Rudolf
Joseph Lorenz Steiner wird geboren am 25. oder 27. Februar
1861 in
Kraljevec
auf der Mur-Insel, damals im Kaiserreich Österreich, heute in Kroatien gelegen.
Der Vater,
Johann Steiner (1829—1910),
war Beamter der österreichischen Südbahn. Beide Eltern stammten
aus dem Waldviertel im nördlichen Niederösterreich,
der Vater aus Geras und die Mutter, Franziska
Steiner, geb. Blie (1834-1918),
aus Horn.
Besuch
der
Realschule in
Wiener-Neustadt. In den beiden
ersten Klassen hat Rudolf Steiner noch viel Mühe, mitzukommen,
wird aber dann ein
«guter Schüler».
Auf
seiner täglichen Fahrt von Inzersdorf zum Südbahnhof lernt
Rudolf Steiner den Kräutersammler
Felix Koguzki (1833-1909)
kennen und besucht ihn
später mehrmals in dessen Heimatort Trumau. In dieser Zeit
begegnet Rudolf Steiner auch jenem ungenannten
spirituellen
Lehrmeister,
der ihn anhand der Werke Fichtes den Weg zur systematischen
Geistesforschung weist.
Goethes
Wesen und Werke werden Rudolf Steiner durch Schröer
mit glühender
Begeisterung nahegebracht. Doch die bloße Ideenwelt, die für
Schröer schon die eigentliche treibende Kraft des Weltgeschehens
ist, erscheint Steiner nur als der Schatten der voll-lebendigen
Geisteswelt; von Schröers Idealismus schreitet er zu dem fort,
was er «objektiver
Idealismus»
nennt.
In Reitlingers
Labor unternimmt Rudolf Steiner ausgedehnte physikalische
Studien, namentlich auf dem Gebiet der Optik, die ihm die
Gewißheit geben, daß das Licht selbst - ganz im Sinne
Goethes - eine übersinnliche Wirklichkeit darstellt, während
die Farben sinnliche Erscheinungen
«am Lichte» sind.
Rudolf Steiner verläßt
ohne Abschlußexamen die Technische Hochschule Wien und arbeitet
intensiv weiter an der Herausgabe von Goethes naturwissenschaftlichen
Schriften und beginnt seine Tätigkeit als Privatlehrer.
Rudolf
Steiner beginnt als
Erzieher im Hause des Baumwollimporteurs Ladislaus Specht
(1834-1905) tätig zu sein.
Es gelingt ihm, das Sorgenkind der Familie, Otto Specht, der
für nicht bildungsfähig gehalten wurde, soweit zu bringen,
daß er das Gymnasium und später das Medizinstudium erfolgreich
abschließen kann. Im Hause Specht macht Rudolf Steiner so
sein grundlegendes pädagogisch-therapeutisches Studium und
Praktikum durch.
Rudolf Steiner verkehrt
zu dieser Zeit häufig im Haus der Familie
Fehr und es
entwickelt sich ein inniges Freundschaftsverhältnis zu Radegunde
Fehr.
Rudolf Steiner lernt
den "antigoethisch" eingestellten Menschenkreis
rund um die Dichterin
Marie Eugenie delle Grazie
kennen, vor allem die katholischen Theologen
Laurenz Müllner,
Wilhelm Neumann
und Joseph Kopallik und die Philosophen Adolf Stöhr und
Vinzenz Knauer.
Zu interessanten Begegnungen
kommt es im Haus des evangelischen Pfarrers Alfred
Formey;
hier lernt Steiner auch Christine
Hebbel,
die Witwe Friedrich Hebbels kennen.
Im Herbst Übersiedlung
nach Weimar und wird ständiger Mitarbeiter am
Goethe-und-Schiller-Archiv,
wo er mit der Herausgabe der naturwissenschaftlichen
Schriften Goethes in der Sophien-Ausgabe betraut ist.
Rudolf Steiner übersiedelt
aus seiner bisherigen Wohnung Junkerstr. 12 zur Familie
Eunike in
der Prellerstr. 2
RudolfSteiner betont die sittliche Verantwortung
des Individuums und wendet sich in dem Artikel Eine
«Gesellschaft für ethische Kultur»entschieden gegen aufgezwungene
philisterhafte
«allgemein-menschliche»
sittliche Normen.
Ein tiefgehender
Umschwung in Rudolf Steiners Seelenleben
vollzieht sich zu dieser Zeit, im sechsunddreißigsten Lebensjahr,
durch den sich einerseits die wache Aufmerksamkeit für die
sinnliche Außenwelt bedeutsam steigert, anderseits die Meditation
immer mehr zu einer seelischen Lebensnotwendigkeit wird.
Wirksamkeit in der
«Freien literarischen Gesellschaft», der «Freien
dramatischen Gesellschaft», im Kreis der
«Kommenden», an der «Freien Hochschule», im
«Giordano-Bruno-Bund».
Lehrer an der
Arbeiter-Bildungsschule. Vorträge, Kurse,
Redeübungen.
1900
Haeckel und seine Gegner. Vorträge und
Nietzsche-Feier im «Verein zur Förderung der
Kunst». Vortrag im «Verband für
Hochschulpädagogik». Nietzsche-Gedächtnis-Feiern.
Festrede anläßlich des 5OOJährigen
Gutenberg-Jubiläums vor 7000 Setzern und Druckern in einem Berliner Zirkus (17. Juni):
Gutenbergs Tat als Markstein der Kultur-Entwicklung.
Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit in
Berlin (bis 1914). Vortragsserie über die Seelenwelt
(Astrale Welt).
Beginn des öffentlichen Wirkens für die Theosophie in
Weimar,
Köln und Hamburg.
Tegel: Ansprache bei den
Humboldt-Gräbern zur Sonnenwendfeier des Giordano-Bruno-Bunds. London.
Entwurf zur
Darstellung der geisteswissenschaftlichen Kosmologie
(Fragment aus dem Jahre 1903/1904)
1904
Vortragsserie
über die Welt des Geistes (Devachan). Drei
Vorträge über Theosophische Kosmologie. 12
Vorträge über Die planetarische Entwicklung.
Ein Vorträg über die Kabbala und über Symbole
als Ausdruck der Urweisheit.
Spricht erstmalig in Stuttgart: Goethe als
Theosoph (22.
April) und in Lugano, Nürnberg, Hannover,
München, Dresden, Regensburg, Karlsruhe, Heidelberg, Düsseldorf.
Erste Skandinavienreise März—April: Lund,
Malmö, Stockholm, Upsala, Kristiania (Oslo), Göteborg,
Kopenhagen. 12
Vorträge über das Johannes-Evangelium in Hamburg
(Mai).
12 Vorträge in Nürnberg über Theosophie an Hand
der Apokalypse (Juni).
Zweite Skandinavienreise. 15
Vorträge über
das Johannes-Evangelium in Kristiania (Juli). Zyklen
in Stuttgart und Leipzig.
Erste Begegnung mit Christian Morgenstern in
Berlin.
Rudolf Steiner beginnt auf die «Wiederkunft Christi»
hinzuweisen. Sieben Vorträge in Rom. Zyklen in Düsseldorf,
Kristiania, Budapest (10 Vorträge), Kassel, München. In
Basel: Das
Lukas-Evangelium.
Zweite Entwicklungsphase der Anthroposophie
(1910—1916)
1910
Jahresbeginn mit elf Vorträgen über das
Johannes-Evangelium
in Stockholm.
Zyklus in Wien (März). Reise über
Klagenfurt
nach Rom-Palermo (April). Zyklen in Hamburg,
Kristiania,
München, Bern (Das Matthäus-Evangelium).
München:
Erstes Mysterien-Drama aufgeführt.
1911
Prag: Okkulte Physiologie (8 Vorträge)
(März).
Anna Steiner verw. Eunike stirbt am 19. März.
Steiner spricht auf dem internationalen
Philosophen-Kongreß in Bologna über: Die
psychologischen Grundlagen und die
erkenntnistheoretische Stellung der Theosophie.
Zyklen
in Kopenhagen, München, Karlsruhe und Hannover.
Einzelvorträge u. a. in Lugano, Locarno, Mailand,
Neuchätel, Bern u. a.
München: Zweites
Mysterien-Drama aufgeführt.
1912
Schaffung der Eurythmie (September).
Vorbereitung zur Begründung der Anthroposophischen Gesellschaft
(September).
Besuch von Florenz. Zyklen in Helsingfors, Norrköping,
Kristiania, München, Basel. Das Markus-Evangelium (Köln).
Einzelvorträge u. a. in St. Gallen, Wien, Klagenfurt,
Graz, Prag, Stockholm, Kopenhagen, Mailand, Bern.
München: Drittes Mysterien-Drama aufgeführt.
1913
Konstituierung der Anthroposophischen
Gesellschaft (2./3.
Februar).
Zyklen in Den Haag, Helsingfors, München,
Kristiania, Leipzig. Grundsteinlegung des Dornacher Baues
(20.
September). Einzelvorträge u. a. in Wien, Graz,
Klagenfurt,
Linz, Prag, Tübingen, Augsburg, Zwolle, Breslau,
Erfurt, Es sen, Elberfeld, London, Paris, Straßburg, Stockholm,
Bergen,
Kopenhagen,
München: Viertes Mysterien-Drama aufgeführt.
1914 —1923
Rudolf Steiner lebt abwechselnd in
Dornach und Berlin.
1914
1. April 1914
Zyklus in Wien.
Richtfest des
ersten Goetheanums.
Christian Morgenstern stirbt am 31. März.
Paris-Chartres, Norrköping: Christus und die
menschliche
Seele. Bei Kriegsausbruch in Bayreuth zum
«Parsifal» (Juli).
Vorträge in Hamburg, Berlin und München. Das «Barbaren»-
Volk Schillers und Fichtes.
Eheschließung mit
Marie von Sivers (24. Dezember).
1915 — 1916
Ausbau des Goetheanums. Vorträge in
Deutschland. Österreich und Schweiz, 1.
Lauteurythmie-Kursus (September).
Dritte Entwicklungsphase der Anthroposophie
(1917—1923)
1917
Zyklus in Berlin: Bausteine zu einer
Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha. In Dornach: Karma des
Materialismus.
1918
Von Mitte Januar in Deutschland (Berlin). Die
zweite Jahreshälfte in Dornach. Die Bewegung für
Dreigliederung des
sozialen Organismus.
1919
Dornacher Vortragsreihen über soziale Fragen.
Aufruf an das
deutsche Volk und an die Kulturwelt,
Kernpunkte der
sozialen Frage.
Steiner spricht zu den Arbeitern der
Bosch-, Delmonte- und Daimler-Werke u. a.
Gründung der Waldorfschule in Stuttgart. Pädagogische Kurse und Seminare.
Leitung der Waldorfschule in Stuttgart, vor allem ständige
Teilnahme an den Konferenzen des Lehrer-Kollegiums (1919
bis
1924).
Erster und zweiter naturwissenschaftlicher
Kurs: Lichtlehre (10 Vorträge), Wärmelehre (14 Vorträge),
Sprachwissenschaftlicher Kurs. Kursus für Ärzte und
Medizinstudierende (20 Vorträge). Pädagogischer Kurs in Basel (14
Vorträge).
1921
Das Verhältnis der verschiedenen
naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie (Stuttgart). Rednerkurs,
Stuttgart. Holland-Reise. Mathematik, wissenschaftliches
Experiment, Beobachtung und Erkenntnisergebnis vom Gesichtspunkt der
Anthroposophie (Stuttgart). Zweiter
Mediziner-Kurs. Kursus
über Heileurythmie. Erster und zweiter Theologenkurs.
Anthroposophie und Wissenschaft (Hochschulveranstaltung
in
Darmstadt). Öffentliche Tätigkeit in Kristiania: u.
a. Vorträge in der «Pädagogischen Vereinigung», im
«Theologischen
Verein», im «Staats-ökonomischen Verein».
«Weihnachtskurs» für Lehrer (16 Vorträge, Dornach).
1922
«Anthroposophischer Hochschulkurs» (Berlin)
— New Ideals
in Education. In Stratford: Shakespeare-Feier.
West-Ost-Kongreß in Wien. Nationalökonomischer Kurs.
Oxford-Holiday-Conference: Spiritual Values in
Education and Social Life (12 Vorträge).
Begründung der Christengemeinschaft (September).
Semaines
Francaises. Pädagogischer Jugendkurs in
Stuttgart. Reisen nach Holland und England.
Silvesterabend: Vernichtung des ersten Goetheanums
durch Brandstiftung.
Innere Neubildung der Anthroposophischen
Gesellschaft zur
Vorbereitung der Begründung der Allgemeinen
Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland, Norwegen,
Schweiz,
England, Holland, Österreich.
Pädagogische Kurse
für Schweizer Lehrer und in Ilkley/England.
25. Dezember 1923 —
1. Januar 1924
Weihnachtstagung der Allgemeinen Anthroposophischen
Gesellschaft. Begründung der Freien Hochschule für
Geisteswissenschaft.
1923 —1925
Mein Lebensgang erscheint
wöchentlich in Fortsetzungen in der Zeitschrift «Das
Goetheanum». Briefe an die Mitglieder. Die Leitsätze.
Die letzten Jahre
(1924—1925)
1924
Kursus für Jungmediziner.
Karma-Vorträge
in Dornach,
Prag, Bern, Breslau, Arnheim, London.
Pädagogische
Kurse
in Stuttgart, Bern, Arnheim, Torquay/England.
Kursus für Toneurythmie.
Landwirtschaftlicher Kursus
in
Koberwitz (Schlesien).
Kursus für Lauteurythmie.
Arbeiter-Vorträge.
Kursus für Sprachgestaltung und
dramatische
Kunst.
Letzter Theologen-Kurs über die
«Apokalypse».
Letzter Mitglieder-Vortrag: 28. September.
1925
30. März: Rudolf Steiner stirbt.
Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst
nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, gemeinsam
mit Dr. Ita Wegman geschrieben.
1943
4. März: Dr. med. Ita Wegman stirbt.
1948
27. Dezember: Marie Steiner geb. von Sivers
stirbt.
1963
13. Juli: Albert Steffen, der Nachfolger
Rudolf Steiners als 1. Vorsitzender der Allgemeinen Anthroposophischen
Gesellschaft, stirbt.