheit kann nun
einmal nicht zugleich dicke Knochen und vieles
Fleisch und doch dabei Feinheit der Empfindungen
besitzen. Denn hätte sich beides mit einander verbinden lassen, so würde diese Verbindung am
allermeisten dem Kopfe bei seiner Einrichtung zuteil
geworden sein, da, wenn das Menschengeschlecht
einen fleischigen, sehnigen und starken Kopf auf
seinem Rumpfe trüge, ihm sicher ein doppelt und
vielmals so langes, gesünderes und schmerzenfreieres Leben zu eigen geworden wäre. Nun aber
kamen die Werkmeister unserer Entstehung bei
ihrer Überlegung, ob sie ein längerlebendes
schlechteres oder ein kürzerlebendes besseres Geschlecht schaffen sollten, einstimmig zu der
Ansicht, daß einem längeren, aber schlechteren ein
kürzeres, aber besseres Leben für ein jedes Wesen
in jedem Falle vorzuziehen sei, und demzufolge bedeckten sie denn den Kopf wohl mit einem dünnen
Knochen, nicht aber mit Fleisch und Sehnen, wie er
denn ja auch keine Biegungen hatte. Und so wurde
diesem allen gemäß der Kopf als ein zwar reicher,
mit Empfindung und Vernunft begabter, aber auch
weit schwächerer Teil dem Leibe eines jeden Menschen aufgesetzt. Die Sehnen aber heftete Gott aus
den obigen Gründen und in der obigen Weise teils
ganz gleichmäßig am Ende des Kopfes rings um
den Hals herum an und verband durch sie die
Enden der Kinnladen unterhalb des Antlitzes, teils
verteilte er sie entsprechend durch alle Gliedmaßen
zur gegenseitigen Verknüpfung der Gelenke. Unsern Mund aber versahen die Urheber unserer
Ausstattung mit seiner gegenwärtigen Einrichtung von
Zähnen, Zunge und Lippen, so wie sie die gemeinsame Rücksicht auf das von der bloßen
Notwendigkeit Gebotene und auf das Beste an die Hand gab,
indem sie bei diesem ihrem Werke den Eingang der
ersteren, den Ausgang aber der letzteren Ursache
zuwiesen; denn der bloßen Notwendigkeit gehört
die Einrichtung für alles dasjenige an, was in den
Mund eingeht, um dem Körper Nahrung zu geben;
der Fluß der Rede aber, welcher vom Munde ausgeht und dem Gedanken dient, ist der schönste und
beste von allen Flüssen. Ferner nun war es weder
möglich, den Kopf bloß aus nacktem Knochen bestehen zu lassen, wegen des Übermaßes in der
Witterung, welches die Jahreszeiten nach entgegengesetzter Seite hin mit sich bringen, noch auch mit
anzusehen, wenn er durch eine ganz dichte Bedeckung stumpf und unempfindlich würde infolge
der Masse des Fleisches. Es war nun von der
Fleischsubstanz da, wo sie austrocknete, eine beträchtliche Rinde, die sich von ihr aussonderte, zu
rückgeblieben, das, was man jetzt Haut nennt; und
mit dieser Rinde, die durch die Feuchtigkeit aus der
Umgebung des Gehirnes Zusammenhalt und
Wachstum erhielt, umkleidete Gott ringsherum den
Kopf, und indem nun jene Feuchtigkeit durch die
Kopfnähte aufstieg, schloß sie durch fortwährendes
Benetzen diese über den Scheitel gleichsam wie in
einen Knoten zusammen. Jene mancherlei Nähte
aber sind entstanden durch das Gegeneinanderwirken der Seelenumläufe und der aufgenommenen
Nahrungsmittel, und zwar in größerer Zahl, wenn
dieser Kampf ein stärkerer, in geringerer, wenn er
ein schwächerer ist. Diese ganze Haut nun ward
von der Gottheit hierauf rings herum mit Feuer
durchstechen, worauf denn von der nunmehr aus
diesen vielen kleinen Stichwunden an ihre Oberfläche hervortreibenden warmen Feuchtigkeit alle unvermischten Teile sich entfernten, alle diejenigen
dagegen, welche aus denselben Bestandteilen wie
die Haut zusammengesetzt waren, zwar von dem
Triebe nach außen in die Höhe gehoben wurden
und sich so in einer gleichen Feinheit, wie der
Durchstich, in die Länge ausdehnten, aber wegen
der Langsamkeit dieser ihrer Bewegung von der äußeren Luft zurückgestoßen und wieder nach dem
Inneren der Haut zu hinabgedrängt wurden, bis sie
in ihr festwurzelten. Und zufolge dieser Vorgänge
sind die Haare auf der Haut erwachsen, riemenartig und insofern von verwandter Beschaffenheit mit
der Haut selber, aber härter und von dichteren Teilen vermöge des Druckes der Kälte, welchen jedes
Haar infolge des mit seiner Entfernung von der
Haut notwendig eintretenden Verlustes seiner
Wärme erfuhr. So hat denn mit ihnen unser Schöpfer unserem Kopfe seine rauhe Bekleidung gegeben
mit Anwendung der beschriebenen Ursachen und in
der Erwägung, daß sie an der Stelle des Fleisches
ihm zur Sicherung des Gehirnes eine leichte Bedeckung liefern sollten, welche im Sommer wie im
Winter ihm Schatten und Schutz zu gewähren geeignet sein und dabei doch der Leichtigkeit seines
Empfindens kein Hindernis in den Weg legen
würde.
Bei der Verflechtung aber von Sehnen, Haut und
Knochen, aus welcher die Finger entstanden,
trocknete gleichfalls ein Teil dieser dreiteiligen Mischung aus, und es bildete sich so eine allen dreien
gemeinsam angehörige harte Haut, die zwar vermöge dieser mitwirkenden Ursachen zubereitet, aber
doch in Wahrheit durch die eigentlich so zu nennende Ursache In Rücksicht auf die späteren Entwicklungen hervorgerufen ward. Denn daß einst
aus Männern Weiber und selbst Tiere werden soll
ten, das wußten unsere Bildner wohl, und ebenso
erkannten sie auch, daß viele von den Tieren der
Nägel, und zwar zu vielen Dingen, bedürfen würden, und daher bildeten sie diese den Menschen
gleich bei ihrer Entstehung an. Aus solchem Grunde und zu solchen Zwecken ließen sie Haut, Haare
und Nägel teils auf der Oberfläche des Körpers,
teils an den Enden der Glieder wachsen.
Da nun so alle Teile und Gliedmaßen des sterblichen belebten Wesens zusammengewachsen waren,
die Notwendigkeit aber es mit sich brachte, daß an
Feuer und Luft sein Lebensprozeß gebunden war,
und daß es deshalb in zerstörender Weise von
jenem zerschmolzen und von dieser ausgesogen
wurde, so bereiteten die Götter ihm hiergegen eine
Abhilfe: sie erzeugen nämlich eine der menschlichen verwandte Natur, die sie aber mit einer anderen Gestalt und anderen Empfindungen ausrüsten,
so daß sie zu einer anderen Art von sterblichen
belebten Wesen ward. Es sind dies nämlich die
Bäume und Pflanzen mit ihren Samen und Früchten, welche jetzt durch die Pflege des Landbaus
veredelt und gleichsam gezähmt und an uns gewöhnt sind, während es vormals nur die wilden
Gattungen gab, die ja älter sind als die veredelten.
Alles nämlich, was nur irgend am Leben teil hat,
wird auch mit vollem Rechte ein lebendiges Wesen
genannt werden; es hat ja aber alles eben Erwähnte
wenigstens an jener dritten Art von Seele teil, welche nach unserer Erörterung zwischen Zwerchfell
und Nabel ihren Sitz hat und zwar nichts von Vorstellung, Überlegung und Vernunft, wohl aber
Empfindung des Angenehmen und Unangenehmen
nebst Begierden in sich trägt. Denn alles, was
Pflanze heißt, ist fortwährend allen äußeren Einwirkungen ausgesetzt; dagegen einen inneren
Kreislauf zu vollziehen, indem sie die von außen
kommende Bewegung zurückstieße und der ihr eigentümlichen folgte, und so etwas von ihren eigenen Zuständen durch Nachdenken über deren Natur
sich zum Bewußtsein zu bringen, das hat ihre Entstehungsweise ihr nicht verliehen. Daher nun lebt
es zwar und ist nicht anders als ein beseeltes
Wesen zu nennen; aber es haftet eingewurzelt an
derselben Stelle fest, weil es der eignen Bewegung
beraubt ist.
Nachdem nun die Mächtigeren für uns Schwächere alle diese Pflanzenarten zur Nahrung geschaffen hatten, durchzogen sie unseren Körper selbst,
ähnlich wie man in Gärten tut, mit Kanälen, um ihn
gleichsam mit zufließendem Wasser zu berieseln.
Und zwar führten sie zunächst verborgene Kanäle
unter die Vereinigung der Haut und des Fleisches,
nämlich die Rückenadern, zwei an der Zahl, weil
auch der Körper sich in zwei Seiten, die rechte und
die linke, teilt. Beide aber leiteten sie am Rückgrat
hinunter, so daß sie das lebenbedingende Mark in
ihre Mitte nahmen, damit so sowohl dieses am besten gedeihe, als auch der Zufluß zu den übrigen
Körperteilen, da diese niedriger liegen, ungehemmt
vonstatten gehe und so der ganzen Bewässerung
Gleichmäßigkeit verleihe. Hierauf ließen sie um
den Kopf herum die Adern sich verteilen und in
vielfachen Verflechtungen nach entgegengesetzten
Richtungen sich ausbreiten, so daß sie teils von der
Rechten zur Linken des Körpers, teils von der Linken zur Rechten sich wandten, damit außer der
Haut noch ein Band zwischen Kopf und Rumpf
vorhanden sei, insofern jener nicht ringsherum am
Scheitel mit Sehnen eingefaßt war, und sodann
auch, damit die Sinneneindrücke von beiden Seiten
her durch den ganzen Körper fortgepflanzt würden.
Von da aber schritten sie zur Einrichtung der
Wasserleitung in einer Weise, die wir leichter begreifen werden, wenn wir zuvor dahin übereingekommen sind, daß alles, was aus kleineren Teilen
besteht, das Größerteilige nicht hindurchlasse, dieses aber jenes zurückzuhalten nicht imstande sei,
und daß danach das Feuer, weil es unter allen sogenannten Elementen die kleinsten Bestandteile hat,
durch Wasser, Erde, Luft und alles, was aus ihnen
zusammengesetzt ist, hindurchgeht und nichts es
zurückzuhalten vermag. Ebenso ist daher auch von
unserer Bauchhöhle anzunehmen, daß sie zwar
Speisen und Getränke, wenn diese in sie eingehen,
aufzuhalten vermag, Feuer und Luft aber nicht,
weil deren Bestandteile kleiner als ihre eigenen
sind. Dieser beiden bediente sich daher Gott zur
Bewässerung der Adern aus der Bauchhöhle, indem
er aus Feuer und Luft ein Geflecht von der Gestalt
einer Fischreuse zusammenwebte, in dessen Höhlung wieder zwei Zwischengeflechte hineinliefen,
von denen er das eine wiederum so flocht, daß es
zwei Hälse bekam. Und von diesen Binnengeflechten spannte er gleichsam Seile ringsherum durch
das ganze Netz bis an seine Außenwände aus. Sein
Inneres nun bildete er ganz aus Feuer, die Binnengeflechte und das Außengeflecht aber aus Luft.
Dann nahm er es und umzog damit das von ihm gebildete lebendige Wesen in folgender Weise: Die
Gesamtheit der Binnengeflechte ließ er in den
Mund hinein, und da ihrer zwei waren, so führte er
das eine durch die Luftröhre in die Lunge, das andere aber längs der Luftröhre in die Bauchhöhle
hinab. Hierauf erst teilte er das erstere, und zwar
so, daß er den gemeinsamen Stamm in zwei Asten
in die Kanäle der Nase einmünden ließ, so daß,
wenn jener andere Ausgang in den Mund hinein
einmal verstopft wäre, die auf ihn angewiesenen
Strömungen durch diese letzteren mit versorgt wer
den könnten. Die gesamte übrige Höhlung der
Reuse ließ er dagegen um den ganzen hohlen Teil
unseres Körpers herumwachsen und veranstaltete
so, daß bald dies Ganze sanft in die Binnengeflechte, die ja aus Luft bestanden, zusammenfloß,
bald wieder sie ihrerseits zurückflossen, und daß
das Außengeflecht bei der lockeren Beschaffenheit
des Körpers durch denselben hinein- und wieder
heraustrat und die in das Innere eingewobenen Feuerstrahlen dabei dem Zuge dieser Luft nach beiden
Seiten hin folgten, und dies alles, solange das
sterbliche Wesen fortbestand, zu geschehen nicht
aufhörte. Wer nun dieser ganzen Einrichtung ihren
Namen beigelegt, der hat sie nach unserer Behauptung mit dem des Ein- und Ausatmens bezeichnet.
Dieses ganze Tun und Leiden ist nun aber unserem
Körper zuteil geworden, damit er durchfeuchtet und
abgekühlt werde und so sich ernähren und leben
könne. Denn indem das dem Netze eingewobene
Feuer dem ein- und ausströmenden Atemzuge folgt,
wird es in einer beständigen Schwingung durch die
Bauchhöhle erhalten, und indem es dann beim Ein
dringen in diese die Speisen und Getränke ergreift,
schmilzt es dieselben, zerlegt sie in kleine Teile,
führt sie durch die Ausginge, durch welche sein
Weg geht, hindurch und leitet sie wie aus einer
Quelle in die Kanäle der Adern fort, so daß deren
Strömungen den Körper wie ein schluchtenreiches
Gebirge durchfluten.
Doch betrachten wir noch einmal den Hergang
des Atemholens und sehen zu, durch welche Ursachen er zu seiner gegenwärtigen Einrichtung gediehen ist. Damit steht es nun so: Da es nichts Leeres
gibt, in welches etwas von dem in Bewegung Befindlichen hineintreten könnte, der Atem aber von
uns nach außen bewegt wird, so ist demgemäß bereits jedermann klar, daß er dabei nicht in einen
leeren Raum eingeht, sondern das Nächste aus seiner Stelle verdrängt, und dies seinerseits treibt
immer wieder das Nächste weg; und so wird vermöge dessen alles notwendig nach der Stelle zu getrieben, von wo der Atem ausging, dringt in diese
ein, füllt sie aus und folgt dem Atem, und dies geschieht alles gleichmäßig, wie wenn sich ein Rad
umdreht, weil es nichts Leeres gibt. Deswegen wer
den denn Brust und Lunge, wenn sie den Atem von
sich geben, wieder von der den Körper umgeben
den Luft, indem diese in diesem Kreislaufe durch
das Fleisch bei dessen lockerer Beschaffenheit ein
dringt, angefüllt; sobald dann aber diese Luft vermöge der Rückkehr jenes Kreislaufes in sich selbst
durch den Körper wieder nach außen abzieht, so
treibt sie dadurch den Atem in die Eingänge des
Mundes und der Nase hinein. Als die Ursache des
Beginns jener Kreisbewegung aber ist folgendes
anzusehen: Jeder lebendige Körper hat seine größte
innere Wärme im Blute und in den Adern, die
gleichsam eine in ihm befindliche Feuerquelle sind,
weshalb wir denn auch bei unserer zugrunde gelegten Vergleichung mit dem Geflechte einer Fischreuse angaben, daß alles, was in ihrem inneren Räume
ausgespannt, aus Feuer zusammengeflochten sei,
während alle äußeren Hüllen an ihr aus Luft beständen. Nun strebt ja aber zugestandenermaßen
alles Warme naturgemäß nach seinem eigentümlichen Orte zu dem ihm Verwandten hinaus, und da
der Wege dahin nur zwei sind, der eine durch die
Oberfläche des Körpers, der andere aber durch
Mund und Nase, so setzt es, sobald es nach der
einen Seite hindrängt, die nach der andern zu befindliche umgebende Luft in Umlauf, und indem
diese so in den Körper hineingedrängt wird, nimmt
sie seine Wärme an, während die hinaustretende
Luft sich abkühlt. Da aber so die Wärme ihren
Platz verändert und vielmehr die nach dem anderen
Ausgange zu im Körper befindliche Luft wärmer
wird, so richtet sie ihren Lauf vielmehr wieder dort
hin, indem sie nach außen dem, welchem sie angehört, zustrebt, und drängt so die umgebende Luft
wieder nach der ersteren Seite hin. Und indem nun
dergestalt die Luft fortwährend dieselbe Einwirkung empfängt und zurückgibt, läßt sie so durch
beides (durch jenes ihr Tun und dieses ihr Leiden)
den hin- und herwogenden Kreislauf des Ein- und
Ausatmens entstehen.
Und auf diesem Wege sind denn auch die Ursachen von den bei Anwendung der Schröpfköpfe
eintretenden Zuständen, sowie die des Verschluckens der Speisen und die von dem, was mit
geworfenen Körpern vorgeht, sowohl wenn sie in
die Höhe, als auch wenn sie über die Erde hinge
schleudert werden, zu verfolgen, desgleichen die
der Schnelligkeit und Langsamkeit und somit Höhe
und Tiefe, welche in den Tönen hervortritt, und
davon, daß dieselben bald im Mißklange, bald im
Einklange sich bewegen, je nachdem sie einander
unähnliche oder ähnliche Bewegungen in uns her
vorrufen. Nämlich die Bewegungen der schnelleren
und zuerst zu uns gelangenden Töne haben bereits
nachgelassen und sind denen der langsameren ähnlich geworden, ehe diese bei ihrem späteren Anlangen sie einholen, und wenn diese dann die Bewegungen jener fortsetzen, ohne sie durch das Hinzu
bringen eines neuen und abweichenden Anstoßes
aufzustören und zu verwirren, sondern vielmehr
den Anfang einer langsameren Bewegung an das
ähnliche Ende der anfänglich rascheren anknüpfen,
so bringen sie dadurch einen einzigen, aus Hohem
und Tiefem gemischten Eindruck zustande, wo
durch sie den Unverständigen Lust, den Verständigen aber eine reine Freude über diese Abspiegelung
der göttlichen Harmonie in den vergänglichen Bewegungen bereiten. Sodann auch alles Fließen des
Wassers, sowie das Niederfahren der Blitze und die
vielbewunderte vermeintliche Anziehungskraft des
Bernsteins und Magnets ist ebenso zu erklären: bei
keiner von allen diesen Erscheinungen findet jemals wirkliche Anziehung statt; sondern darin, daß
es nichts Leeres gibt und alle Körper daher durch
den aufeinander geübten Druck einander in Kreis
lauf versetzen, und andererseits darin, daß es allen
zukommt, mit Aufgabe des Ortes, in welchen sie
durch Trennung oder Verbindung gebracht sind,
nach demjenigen hinzustreben, welcher einem
jeden eigentümlich ist, - in der Verflechtung dieser
beiden Umstände wird der, welcher dem richtigen
Verfahren bei seiner Nachforschung folgt, die Ursache dieser wunderbaren Erscheinungen finden.
Um also zum Atemholen, von welchem diese
Abschweifung ausging, zurückzukehren, so ist es
gleichfalls, wie schon vorhin bemerkt, auf dieselbe
Weise und aus eben diesen Ursachen entstanden,
indem das Feuer die Speisen zersetzt, dem Zuge der
Luft im Innern des Körpers folgt und vermöge dieser seiner Begleitung jenes Zuges die Adern aus der
Bauchhöhle durch Hineinschöpfung der dort von
ihm zersetzten Speiseteile anfüllt. Und so werden
denn bei allen sterblichen belebten Wesen durch
den ganzen Leib hin die Ströme der Nahrung reichlich bewässert. Da aber diese Nahrungssäfte aus
frischzersetzten und von verwandten Geschöpfen,
teils Früchten, teils Kräutern, die Gott eben zu diesem Zwecke pflanzte, um uns zur Nahrung zu dienen, herrührenden Teilen bestehen, so haben sie allerlei Farben an sich infolge dieser Mischung; aber
am meisten scheint die rote durch, die ja aus der
Zersetzung und dem Abdrucke des Feuers im
Feuchten bereitet ward. Aus diesen Gründen also
hat die Farbe der den Körper durchströmenden
Flüssigkeiten das eben beschriebene Aussehen er
halten. Und wir nennen dieselben Blut, welches die
Weide des Fleisches und des gesamten Körpers
und die Quelle ist, aus welcher alle seine Glieder
die Ausfüllung der durch die abgehenden Bestand
teile gelassenen Lücken schöpfen. Die Art dieser
Anfüllung und Ausleerung aber ist ganz dieselbe
wie die Bewegung von allem im Weltall, zufolge
deren alles Verwandte zu einander hingetrieben
wird. Denn einerseits löst das uns Umgebende unseren Körper fortwährend auf und verteilt die abgelösten Teile unter die sogenannten Elemente, denen
ein jeder angehört; andererseits sind die Bestandteile des Blutes, weil sie in uns verteilt und von dem
Bau des einzelnen lebendigen Wesens so eingeschlossen sind, daß dieses für sie eine Welt bildet,
gezwungen, die Bewegung des Weltalls nachzuahmen, und indem so diese durch den Körper zerstreuten Stoffe immer nach dem einem jeden Verwandten hingetrieben werden, füllen sie die auf die
obige Weise entstandenen Lücken wieder aus.
Wenn nun der Abgang dabei größer als der Zufluß
ist, so schwindet alles, wenn aber geringer, so
wächst es. Ist nun der Bau des ganzen lebenden
Wesens noch neu und aus frischen Elementardreiecken wie von Grunde aus herausgearbeitet, so ist
ihre Verbindung mit einander fest, seine ganze
Masse dagegen von weichem Bestande, weil sie
erst kürzlich aus Mark erwachsen und mit Milch
genährt worden ist. Daher bewältigt sie denn die
von außen hereintretenden und von ihr in sich auf
genommenen Dreiecke, aus welchen die Speisen
und Getränke bestehen, indem sie sie mit ihren eignen neuen Dreiecken zerschneidet, da jene älter und
schwächer sind als diese, und bewirkt so, daß der
Körper groß wächst durch die Ernährung mit vielem ihm Ähnlichen. Sobald aber die Schärfe dieser
Dreiecke abstumpft, infolge der vielen Kämpfe, die
sie viele Zeit hindurch gegen vieles zu bestehen
hatten, so vermögen sie die eingehenden Speiseteile
nicht mehr in sich aufzulösen, sondern werden viel
mehr mit Leichtigkeit selber von dem, was von
außen her eindringt, aufgelöst. Dann schwindet
unter dieser Bewältigung der ganze belebte Körper
hin, und dieser Zustand ist es, den wir Alter nennen. Und wenn dann endlich die um die Dreiecke
des Markes geknüpften Bänder, durch die lange
Arbeit aufgelöst, nicht mehr widerhallen, so lassen
sie eben damit auch die Bande der Seele los; diese
aber, indem sie so der Natur gemäß ihrer Freiheit
zurückgegeben wird, entfliegt mit Lust. Denn alles,
was wider die Natur geschieht, verursacht
Schmerz; was aber der Natur eines jeden entsprechend, das bereitet ihm Freude; und so ist denn
auch der Tod durch Krankheiten und Wunden ein
schmerzlicher und gewaltsamer, der aber, welcher
mit dem Alter zum natürlichen Ende führt, ist der
leichteste von allen und eher mit Lust verbunden
als mit Schmerz.
Woraus nun aber die Krankheiten entstehen, ist
wohl jedermann klar: Da nämlich der Körper aus
vier Elementen, Erde, Feuer, Wasser und Luft, zusammengesetzt ist, so haben das widernatürliche
Zuviel oder Zuwenig derselben und die widernatürliche Vertauschung des ihnen zukommenden Ortes
mit einem fremden sowie die Aufnahme unangemessener Bestandteile durch das Feuer und die übrigen im Körper vorhandenen Elemente, da es ja
mehr als eine Art davon gibt, und alle ähnlichen
Vorkommenheiten Störungen und Krankheiten zur
Folge. Denn wenn irgend eine von ihnen naturwidrig entsteht oder ihren Ort wechselt, so wird erhitzt,
was vorher kühl, und feucht, was vorher trocken,
und schwer, was leicht war: kurz, alles erleidet
nach allen Seiten alle möglichen Veränderungen.
Nur dann aber, behaupten wir, wenn das Gleiche
zu dem Gleichen gleichmäßig, auf dieselbe Weise
und in richtigem Verhältnis hinzutritt und von ihm
weggeht, wird ein jedes, als sich selber gleichbleibend, sich unversehrt und gesund erhalten können;
was aber beim Hinzukommen oder Abgehen gegen
diese Regeln verstößt, wird die mannigfaltigsten
Abweichungen und zahllose Krankheiten und Zerstörungen verursachen.
Da aber aus jenen ursprünglichsten Zusammensetzungen auch wieder neue zweiten Ranges in uns
gebildet sind, deren Teile auch ihr naturgemäßes
Verhältnis zu einander haben, so bietet sich daraus,
wenn man nur nachdenken will, noch eine andere
Möglichkeit von Krankheiten der Beobachtung dar:
Da nämlich Mark, Knochen, Fleisch, Sehnen und,
wenn gleich in anderer Weise, auch das Blut aus
mehreren der sogenannten Elemente zusammengesetzt sind, so treten zwar bei ihnen die meisten
Krankheiten auf dem eben beschriebenen Wege
ein, die größten und schweren aber im folgenden
Falle: wenn ihre Entstehung auf umgekehrte Weise
eintritt, so hat dies ihre völlige Verderbnis zur
Folge. Denn auf dem natürlichen Wege entstehen
Fleisch und Sehnen aus dem Blute, und zwar die
Sehnen aus den Fasern desselben zufolge ihrer verwandten Beschaffenheit, das Fleisch aber aus dem
übrigen Teile, welcher nach Aussonderung der Fasern aus ihm gerinnt. Das Zähe und Fette sodann,
was wieder aus dem Fleische sich ausscheidet, verbindet teils das Fleisch mit den Knochen und gibt
zugleich selbst den das Mark umgebenden Knochen Nahrung und Wachstum; teils seiht sich die
reinste, glatteste und fettigste Art der Dreiecke
sogar durch die Härte des Knochens hindurch und
bewässert so, von ihm abfließend und
herabtröpfelnd, das Mark. Wenn nun so dies alles
in dieser Weise entsteht, so findet in der Regel Gesundheit statt, Krankheiten aber, wenn es in der
entgegengesetzten Weise geschieht. Wenn nämlich
aufgelöstes Fleisch umgekehrt diese seine flüssige
Masse in die Adern ergießt, dann bildet sich mit
dem Atem eine Unmasse von allerlei Blut in den
Adern, welches die mannigfaltigsten Farben und
Geschmäcke, nämlich Bitterkeiten aller Art, dazu
auch Säuren und Salze darbietet und mancherlei
Galle, Lymphe und Schleim mit sich führt. Denn
weil alles auf dem verkehrten Wege entstanden und
dadurch verdorben ist, so zerstört es zunächst das
Blut selbst und treibt sich sodann an dessen Stelle,
ohne dem Körper irgend eine Nahrung zu gewähren, überall in den Adern umher, ohne ein ferneres
Innehalten der durch die Natur festgestellten Ordnung des Blutumlaufs, feindselig sowohl gegen
sich selbst, weil es keinen wechselseitigen Nutzen
von sich genießt, wie auch gegen die festen und beharrlichen Teile des Körpers, die es zerstört und
auflöst. Gehört nun jenes aufgelöste Fleisch zu
dem ältesten, welches eben deshalb schwer zu er
weichen ist, so wird es schwarz infolge des langen
Brandes, welchem es demnach zu diesem Zwecke
ausgesetzt war, und bitter, weil es infolgedessen
auch durch und durch von ihm zerfressen ist, und
greift dadurch auf eine zerstörende Weise alle noch
unverdorbenen Körperteile an. Zuweilen enthält
auch diese Schwärze anstatt der Bitterkeit Säure,
wenn nämlich die bittern Teile stärker verdünnt
sind, oder aber jene bittere Substanz nimmt da
durch, daß sie wieder mit Blut getränkt wird, eine
rötliche und durch die Vermischung derselben mit
dem Schwarz eine grasgrüne Farbe an. Ferner verbindet sich aber auch die gelbe Farbe mit jener Bitterkeit, nämlich wenn junges Fleisch von dem
Brande der Entzündung zersetzt wird. Der gemeinsame Name für alle diese Bildungen ist der der
Galle, welcher ihnen beigelegt worden ist, sei es
von gewissen Ärzten oder auch von anderen Leu
ten, welche dazu befähigt sind, beim Anblick vieler
und unähnlicher Dinge doch eine Gattungsallgemeinheit in ihnen wahrzunehmen, nach welcher sie
alle zu heißen verdienen; ihre besonderen Arten
aber führen nach der Farbe auch ihre besonderen
Namen. Was sodann die Lymphe anlangt, so ist die
des wirklichen Blutes eine milde Flüssigkeit, die
der schwarzen und sauren Galle dagegen scharf, so
bald sie sich infolge der Wärme mit einer salzigen
Substanz verbindet, und dies ist es, was man sauren Schleim nennt. Diejenige aber, welche sich aus
der Auflösung jungen und zarten Fleisches in Verbindung mit Luft bildet, indem dieses von der
letzteren aufgebläht und von Feuchtigkeit eingeschlossen ist und infolge dieses Zustandes sich
Blasen erzeugt haben, deren jede einzeln wegen
ihrer Kleinheit unsichtbar ist, deren Gesamtheit
aber eine sichtbare Masse darstellt und infolge dieser Schaumbildung eine weiße Farbe darbietet, -
diese ganze Auflösung zarten Fleisches, mit Luft
verbunden, nennen wir weißen Schleim. Vom
Schleime aber wiederum, wie er zuerst sich bildet,
sind die wässrigen Teile Schweiß und Tränen und
alle sonstigen Flüssigkeiten, welche der Körper
täglich zu seiner Reinigung von sich aussondert.
Alle diese Bildungen nun, die da entstehen, wenn
das Blut nicht naturgemäß aus Speisen und Getränken sich ergänzt, sondern aus verkehrten Quellen
wider die Gesetze der Natur seine Masse entnimmt,
sind die eigentlichen Hebel der Krankheiten. Solange nun dabei das Fleisch nur im einzelnen von
Krankheiten aufgelöst wird, seine Grundlagen da
gegen unerschüttert bleiben, so lange hat das Übel
auch erst seine halbe Macht; denn noch gestattet es
mit Leichtigkeit Wiederherstellung; sobald aber
das Band zwischen Fleisch und Knochen erkrankt
und jene aus Fleisch und Sehnen sich aussondernde
Haut nicht mehr dem Knochen Nahrung und dem
Fleische Zusammenhalt mit dem Knochen gibt,
sondern statt seiner bisherigen fetten, glatten und
zähen Beschaffenheit durch schlechte Nahrung aus
getrocknet und dadurch rauh und salzig geworden
ist, so wird es infolge dieses Zustandes zerrieben
und vielmehr so seinerseits wieder unter das
Fleisch und die Sehnen gemischt und von den Knochen abgelöst; und das Fleisch, so von seinen Wurzeln abgetrennt, läßt die Sehnen entblößt und mit
salzigem Stoffe angefüllt, und indem es dann selbst
in den Strom des Blutes zurückfließt, vermehrt es
die Zahl der vorhin erwähnten Krankheiten. Sind
nun schon dies schlimme Veränderungen, die den
Körper betreffen, so sind doch die ihnen vorausliegenden noch schlimmer, nämlich wenn der Knochen wegen allzu dicker Fleischmasse keinen gehörigen Zuzug der Luft empfängt und so von Fäulnis
erhitzt und brandig wird und so, anstatt seinen
Nahrungsstoff in sich aufzunehmen, zerbröckelt
und umgekehrt in ihn eindringt, und dieser dann ins
Fleisch, das Fleisch aber ins Blut geht und so dieser verkehrte Umlauf alle vorher genannten Krankheiten noch bösartiger macht. Sobald aber, was von
allem das Ärgste ist, das Mark selbst an Überfüllung oder Mangel von irgend welcher Art erkrankt,
so bringt dies die größten und recht eigentlich tödlichen Krankheiten zuwege, indem dann der ganze
körperliche Umlauf notwendig rückwärts geht.
Eine dritte Art von Krankheiten wiederum muß
man sich auf eine dreifache Weise entstehend denken; aus Luft, aus Schleim und aus Galle. Sobald
nämlich die Ausgeberin der Luft im Körper, die
Lunge, durch zufließende Säfte verstopft, ihr nicht
reine Durchgänge darbietet, so verursacht die Luft,
indem sie hier gar nicht, dort im Übermaße ein
dringt, einerseits in jenen Teilen, denen so keine
Abkühlung zuteil wird, Fäulnis; andererseits aber
wird sie, nachdem sie mit Gewalt die Adern durch
rissen und sie vielfach verbogen und den Körper
zersetzt hat, endlich, wenn sie nach seiner Mitte
hinströmt, von dem hier ausgespannten Zwerchfell
zurückgehalten, und das hat denn tausend schmerz
hafte, mit vielem Schweiße verbundene Krankheiten zur Folge. Oft erzeugt sich auch im Körper
durch Zersetzung des Fleisches Luft und kann nicht
heraus, und diese erregt dann dieselben Schmerzen
wie jene eingedrungene, die größten aber dann,
wenn sie die Sehnen und deren Äderchen umlagert
und die Gelenke samt den mit ihnen zusammenhängenden Sehnen anschwellt, weshalb denn auch von
diesem Zustande der Verkrampfung und des Auseinanderziehens die betreffenden Krankheiten
Zuckungen und Krämpfe genannt worden sind.
Gegen sie ist denn auch das Heilmittel ein schlimmes, denn Fieber sind es bekanntlich, die durch ihr
Hinzutreten dergleichen beseitigen. Der weiße
Schleim sodann bringt ähnlich durch die in seinen
Blasen enthaltene Luft Störungen zuwege, wenn
ihm der Ausgang aus dem Körper versperrt ist;
kann er sich dagegen nach außen Luft machen, so
ist er gutartiger, doch macht er dann wenigstens die
Haut fleckig, indem er Aussatz, Flechten und ähnliche Krankheiten erzeugt. Wenn er aber, mit
schwarzer Galle vermischt, sich über die Umläufe,
die im Kopfe vorgehen und die göttlichsten sind,
verbreitet und sie stört, so ist sein Nahen im Schlafe minder schädlich, dagegen im wachen Zustande
sein Überfall schwerer zu vertreiben; diese Krankheit aber führt mit Recht den Namen der heiligen,
weil sie das heiligste aller Organe betrifft. Saurer
und salziger Schleim dagegen ist die Quelle aller
sogenannten Flüsse, die aber nach der Mannigfaltigkeit der Orte, in welche er sich ergießt, auch ihre
mannigfaltigen besonderen Namen empfangen
haben. Alles aber, was man Entzündung am Kör
per nennt, rührt insgesamt von der brennenden und
ätzenden Kraft der Galle her. Macht sie sich dabei
nach außen hin Luft, so treibt sie aufbrausend mancherlei Geschwüre hervor; wird sie aber im Innern
eingeschlossen, so erzeugt sie viele hitzige Krankheiten, und zwar die größte dann, wenn sie sich mit
dem reinen Blute vermischt und die Fasern aus
ihrer Ordnung bringt, welche durch das Blut
verteilt wurden, damit das richtige Verhältnis in
Ansehung von Dünnheit und Dickheit erhalte und
weder infolge zu großer ihm durch die Wärme mit
geteilter Flüssigkeit aus dem Körper bei dessen
lockerer Beschaffenheit herausfließe, noch auch
wegen allzu großer Dickheit schwerbeweglich
werde und nur mit Mühe in den Adern seinen Um
lauf halten könne. Dies richtige Maß nun erhalten
die Fasern gemäß ihrer Entstehungsweise aufrecht,
die daher selbst in bereits abgestorbenem und erkaltetem Blute, wenn man sie zusammenbringt,
dessen ganzen übrigen Teil wieder in einen flüssigen Zustand versetzen, wenn man sie dagegen gewähren läßt, in Verbindung mit der umgebenden
Kühle bald das Ganze gerinnen machen. Üben nun
die Fasern eine solche Wirksamkeit aus, so gerinnt
notwendig unter diesem ihrem Einfluß die warme
und feuchte Galle, die ja ihrer Natur nach ehemaliges Blut gewesen und sodann durch die Wiederauflösung des Fleisches in dasselbe entstanden ist, bei
ihrem demgemäß, und zwar anfänglich nur in geringer Masse, erfolgenden Zurücktreten in dasselbe
und wird gewaltsam ihrer Wärme beraubt; dadurch
aber bringt sie ein innerliches Frieren und Zittern
hervor. Strömt sie aber sodann in größerer Menge
zu, so gewinnt die von ihr ausgehende Wärme die
Oberhand, und sie bringt siedend die Fasern in
Erschütterung und Verwirrung: und wenn sie fort
während dieselben zu bemeistern vermag, so dringt
sie allmählich bis zum Marke vor, zerstört mit
ihrem Feuer die Ankertaue, mit welchen hier die
Seele festgebunden ist, und versetzt so diese in
Freiheit. Ist sie dagegen in geringerer Menge vorhanden, so daß der Körper der Auflösung Wider
stand leisten kann und sie selbst überwältigt wird,
so sucht sie sich entweder durch den ganzen Kör
per einen Ausweg, oder sie wird aus den Adern in
die untere oder obere Bauchhöhle gedrängt und entweicht dann aus dem Körper wie ein Verbannter
aus einer im Bürgerkriege begriffenen Stadt, indem
sie Durchfälle, Ruhr und alle derartigen Krankheiten hervorbringt.
Ist der Körper hauptsächlich infolge des Übermaßes von Feuer erkrankt, so erleidet er ununterbrochene Fieberhitze, wenn aber an dem Übermaß
von Luft, so eintägige, und dreitägige, wenn von
dem des Wassers, weil dieses träger als Feuer und
Luft ist; das Element der Erde endlich, welches das
trägste von allen vieren ist und erst in dem vierfachen Zeitumlaufe seine Reinigung erlangt, erzeugt
die viertägigen Fieber, die sich schwer beseitigen
lassen.
So treten denn also die Krankheiten des Körpers
ein; seine Beschaffenheit erzeugt aber auch deren in
der Seele, und zwar in folgender Weise: Man kann
nämlich nicht leugnen, daß Vernunftlosigkeit
Krankheit der Seele ist, und daß es von ihr zwei
Arten gibt, Wahnsinn und Unwissenheit. Folglich
muß aber auch jedes Vorkommnis, welches den
Menschen in einen von beiderlei Zuständen versetzt, als Krankheit bezeichnet werden, und zwar
sind übermäßige Lust und übermäßiger Schmerz
als die größten dieser Seelenkrankheiten anzusehen. Denn ein Mensch, welcher übermäßig froh
oder aber im Gegenteil in den äußersten Zustand
des Schmerzes versetzt ist, sucht immer zur Unzeit
das eine zu erjagen und dem anderen zu entfliehen
und vermag weder etwas Richtiges zu sehen noch
zu hören, sondern rast und ist in diesem Zustande
nicht im mindesten einer vernünftigen Überlegung
fähig. Wem sich nun ein reichlicher und üppig her
vorquellender Same in seinem Marke bildet,
gleichwie wenn ein Baum überreiche Früchte
bringt, so empfängt ein solcher viele und jedesmal
große Schmerzen und Genüsse aus seinen hiermit
zusammenhängenden Begierden und deren Folgen,
und indem er so, da diese Art von Wonnen und
Wehen die stärkste von allen ist, den größten Teil
seines Lebens in einem Wahnsinne zubringt und
seine Seele durch seinen Körper krank und unvernünftig geworden ist, wird er noch dazu nicht als
ein Kranker, sondern als ein freiwillig Schlechter
beurteilt. In Wahrheit aber ist die Zügellosigkeit im
Liebesgenusse meistens durch den übermäßigen
Zufluß jener besonderen Art von Feuchtigkeit und
die übermäßige Benetzung des Körpers mit derselben, welche eine Folge von allzu lockerer Beschaffenheit der Knochen sind, entstanden und zu einer
Krankheit der Seele geworden. Und so wird fast
alles, was man Unenthaltsamkeit in den Genüssen
nennt, insoweit denen, die sie ausüben, mit Unrecht
als Schlechtigkeit vorgeworfen, als man dabei ur
teilt, daß sie freiwillig diese Schlechtigkeit an sich
tragen. Denn niemand ist freiwillig böse; sondern
wer es ist, der ist es durch fehlerhafte Beschaffenheit seines Körpers und durch falsche Erziehung
geworden; einem jeden aber ist dies verhaßt, und es
wird ihm (wie gesagt) wider seinen Willen zuteil.
Ferner können daher auch die Schmerzen des Körpers ebenso in der Seele allerlei Übel erzeugen:
Denn wo nur immer die Säfte der sauren und salzigen Schleime und alle bitteren und gallichten Säfte
in ihrem Umherirren durch den Körper sich nicht
nach außen hin Luft machen können, sondern, im
Innern zusammengedrängt, ihren Dunst der Bewegung der Seele beimengen, da erzeugen sie auch allerlei Seelenkrankheiten, stärkere oder schwächere,
zahlreichere oder wenigere. Und zwar je nach den
drei Spitzen der Seele rufen sie da, wohin sie jedes
mal dringen, verschiedenerlei Arten bald von Trüb
sinn und Mißmut, bald von Verwegenheit und
Feigheit, bald endlich von Vergeßlichkeit und zu
gleich Ungelehrigkeit hervor. Wenn dann zu solchen Mißbildungen noch fehlerhafte Staatseinrichtungen und schlechte Reden hinzukommen, die in
den Staaten bei öffentlichen und nicht öffentlichen
Gelegenheiten geführt und gehalten werden, und
die Pflege der Wissenschaften, welche hiergegen
ein Heilmittel gewährt, von Jugend auf nicht in
Übung steht, dann werden wir alle, die wir schlecht
sind, ganz wider unseren Willen es aus zwei Grün
den. Hiervon muß man nun zwar immer die Schuld
mehr den Erzeugern als den Erzeugten, und mehr
den Erziehern als den Erzogenen beimessen; doch
muß auch jeder für sein Teil, soviel er vermag, die
Mittel benutzen, welche Erziehung, öffentliches
Leben und wissenschaftliche Tätigkeit ihm darbieten, um so dem Laster zu entfliehen und dessen Gegenteil zu erjagen. Doch ist dies ein Gegenstand,
der eine andere Art von Behandlung erfordert.
Wohl aber gehört es hierher und ziemt sich, das
Gegenstück zu dem Obigen zu entwickeln, nämlich
auf welchem Wege eine Pflege des Körpers und der
Geistestätigkeiten eintritt, die vielmehr zu deren
Erhaltung dient. Denn es ist sogar billig, mehr über
das Gute als über das Schlechte zu sprechen. Alles
Gute nun ist schön, Schönheit aber gibt es nicht
ohne inneres Maß; auch dem lebendigen Wesen
also, welches die ersteren Eigenschaften an sich
tragen soll, ist Ebenmaß zuzuschreiben. Von den
Verhältnissen des Ebenmaßes nun pflegen wir die
geringeren zwar wahrzunehmen und in Erwägung
zu ziehen, die einflußreichsten und größten aber
unbeachtet zu lassen. Denn von größerem Einfluß
auf Gesundheit und Krankheit und auf Tugend und
Laster ist kein Ebenmaß und kein Mißverhältnis,
als das zwischen der Seele und dem Körper selbst.
Hiervon bemerken wir jedoch nichts und bedenken
nicht, wenn eine durchaus starke und große Seele
von einem schwächeren und kleineren Fahrzeug getragen wird, und desgleichen, wenn Seele und Kör
per nach dem umgekehrten Maßstabe zusammengefügt sind, das ganze lebendige Wesen nicht schön
ist: denn es fehlt ihm gerade das höchste von allem
Ebenmaß. Dasjenige dagegen, welches sich umgekehrt verhält, gewährt dem, der das Auge dafür hat,
den allerschönsten und lieblichsten Anblick.
Gleichwie nun ein Körper, welcher unverhältnismäßig lange Beine hat oder durch irgend ein anderes Übermaß im Mißverhältnisse mit sich selbst
steht, nicht bloß häßlich ist, sondern auch bei der
gemeinsamen Tätigkeit aller seiner Glieder leicht
ermattet und Krämpfe zu erleiden hat und wegen
seiner Unbehilflichkeit leicht hinfällt und so sich
selber tausenderlei Schäden antut, - ebenso muß
man auch hinsichtlich des aus beiden, Seele und
Leib, verbundenen Wesens, was wir ein lebendiges
nennen, urteilen, daß nämlich sowohl, wenn in ihm
die Seele stärker als der Körper ist, diese, falls sie
in heftigem Zorne ist, ihn ganz und gar erschüttere
und von innen her mit Krankheiten erfülle und ferner, falls sie mit Anstrengung sich dem Lernen und
Forschen hingibt, ihn abzehre, und falls sie endlich
vielmehr Belehrungen erteilt und sich in Rede
kämpfe vor dem Volke und in engeren Kreisen ein
läßt, bei denen es nicht ohne Erregung und Eifer
von beiden Seiten abgeht, ihn durch und durch erhitze und dadurch in Auflösung versetze und durch
Herbeiführung von Flüssen die meisten der sogenannten Ärzte täusche und die Ursache da, wo sie
nicht ist, finden lasse, als auch wenn umgekehrt ein
großer und der Seele überlegener Körper mit einem
geringen und schwachen Denkvermögen verwachsen ist, daß dann, da von Natur ein zweifacher
Trieb im Menschen vorhanden ist, seitens des Körpers nach Nahrung und seitens des Göttlichsten in
uns nach Einsicht, die Regungen des stärkeren Tei
les siegen und ihren Besitz erweitern, die Seele
aber stumpf, ungelehrig und vergeßlich machen
und so die größte aller Krankheiten, die Unwissenheit, zuwege bringen. So ist denn dies das alleinige
Heil für beide Teile, wenn man weder die Seele
ohne den Körper noch den Körper ohne die Seele
übt, damit beide so ihrer gegenseitig sich erwehren
können und dadurch ins Gleichgewicht kommen
und gesund werden. Es muß also der, welcher die
Wissenschaften oder sonst eine Geistesübung mit
Anstrengung betreibt, zugleich auch dem Körper
die nötige Bewegung gewähren, indem er dem Turnen obliegt, und wiederum, wer den Körper sorgfältig bildet, muß zugleich auf die Regsamkeit der
Seele bedacht sein, indem er auch der Musik und
jeglicher wissenschaftlicher Bildung sich hingibt,
wenn er mit Recht ein harmonisch durchgebildeter
und ein guter und tüchtiger Mann heißen will. Und
in gleicher Weise muß man auch die einzelnen
Teile behandeln, indem man sich dabei die Verhältnisse im Weltganzen zum Vorbilde nimmt. Denn
da der Körper von dem, was in ihn eingeht, inwendig erhitzt und abgekühlt, und wiederum von dem,
was sich außerhalb befindet, ausgetrocknet und an
gefeuchtet wird und mit diesen beiden Erregungen
auch alle anderen erleidet, welche wieder die Folge
von ihnen sind, so wird er, wenn man ihn in untätiger Ruhe diesen überläßt, von ihnen überwältigt
und geht zugrunde; wenn man aber dem Beispiele
der von uns so genannten Ernährerin und Amme
des Alls folgt und den Körper am liebsten niemals
in untätiger Ruhe beläßt, sondern in steter Bewegung erhält und durch gewisse angemessene Erschütterungen, die man in ihm seinem ganzen Um
fange nach hervorruft, sich jener äußeren und inneren Erregungen auf eine naturgemäße Weise er
wehrt und dadurch die durch den Körper umherirrenden Bestandteile und Eindrücke, dergestalt daß
sich Verwandtes zu Verwandtem fügt, in die gehörige Ordnung unter einander bringt, so wird man
nach unserer voraufgehenden Auseinandersetzung
über die Natur des Alls es hierdurch verhindern,
daß sich Feindliches zu Feindlichem geselle und
dadurch im Körper Kämpfe und Krankheiten erzeuge, und vielmehr bewirken, daß Befreundetes sich
mit dem Befreundeten verbinde und dadurch Gesundheit verleihe.
Von allen Bewegungen nun aber ist die des Körpers in sich selbst und durch sich selbst die beste,
denn sie ist am meisten der Bewegung des Denkens
und des Alls verwandt; minder gut ist die durch
einen anderen Körper hervorgebrachte, und die
schlechteste endlich die durch andere nur in einzelnen Teilen des liegenden und ruhenden Körpers be
wirkte. Daher ist die beste Art, den Körper zu reinigen und in gute Verfassung zu setzen, die
gymnastische Übung, die nächstbeste das Schaukeln, welches eine Fahrt zu Schiffe oder irgend eine
andere Weise, den Menschen ohne Ermüdung weiterzubefördern, mit sich bringt, und die dritte Art
endlich ist zwar im Notfalle zuweilen sehr nützlich,
sonst aber in den Augen eines Verständigen durch
aus nicht zulässig, nämlich die Reinigung durch
Arzneimittel. Denn wenn die Krankheiten nicht mit
großen Gefahren verbunden sind, so darf man sie
durch deren Anwendung nicht aufregen. Denn die
Entstehung aller Krankheiten hat etwas Ähnliches
mit der lebendiger Wesen. Nämlich auch den letzteren ist gleich bei ihrer Bildung sowohl die Lebensdauer des ganzen Geschlechtes als die der einzelnen Wesen, soweit nicht ein Zufall der blinden
Notwendigkeit gewaltsam eingreift, vorherbe
stimmt: denn die Dreiecke treten gleich von vorn
herein in einem jeden mit der Fähigkeit zusammen,
bis zu einer bestimmten Zeit auszuhalten, über welche hinaus kein Geschöpf sein Leben ausdehnen
kann. Ebenso ist es nun auch mit den Krankheitsbildungen, und wenn man sie daher durch Arznei
geben unterdrückt, statt ihnen ihre bestimmte Zeit
zu lassen, so pflegen aus kleinen große, und viele
aus wenigen Krankheiten zu werden. Daher muß
man den Verlauf jener minder gefährlichen Übel
durch Beobachtung einer strengeren Lebensweise,
soweit die Berufsgeschäfte einem dazu Zeit lassen,
bei sich regeln und nicht durch Arzneinehmen bös
artig machen.
So viel denn über das lebende Wesen als Ganzes, sowie auch über seinen körperlichen Teil in
betreff dessen, wie man ihn lenken und von sich
selber gelenkt werden müsse, um möglichst der
Vernunft gemäß zu leben; der Teil aber, welcher
eben der lenkende sein soll, muß wohl noch mehr
und früher dazu vorbereitet werden, möglichst geeignet und tüchtig zur Erfüllung dieser seiner Aufgabe zu sein. Eine genaue Ausführung dieses Gegenstandes nun würde freilich hinlänglichen Stoff
zu einer besonderen Arbeit liefern; was sich aber
im Vorbeigehen darüber sagen läßt, wird sich nach
Anleitung des Vorhergehenden nicht unpassend in
folgender Betrachtungsweise durchführen lassen:
Wie wir schon wiederholt bemerkten, daß drei Seelenteile von dreifacher Art in uns ihren Wohnsitz
erhalten haben, und daß jeder von ihnen seine besonderen Bewegungen hat, ebenso müssen wir
nach Anleitung des Obigen denn auch jetzt in der
Kürze hinzufügen, daß der von ihnen, der in Untätigkeit verharrt und die ihm eigentümlichen Bewegungen nicht durchmacht, notwendig der schwächste, der, welcher in Übung bleibt, aber der stärkste
wird. Deshalb ist sehr darauf zu sehen, daß sich
alle drei hinsichtlich ihrer Bewegung im Ebenmaß
zu einander verhalten. In betreff der vollkommensten Art von Seele in uns muß man nun aber urteilen, daß Gott sie einem jeden als einen Schutzgeist
verliehen hat: ich meine nämlich jene, von der wir
angaben, daß sie in dem obersten Teile unseres
Körpers wohne und uns über die Erde zur Verwandtschaft mit den Gestirnen erhebe, als Ge
schöpfe, die nicht irdischen, sondern überirdischen
Ursprungs sind, und wir hatten ein Recht, dies zu
behaupten. Denn dorthin, von wo der erste Ursprung der Seele ausging, richtete die Gottheit das
Haupt und die Wurzel des Menschen und gab so
unserem ganzen Körper seine aufrechte Stellung.
Wer sich daher den Begierden oder dem Ehrgeize
hingibt und unablässig nur diese beiden Kräfte übt,
wird notwendig lauter sterbliche Meinungen in sich
erzeugen und, soweit es ihm überhaupt nur möglich
ist, sterblich zu werden, es hieran in keinem Stücke
fehlen lassen, weil er eben den sterblichen Teil in
sich großgezogen hat. Wer dagegen der Lernbegierde und des Erwerbs wahrhafter Kenntnisse sich
beflissen und die Kraft des Wissens vor allen anderen Kräften seiner Seele geübt hat, der wird doch
wohl ebenso schlechterdings notwendig, wenn er
überhaupt die Wahrheit erreichte, unsterbliche und
göttliche Gedanken in sich tragen, und wiederum,
soweit überhaupt die menschliche Natur der Unsterblichkeit fähig ist, in keinem Teile dahinter zu
rückbleiben und, weil er stets des Göttlichen wartet
und den göttlichen Schutzgeist, der in ihm selber
wohnt, zur schönsten Vollendung hat gedeihen lassen, vorzüglich glückselig sein. Nun gibt es aber
für jedes Wesen nur eine Art Pflege und Wartung,
nämlich daß man die ihm zukommende Nahrung
und Bewegung ihm zuteil werden läßt; dem Göttlichen in uns aber verwandt sind die Gedankenbewegungen und Kreisläufe des Alls. Ihnen also muß
ein jeder folgen und die Kreisbewegungen, die in
unserem Haupte, aber gestört durch die Art unserer
Entstehung, stattfinden, durch Erforschung der
Harmonie und der Kreisläufe des Alls in Ordnung
bringen und so das Denkende zur Ähnlichkeit mit
dem Gedachten seiner ursprünglichen Natur gemäß
erheben, um so dasjenige Ziel des Lebens zu erreichen, welches den Menschen von den Göttern als
das vollendetste vorgesteckt ist für die gegenwärtige und für die folgende Zeit.
Und nunmehr scheint denn auch die uns jetzt gesteckte Aufgabe, das Weltall von seinen Anfängen
aus bis zur Entstehung der Menschen zu verfolgen,
so ziemlich ihr Ziel erreicht zu haben. Denn auf
welche Weise auch die anderen lebenden Wesen
entstanden sind, ist nur noch kurz zu erwähnen, es
sei denn, daß die Sache hier und da ein Mehreres
fordert; denn so dürfte man wohl am ersten glauben, das richtige Maß in der Auseinandersetzung
solcher Gegenstände innegehalten zu haben. Mag
denn also in folgender Weise das hierher Gehörige
besprochen sein: Nachdem (wie gesagt) Männer
entstanden waren, wurden alle die unter ihnen, welche feige waren und ihr Leben in Ungerechtigkeit
hinbrachten, wie die Wahrscheinlichkeit lehrt, bei
ihrer zweiten Geburt in Weiber verwandelt. Und
damit zugleich schufen die Götter demgemäß auch
den Trieb zur Begattung vermöge eines beseelten
und lebendigen Gebildes, das sie in uns, und eines
andern, das sie in den Weibern, und zwar jedes von
beiden in folgender Art hervorbrachten: Den
Durchweg des Getränkes verbanden sie gerade an
der Stelle, wo er dasselbe, nachdem es von der
Lunge unten durch die Nieren weg in die Harnblase
gelangt ist, vermöge des durch die Luft auf die letztere ausgeübten Druckes aufnimmt und herausbefördert, durch eine Seitenöffnung mit der vom
Kopfe aus durch Nacken und Rückgrat sich hin
durchziehenden Masse des Markes, welche wir in
unsern voraufgehenden Erörterungen Samen nannten; und indem dieser ja beseelt ist und nunmehr
auf diese Weise Luft bekam, so erregte er in jenem
Teile, nach welchem hin er sich Luft machte, die
Leben erweckende Begierde nach Ausströmung
und rief so den Zeugungstrieb hervor. Daher sind
denn auch bei den Männern die Schamteile etwas
Unlenksames und Eigenmächtiges, wie ein Tier,
welches nicht auf Vernunft hört, und suchen mit
ihren rasenden Begierden alles zu beherrschen; und
ganz aus denselben Gründen geht es bei den Weibern ebenso mit der sogenannten Scheide und Gebärmutter: auch diese ist wiederum bei ihnen ein
ihnen einwohnendes lebendiges Gebilde, welches
die Begierde nach Kinderzeugung in sich trägt und
daher, wenn es, zur Reife gelangt, lange Zeit ohne
Frucht bleibt, in Aufregung und Ungeduld versetzt
wird, überallhin durch den Körper seine Säfte um
hertreibt, die Kanäle der Luft verstopft und somit
das Atmen erschwert und die äußersten Beängstigungen und allerlei andere Krankheiten verursacht,
bis denn die wechselseitige Liebe und Begierde
beider Teile sie zusammenführt und gleichsam die
Frucht vom Baume pflückt, indem sodann in die
Gebärmutter wie in ein Saatfeld Tierchen, die vor
Kleinheit unsichtbar und noch unausgebildet sind,
hineingestreut werden, sich hernach aber wieder
von ihr ablösen, von innen heraus großwachsen
und endlich ans Licht hervortreten und so die Entstehung lebendiger Wesen sich vollendet. Auf die
obige Weise sind also die Weiber und alles
Weibliche entstanden. Die Vögel aber gingen
durch Umgestaltung, indem sie statt der Haare Federn bekamen, aus den Männern hervor, die harmlos aber leicht waren und sich zwar mit dem Über
irdischen beschäftigten, aber aus Einfalt vermein
ten, daß die Erklärung dieser Dinge durch das Ge
sicht die zuverlässigste sei; die Landtiere aber aus
denen, die gar keine Liebe zur Wissenschaft hatten
und nie über die Natur des Weltalls Beobachtungen
anstellten, weil sie nicht von den Umläufen in
ihrem Haupte Gebrauch machten, sondern den in
der Brust wohnenden Teilen der Seele als Führern
folgten. Von dieser Beschäftigung wurden ihr Kopf
und ihre Vorderglieder vermöge der Verwandtschaft zur Erde hingezogen, um sich auf diese zu
stützen, und sie bekamen längliche Scheitel von allerlei Formen, je nachdem deren Umläufe bei einem
jeden durch Untätigkeit zusammengedrückt wurden. Und nicht bloß vierfüßig, sondern zum Teil
auch vielfüßig ward aus denselben Gründen ihr Ge
schlecht, indem Gott ihnen, je unverständiger sie
waren, desto mehr Stützen unterschob, um sie noch
mehr zur Erde herabzuziehen. Die Unverständigsten von ihnen aber, die vollständig ihren ganzen
Körper zur Erde niederstreckten, wurden, weil der
Füße ferner nicht bedürftig, fußlos und sich auf der
Erde hinwindend erzeugt. Die vierte Gattung
endlich, die der Wassertiere, entstand aus den Allerunvernünftigsten und Ungebildetsten, welche
von den Urhebern der Umbildung nicht einmal
mehr eines reinen Atems gewürdigt, weil ihre Seele
mit jeglichem Fehler befleckt war, sondern, um
statt der dünnen und reinen Luft eine trübe Flüssigkeit einzuatmen, in die Tiefe des Wassers hinabgestoßen wurden. Daher entstand das Geschlecht der
Fische und der Muscheln und aller anderen Geschöpfe, welche im Wasser leben und, weil sie sich
bis zur untersten Stufe des Unverstandes erniedrigt
haben, auch in die untersten aller Wohnungen her
abgesetzt worden sind. Und auf diese Weise wer
den denn noch jetzt, wie damals, alle bewußten
Wesen in einander verwandelt, indem sie je nach
dem Verluste und Gewinne von Vernunft und Unvernunft ihre Gestalt wechseln.
Und nunmehr möchten wir denn auch behaupten,
daß unsere Erörterung über das All ihr Ziel erreicht
habe; denn nachdem die Welt in der obigen Weise
mit sterblichen und unsterblichen belebten Wesen
ausgerüstet und erfüllt worden, ist sie so selbst zu
einem sichtbaren Wesen dieser Art geworden, welches alles Sichtbare umfaßt, zum Abbilde des
Schöpfers und sinnlich wahrnehmbaren Gott und
zur größten und besten, zur schönsten und vollendetsten, die es geben konnte, geworden, diese eine
und eingeborene Welt.
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