Man soll an dieser Stelle in der Zukunft eine Art
anthroposophischer Leitsätze finden. Sie sind so aufzufassen,
daß sie Ratschläge enthalten über die Richtung, welche die
Vorträge und Besprechungen in den einzelnen Gruppen der
Gesellschaft durch die führenden Mitglieder nehmen können.
Es wird dabei nur an eine Anregung gedacht, die vom Goetheanum
aus der gesamten Gesellschaft gegeben werden möchte. Die
Selbständigkeit im Wirken der einzelnen führenden Mitglieder
soll damit nicht angetastet werden. Es ist gut, wenn die
Gesellschaft sich so entfaltet, daß in völlig freier Art in
den einzelnen Gruppen zur Geltung kommt, was die führenden
Mitglieder zu sagen haben. Dadurch wird das Leben der
Gesellschaft bereichert und in sich mannigfaltig gestaltet
werden.
Aber es sollte ein einheitliches Bewußtsein in der
Gesellschaft entstehen können. Das kann geschehen, wenn man
von den Anregungen, die an den einzelnen Orten gegeben werden,
überall weiß. Deshalb werden hier in kurzen Sätzen solche
Darstellungen zusammengefaßt werden, die von mir am
Goetheanum für die Gesellschaft in Vorträgen gegeben werden.
Ich denke mir, daß dann von denjenigen Persönlichkeiten, die
in den Gruppen (Zweigen) Vorträge halten oder die
Besprechungen leiten, dabei das Gegebene als Richtlinien
genommen werde, um in freier Art daran anzuknüpfen. Es kann
dadurch zu einer einheitlichen Gestaltung im Wirken der
Gesellschaft etwas beigetragen werden, ohne daß an einen
Zwang in irgendeiner Art gedacht wird.
Fruchtbar für die ganze Gesellschaft kann die Sache
werden, wenn der Vorgang auch die entsprechende Gegenliebe
findet, wenn die führenden Mitglieder über Inhalt und Art
ihrer Vorträge und Anregungen auch den Vorstand am Goetheanum
unterrichten. Wir werden dadurch erst aus einem Chaos
verschiedener Gruppen zu einer Gesellschaft mit einem
geistigen Inhalt.
Die Leitlinien, die hier gegeben werden, sollen
gewissermaßen Themen anschlagen. Man wird dann in der
anthroposophischen Bücher- und Zyklenliteratur an den
verschiedensten Stellen die Anhaltspunkte finden, um das im
Thema Angeschlagene so auszugestalten, daß es den Inhalt der
Gruppenbesprechungen bilden kann.
Auch dann, wenn neue Ideen von den leitenden Mitgliedern in
den einzelnen Gruppen zutage treten, können sie ja an
dasjenige angeknüpft werden, was in der geschilderten Art vom
Goetheanum aus als ein Rahmen für das geistige Wirken der
Gesellschaft angeregt werden soll.
Es ist ganz gewiß eine Wahrheit, gegen die nicht
gesündigt werden darf, daß geistiges Wirken nur aus
der freien Entfaltung der wirkenden Persönlichkeiten
hervorgehen kann. Allein, es braucht dagegen nicht gesündigt
zu werden, wenn in rechter Art innerhalb der Gesellschaft der
eine mit dem andern im Einklänge handelt. Wenn das nicht
sein könnte, so müßte die Zugehörigkeit des Einzelnen oder
der Gruppen zur Gesellschaft immer etwas Äußerliches
bleiben. Diese Zugehörigkeit soll aber etwas sein, das man
als Innerliches empfindet.
Es kann doch eben nicht so sein, daß das
Vorhandensein der Anthroposophischen Gesellschaft von dieser
oder jener Persönlichkeit nur als Gelegenheit benützt wird,
um das zu sagen, was man aus dieser oder jener Absicht
heraus
persönlich
sagen will, sondern die Gesellschaft muß die Pflegestätte
dessen sein, was Anthroposophie ist. Alles andere kann
ja auch außerhalb ihres Rahmens gepflegt werden. Sie kann
nicht dafür da sein.
Es ist in den letzten Jahren nicht zum Vorteil der
Gesellschaft gewesen, daß in sie einzelne Mitglieder ihre
Eigenwünsche hineingetragen haben, bloß weil sie mit deren
Vergrößerung für diese Eigenwünsche ein Wirkungsfeld zu
finden glaubten. Man kann sagen: warum ist dem nicht in der
gebührenden Art entgegengetreten worden? - Wäre das
geschehen, so würde heute überall die Meinung zu hören
sein: ja, wenn man damals die Anregungen von dieser oder jener
Seite aufgenommen hätte, wo wären wir gegenwärtig? Nun, man
hat vieles aufgenommen, was kläglich gescheitert ist, was uns
zurückgeworfen hat.
Aber nun ist es genug. Die Probe auf das Exempel, das
einzelne Experimentatoren in der Gesellschaft geben wollten,
ist gemacht. Man braucht dergleichen nicht ins Endlose zu
wiederholen. Der Vorstand am Goetheanum soll ein Körper sein,
der Anthroposophie pflegen will, und die Gesellschaft sollte
eine Verbindung von Menschen sein, die sich mit ihm über ihre
Pflege der Anthroposophie lebendig verständigen wollen.
Man soll nicht denken, daß, was angestrebt werden soll,
von heute auf morgen erreicht werden kann. Man wird Zeit
brauchen. Und es wird Geduld nötig sein. Wenn geglaubt wird,
in ein paar Wochen könne verwirklicht da sein, was in den
Absichten der Weihnachtstagung liegt, so wird das wieder von
Schaden sein.